Kapitel 12

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„Davon habe ich nichts gesagt" murrte ich und deutete auf die Seile.

„Aber..." protestierte der eine.

„Nichts aber. Ich muss ihn untersuchen und verarzten. Das kann ich nur, wenn ich überall rankomme. Ich entscheide dann, ob das nötig sein wird" erklärte ich bestimmend und mein Ton ließ kein Widerspruch zu. Erschlagen verließen sie das Zimmer.

„Ich muss dich nun wieder von deinen Sachen befreien" erklärte ich ihm und half ihm vorsichtig beim Ausziehen. Es war ungewohnt für mich, jemandem vorsichtig zu helfen. Bedacht darauf, ihm keine weiteren Schmerzen zuzufügen. Er hat erstmal genug gelitten. Außerdem schulde ich ihm etwas. Wegen Lucy.

„Warum lässt du mich mitten in der Nacht wecken?" knurrte es da hinter mir. Ich drehte mich zum Boss um.

„Lex ist tot. Ich habe ihn getötet" erklärte ich ihm ohne Umschweife.

„Was??? Dazu hattest du kein Recht" schnaubte er wütend.

„Ich habe mir das Recht einfach genommen. Er war ein Wichser. Er hat Lucy bedroht. Er hat sie sich einfach geschnappt und in die Folterkammer gebracht. Ich möchte nicht wissen, was er dort mit ihr gemacht hat. Doch gesehen habe ich, dass er sie umbringen wollte. Eiskalt. Mit einem Baseballschläger wollte er sie erschlagen. Ein vierjähriges Kind. Du weißt, wie er zu Kinder stand. Das er sie am liebsten alle ausgeräuchert hätte. Aber nicht mit mir" erklärte ich ihm kalt und wütend. Realisierte jetzt erst so langsam das ganze Ausmaß. Knurrend machte er sich eine von seinen stinkenden Zigarren an.

„Und was macht der dann hier? Ich wollte Infos von ihm! Er war da unten schon ganz richtig" deutete er auf den Strubbelkopf.

„Er hat Lucy das Leben gerettet. Hat ihren Schlag einkassiert. Ihr habt ihn tagelang gefoltert und gequält. Er ist mehr tot als lebendig und ihr habt keine Infos von ihm bekommen. Er hätte höchstens noch bis morgen durchgehalten. Dann wäre er krepiert. Du willst Infos? Dann lass mich ihn verarzten und ihn zu Kräften kommen. Zeige dich erkenntlich für das, was er für Lucy getan hat, vielleicht bekommst du ja dann deine Infos" meinte ich gleichgültig zu ihm. Lange schien er darüber nachzudenken.

„Du hast 7 Tage. Dann komme ich wieder. Ich will Infos. Wie du das machst, ist mir völlig egal. Besorge mir alles, was du aus ihm herausbekommst. Woher? Wohin? Alleine? Wer war mit bei? Alles. 7 Tage und keinen Tag mehr" erklärte er unmissverständlich und ließ mich mit dem Strubbelkopf alleine. Seufzend drehte ich mich zu ihm um und meine Augen trafen auf seine. Leer und ausdrucklos starrten sie mich an. Normalerweise würde mich das völlig kalt lassen. Doch warum war ich bei ihm so zwiegespalten? Warum half ich ihm? Er würde es ja doch nicht überleben.

„Scheiß... egal, was du...oder die...anderen...mir antun...ich werde schweigen..." keuchte er und in seinen Augen sah ich etwas Neues aufblitzen. Kampfgeist? Willenskraft? Sturheit? Ich konnte es nicht deuten, doch es gefiel mir. Ich schloss die Tür, drehte den Schlüssel um und stellte mich an die Liege.

„Ganz ruhig, Strubbelkopf. Die Infos interessieren mich einen Scheiß. Ehrlich. Mich interessiert nur, dich wieder auf die Beine zu bekommen. Klar, bin ich neugierig und vielleicht werde ich deswegen auch nachfragen. Aber aus anderen Gründen, als die anderen. Und nicht mit deren Methoden. Magst du mir dann wenigstens deinen Namen verraten?" fragte ich leise, damit niemand uns hören konnte, doch erntete ich nur einen sturen Blick. „Dann eben weiter Strubbelkopf. Muss ich wenigstens die Krankenakte nicht ändern" grinste ich kurz und glaubte, für den Bruchteil einer Sekunde, auch bei ihm ein kleines Grinsen zu erkennen. Wobei das aber auch Einbildung sein konnte. Mittlerweile war der Morgen angebrochen und ich verdammt müde.

„Ich lege dir einen neuen Zugang für die Infusionen und das Schmerzmittel. Danach werde ich mir alle deine Wunden vornehmen. Magst du vielleicht ein Schlafmittel haben, damit du nicht die ganze Zeit die Schmerzen von der Behandlung ertragen musst?" erkundigte ich mich und suchte alles zusammen, was ich brauchte. Ich war selber über mich erstaunt, wie nett ich plötzlich wieder zu ihm war. Irgendwas war anders bei ihm. Ich wusste nur nicht was. Nachdem er verneint hatte, legte ich ihm einen neuen Zugang und schloss die Infusion samt dem Schmerzmittel an. Anschließend versorgte ich säuberlich seine Wunden. Ein paar mussten genäht werden. Andere nur saubergemacht und verbunden werden. Überall, wo es möglich war, trug ich eine kühlende und schmerzlindernde Salbe auf. Immer wieder zuckte er vor Schmerzen zusammen, stöhnte manchmal leise auf, doch versuchte tapfer die Zähne zusammen zu beißen. So schmal und schmächtig er auch war, so schien sein Kampfgeist ungebrochen zu sein. Ich brauchte einige Stunden, um seinen geschundenen Körper zu verarzten. Anschließend legte ich eine Decke über ihn und ein Kissen unter seinen Kopf.

„Ich lasse die Fesseln weg. Doch lass dir eines gesagt sein. Du bist nirgendwo sicherer, als hier bei mir. Alle anderen werden nicht fackeln dich zu töten. Und ich kann auch anders, solltest du was Blödes planen. Verstanden?" knurrte ich ihn an und ernte ein Nicken. „Gut. Nun versuche etwas zu schlafen. Ich gehe eben meinen Schlafsack holen und bleibe dann hier. Sollte irgendwas sein, wecke mich ruhig. Ich heiße übrigens Tamara" erklärte ich ihm und ließ ihn alleine. Als ich kurze Zeit später, vollgepackt, wiederkam, schien er zu schlafen. Zitternd lag er auf der Liege. Ich legte eine weitere Decke über ihn und richtete mein Nachtlager her. Kaum, dass ich mich hingelegt hatte, fielen mir auch schon erschöpft die Augen zu und ich fiel in einen traumlosen Schlaf.

Die Lichter in der Dunkelheit (Maze Runner, Newt FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt