Kapitel 29

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Newt rollte die meterlange Düne herunter. Überschlug sich dabei immer und immer wieder. Er hatte keine Chance, den Fall zu bremsen oder zu verlangsamen.

„Paul! Halte ihn fest!" rief ich besagtem zu, doch dieser rührte sich nicht wirklich. Stand wie angewurzelt da und schaute zu, wie der Strubbelkopf an ihm vorbei rollte. Fassungslos schüttelte ich den Kopf und machte mich so zügig an den Abstieg, wie ich konnte.

„Er hätte mich doch mitgerissen..." versuchte Paul sich zu entschuldigen, als ich bei ihm ankam. Ohne ein weiteres Wort drückte ich ihm die schlafende Lucy in den Arm und kletterte weiter den Abhang herunter. Newt war mittlerweile unten angekommen und blieb regungslos auf dem Bauch liegen. Hoffentlich ist er nicht ernsthaft verletzt, betete ich und rutschte mehr herunter, als ich lief. Endlich kam ich bei ihm an.

„Strubbelkopf?" ich ließ mich neben ihn in den Sand fallen. Hob sein Kopf ein Stück an, damit er mit diesem nicht im Sand lag. Leise stöhnte er auf. „Hast du dir wehgetan? Bist du verletzt?" erkundigte ich mich.

„Glaube nicht..." keuchte er leise und ich half ihm dabei, sich auf den Rücken zu drehen. Anschließend half ich ihm dabei, sich aufzusetzen, was ihn kurz das Gesicht schmerzhaft verziehen ließ. Ich wischte ihm vorsichtig den Sand aus dem Gesicht und aus den Haaren.

„Wenn doch, sag es bitte. Trink was" befahl ich ihm und reichte ihm eine Wasserflasche. Nach einem Schluck wollte er mir die Flasche wiedergeben, doch ich schüttelte den Kopf. „Du musst mehr trinken" erklärte ich ihm. Er trank erst zögernd, dann gierig. Ich nickte ihm zu, als Zeichen, dass ich damit zufrieden bin.

„Können wir weiter?" rief Paul, nachdem er oben auf der Düne ankam. Ich zeigte ihm lediglich den Stinkefinger und steckte die nun fast leere Flasche wieder ein.

„Kannst du aufstehen?" erkundigte ich mich und nickend half ich ihm auf die Beine. Er klopfte sich den Sand ab und sah die Düne hoch. „Na komm. Wir müssen weiter..." flüsterte ich ihm leise zu und stützte ihn. Zog ihn so mehr hoch, als das wir liefen. Erst jetzt fiel mir auf, dass er seit gestern verdächtig ruhig war. Auch mit mir redete er fast gar nicht mehr. Ob wirklich alles gut war? War er einfach zu erschöpft dafür? Oder gab es einen anderen Grund dafür?

Nun lief Paul mit Lucy auf dem Arm vor und ich mit Newt hinterher. Ich stützte ihn weiterhin beim Laufen. Ich ahnte, dass er große Schmerzen hatte, doch er ließ es sich nicht anmerken. Bis tapfer die Zähne zusammen und lief Schritt für Schritt vorwärts. Immer das Ziel vor Augen. Immer die Berge im Blick. Zumindest konnten wir so die Orientierung nicht verlieren.

Auch ich fühlte mich erschöpft. Die Hitze schlaucht zusätzlich. Meine Füße schmerzten und brannten. Mein Kopf pochte. Mein Rücken tat weh. Meine Klamotten klebten an meinem Körper fest und ich sehnte mich nach einer Dusche. Nach kühlem Wasser, was meinem Körper erfrischte. Was den Sand von meinem Körper spülte. Doch eine Dusche war für lange Zeit nicht in Sicht.

Ich hatte das Gefühl, dass Paul das Tempo angezogen hatte. Oder wurden Newt und ich immer langsamer? Der Abstand zwischen Paul und uns wurde immer größer. Ich achtete auf das Tempo von Newt und mir, doch ich bildete mir ein, dass wir nicht langsamer wurden. Das wir unser normales Tempo beibehielten. Doch Paul war schon ein gutes Stück vor uns.

„Paul? Mach bitte langsamer" rief ich ihm bittend zu.

„Wir können nicht trödeln. Wir müssen uns ranhalten, damit wir weiterkommen" rief er zurück, ohne sich einmal umzudrehen. Das konnte doch nicht wahr sein.

„Es nützt uns aber nichts, wenn wir vor Erschöpfung umfallen" knurrte ich nun. Abrupt blieb er stehen und drehte sich zu uns um.

„Wie lange willst du durch die beschissene Wüste laufen? Wochenlang? Monatelang? Ich nicht. Ich will endlich raus hier. Wir haben keine Zeit zu vergeuden. Also legt ein Zahn zu!" befahl er uns nun.

„Verdammt. Dann nehmen wir uns die Zeit. Natürlich will ich nicht wochenlang durch die Wüste latschen, aber ich würde sie gerne lebend verlassen" fauchte ich ihn an und langsam schlossen wir zu ihm auf. Für einen Augenblick schien er seine Sprache verloren zu haben. Doch Recht schnell fand er sie wieder.

„Du machst dich ja regelrecht krumm für ihn. Was ist bloß los mit dir?" fauchte er zurück. Spinnt er jetzt völlig? Ich half Newt dabei, sich in den weichen Sand zu setzen, reichte ihm das Wasser und blickte dann Paul wütend an.

„Das selbe könnte ich dich fragen! Für dich und Lucy würde ich das selbe tun. Und das weißt du ganz genau!" aufgebracht zündete ich mir eine Kippe an.

„Als ob!" knurrte er.

„Jetzt spinnst du doch völlig. Hat dir die Sonne das Gehirn verbrannt? Was willst du eigentlich von mir? Soll ich ihn hier zurücklassen? Ist es das, was du willst?" fauchte ich und funkelte ihn an.

„Dann würden wir zumindest schneller vorankommen" erwiderte er. Fassungslos starrte ich ihn an. Das hatte er jetzt nicht wirklich gesagt? War er wirklich so ein Arschloch und ich hatte ihn die ganze Zeit falsch eingeschätzt? War es falsch von mir, ihn mitzunehmen? Würde uns das noch zum Verhängnis werden?

„Und dann? Wenn wir ihn zurücklassen würden? Was ist, wenn Strubbelkopf hier stirbt? Wenn er wegen uns in der Wüste stirbt? Könntest du damit Leben? Ich nicht. Könntest du Lucy dann noch in die Augen sehen? Ich nicht. Hättest du für den Rest deines Lebens ein reines Gewissen? Ich nicht. Ich will das nicht Paul. Verstehst du das? Ich will es nicht und ich kann es nicht. Ich werde ihm helfen. Und wenn es sein muss, tue ich das auch alleine" erklärte ich ihm mehr als deutlich. „Und jetzt hörst du mir einmal ganz genau zu, bevor ich mich endgültig vergesse. Wir sind hier, weil wir einen sicheren Ort finden wollen. Wir alle! Wir sind hier, um seine Freunde zu finden. Vermutlich sind sie das einzige, was er noch hat. So wie Lucy das einzige ist, was du noch hast. Ich habe mir den Arsch aufgerissen, um uns diese Chance zu verschaffen. Und mehr als diesen einen Versuch haben wir nicht. Kapierst du das? Das ist unsere letzte Chance Paul. Und nun überlege gut, denn wir haben genau 2 Möglichkeiten. Entweder kämpft jeder für sich alleine und keiner von uns schafft es hier heraus. Keiner von uns findet einen sicheren Ort. Oder wir halten zusammen. Wir kämpfen zusammen. Wir stehen einander ein und schaffen es alle zusammen hier raus. Überlege gut. Alle oder keiner. Zusammen oder alleine. Ich habe meine Entscheidung im Lagerhaus getroffen. Wird Zeit, dass du einmal gründlich darüber nachdenkst und deine Entscheidung triffst" mit diesen Worten stellte ich die Taschen neben Newt, drehte mich um und lief die Düne hinauf. Ließ mich, oben angekommen, sitzend in den Sand fallen. Zog meine Beine an und schlang meine Arme um meine Beine.

Die Lichter in der Dunkelheit (Maze Runner, Newt FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt