Kapitel 59

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Wir machten kehrt und rannten zurück ins Gebäude. Wir mussten schleunigst einen anderen Ausgang finden. Den Hauptausgang konnten wir ebenfalls vergessen, wenn Lawrence dorthin unterwegs war. Wir entschieden uns schweigend für den Nebeneingang, der am dichtesten war. Wir sprinteten die Treppen hoch. Immer wieder rannten Wachen an uns vorbei, doch sie schenkten uns keine Aufmerksamkeit. Viel zu sehr waren sie mit der drohenden Gefahr beschäftigt, die vor den Toren lauerte. Nur wenige Augenblicke später erreichten wir den Ausgang und rannten hinaus. Erleichtert, dass dieser Weg noch frei war.

Es roch nach Qualm und man konnte förmlich riechen, dass es in der Nähe brennen musste. Überall hörte man grölende, schreiende Menschen. Schüsse waren zu hören. Ständig knallte und explodierte irgendwas.

„Ihr da. Herkommen" wurde uns streng zugerufen und erschrocken blieben wir stehen. Sahen die 3 Soldaten von ANGST an, die ein paar Meter entfernt standen. Sie zeigten die Hauptzentrale hinauf und wir folgten ihrem Blick, als wir uns ihnen langsam nährten. Die Finger bereit am Abzug unserer Waffen. Ohne zu zögern würden wir diese abfeuern. Plötzlich vernahm ich im etwa 20. Stock Bewegungen wahr und starrte hinauf. 3 Menschen sprangen dort aus dem Fenster und erschrocken hielt ich die Luft an. Mit einem lauten Platsch landeten sie unten im Pool und schwammen zum Beckenrand. 2 von ihnen trugen ANGST Uniformen, einer von ihn normale Kleidung. Sie halfen sich gegenseitig aus dem Pool heraus und drehten sich um. Was ich nun zu sehen kam, ließ mir das Blut in meinen Adern gefrieren. Mein Herz setzte aus und geschockt starrte ich den blonden Strubbelkopf an, der dort zusammen mit Thomas und Minho stand und sie ihrerseits uns Wachen anstarrten. Was verflucht nochmal machen sie hier?

Die 3 Wachen befahlen uns mitzukommen und mit gezogenen Waffen gingen wir auf die 3 völlig durchnässten Personen zu. Plötzlich ging ein Ruck durch Gally und er erschoss 2 der Soldaten.

„Arschloch" rief ihm eine der Wachen zu, als ich den letzten erschoss. Sofort ging mein Blick wieder zu Newt. Er sah etwas mitgenommen aus. Waren sie schneller gewesen? Hatten sie die Probanden befreit? Wenn ich mir Minho so anschaute, sah er echt beschissen aus. Blass und erschöpft. Müde. War er es doch, der auf der Liste stand?

Gally nahm seine Maske ab und sah die 3 an. Diese starrten ihn regelrecht nieder und man sah, wie ihnen die Farbe aus dem Gesicht wich. Kannten sie sich?

„Gally...?" fragte Minho ungläubig und damit war meine Frage beantwortet.

„Ihr seid echt verrückt. Folgt mir" erklärte dieser und lief, zusammen mit Derek, vor. Thomas und Minho stützten Newt in ihrer Mitte und sie folgten Gally nach kurzem Zögern. Ging es Newt nicht gut? War er verletzt? Ich ließ meine Maske auf und folgte ihnen mit Milosch an meiner Seite. Gaben ihnen Rückendeckung. Die Straßen waren voll von bewaffneten, laut grölenden Menschen. Überall wurde gekämpft. Wir versuchten uns unbemerkt an den Menschen vorbei zu schleichen, was sie als gar nicht so einfach erwies. Sie waren praktisch überall.

„Die Straßen sind voll. Ich komme nicht zu ihnen durch. Es tut mir leid..." vernahm ich Amys verzweifelte Stimme in meinem Ohr und sofort fiel mein Blick auf Gally, der abrupt stehen blieb.

„Holt sie da raus, verdammt noch mal!" fauchte dieser los und ich lief schnell zu ihm. Die Angst um Sondre stand ihm förmlich ins Gesicht geschrieben. Er würde seinen Verlust nicht verkraften.

„Wir haben es versucht. Es ist unmöglich..." erklärte Amy leise weinend.

„Ist okay. Danke. Macht, dass ihr wegkommt" erwiderte ich schnell und versuchte dabei meine Stimme zu verstellen.

„Nein!" rief Gally entsetzt.

„Doch. Sie müssen die Stadt verlassen. Jetzt! Sieh dich doch um. Es herrscht Krieg. Überall ist das pure Grauen. Gewalt und Tot. Gally, sieh mich an" befahl ich ihm mit verstellter Stimme und legte meine Hände auf seine Wangen. Drehte so seinen Kopf zu mir, wohlwissend, dass er mein Gesicht durch die Maske nicht erkennen konnte. Doch ich hatte seine Aufmerksamkeit. „Du bringst sie hier weg!" ich deutete auf Newt und die anderen beiden. „Derek und ich holen die beiden da raus. Versprochen. Aber ihr müsst weiter. Jetzt! Bring sie in Sicherheit. Verstanden?".

„Nein! Vergiss es! Du gehst nicht!" versuchte er mich davon abzuhalten, doch mein Entschluss stand fest.

„Ich muss! Das weißt du. Pass auf dich und auf die anderen auf! Wir sehen uns bald wieder, Grünauge!" versprach ich ihm. Deutlich konnte ich es in seinem Kopf arbeiten sehen.

„Viel Glück, Engel" erwiderte er leise. Ich nickte ihm zu und warf einen letzten Blick auf Newt, dann lief ich mit Derek los. Zurück zu unserem Haus, in dem wir die letzten Monate gelebt hatten. Zurück zu dem Haus, in dem vermutlich noch Locke und Sondre waren.

*Perspektivenwechsel*

Warum starrte sie mich die ganze Zeit so an? Kannte sie mich? Irgendwie kam mir ihre Stimme bekannt vor, doch durch die Maske konnte das auch täuschen. Trotzdem fühlte ich mich ihr irgendwie nahe. Als ob uns etwas verband. Ein unsichtbares Band, dass uns miteinander verbunden fühlte. Doch woher sollte ich sie kennen?

Gally. Ich schaute zu ihm herüber. Wie konnte das sein? Das war unmöglich. War ich schon verrückt? Sah ich schon Geister? Doch sie hatte ihn auch mit Gally angesprochen. Dann musste es doch wahr sein, oder? Aber wie? Wir haben ihn sterben sehen. Er ist vor unseren Augen gestorben. Er wurde von einem Griewer gestochen. Als er in seinem Wahn Tommy erschießen wollte, hatte sich Chuck dazwischengeworfen und Tommy somit das Leben gerettet. Im gleichen Augenblick hatte Minho seinen Speer abgefeuert und traf Gally in der Brust. Daraufhin ist er tödlich zusammengebrochen. Wie konnte er also nun vor uns stehen? Wie?

Plötzlich überkam mich ein weiterer Hustenanfall und Tommy und Minho ließen mich an einer Hauswand herunterrutschen, damit ich mich kurz ausruhen konnte. Ich fühlte mich so unglaublich schwach. Ich konnte fühlen, wie sich der Brand in meinem Körper immer weiter ausbreitete. Wie er besitz von meinem Gehirn ergriff. Wir ich mich langsam aber sicher an den Brand verlor. Etwas, dass ich auf keinen Fall wollte.

Minho und Tommy halfen mir wieder auf die Beine und harkten mich jeweils auf einer Seite unter. Das Laufen fiel mir mit jedem weiteren Schritt schwerer. Meine Beine fühlten sich ungewohnt schwer an. Schwer wie Blei. Sie trugen mich mehr, als dass ich selber lief. Ich musste das unterbinden. Sie mussten mich zurücklassen. Ich wollte nicht so werden. Ich wollte kein Crank werden. Ich wollte mich nicht an den Brand verlieren. Tommy musste mir einen Gefallen tun. Einen großen Gefallen. Einen letzten Gefallen. Das war er mir schuldig.

Die Lichter in der Dunkelheit (Maze Runner, Newt FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt