2.15: "Für immer und ewig"

23 8 0
                                    

Die Sonne geht langsam unter und die Nacht bricht über der Stadt herein. Der Leuchtturm strahlt auf das raue weite Meer, während die letzten Fischerbote den Hafen der Stadt erreichen.
In dieser Nacht ist keine einzige Wolke am Himmel zu sehen und die Sterne funkeln munter, über dem unendlich großen Himmel.

In Thornhill brennen ein paar Lichter und die feurigen Straßenlaternen flimmern im Hollow, welche ein wenig Licht spenden, während Finn alleine im Wohnbereich des Anwesens sitzt und auf den brennenden Kamin starrt.
Er trinkt den letzten Schluck seines Rum's aus und stellt das Glas auf den tiefen Holztisch, welcher den Zwischenbereich der drei roten Sofas - und der teuren Sessel - schmückt.
Einsam schließt er seine Augen und spürt die Wärme des Feuers in seinem Gesicht. Seine Gedanken schweifen und er versinkt in ihnen.

"Du bist nicht wie Jakob. Er setzt dich unter Druck, aber du musst nicht so sein...", schweifen ihm die Worte von Cecille durch den Kopf.
"Alleine schon dass du weißt, dass es falsch war, zeigt wie anders du bist.", schallt Cels Stimme durch, die vielen verwinkelten Ecken, seines Kopfes.

Er steht auf und öffnet seinen grauen Rucksack, welchen er immer mit hat, wenn er Jakob besucht. Er greift hinein und hält nun seine kleine Medikamentendose in der Hand. Er schaut sie an und denkt nach.
"So ein verdammter Scheiß'...", murmelt er und geht mit der Dose unsicher durch den warmen Raum.

Vor seinem inneren Auge hat er die vergangenen Monate, seine schlimmen Taten und wie er ohne zu zögern Jakob's Anweisungen annahm. Immer und immer wieder.
"Jetzt ist...sie...wieder da. Und stellt alles auf den Kopf.", seufzt er frustriert über Sandrine.
"Die Morde, Chrysalis...es war alles so perfekt. Er fing an sich zu ändern...ich habe-...er schenkte mir einen Flügel.", stottert er und stellt die Dose auf dem Kaffeetisch ab. Er schlägt die Hände vor seinem Gesicht zusammen.

Als er seine Augen wieder öffnet steht Cecille im Türrahmen des Wohnbereiches.
Sie lächelt Finn breit an. Er keucht schockiert und reißt seine Augen weit auf.
"Wie kommst du hier rein?", fragt er und fängt an zu schwitzen. Cel verschränkt ihre Arme und kommt langsam auf den besten Freund von Jakob zu, während sie leise kichert,
"Wie ich 'hier herein komme' ist eine gute Frage. Ich denke es wird Zeit für deine Medizin, Finny.", lacht sie und setzt sich in einen der zwei Sessel. Finn schaut auf die Dose und klimpert nervös mit den Augen.
"Wieso siehst du aus wie Cecille?", fragt er, während ihm die ersten Schweißperlen das Gesicht hinunter laufen, als er erkennt, dass es sich um eine Halluzination handelt, die sich in der Form von Cel manifestiert hat.
"Durch mich - durch SIE - hast du mal über dein komisches Leben nachgedacht. Willst du ewig im Schatten von Thornhill leben und der kleine Laufbursche für dieses Arschloch sein? Du bist zu größerem bestimmt.", erklärt Cel ihm und wirft einen Blick zu den Medikamenten.
"Du weißt was letztes mal passierte, als du Dr.Sylvesters Medikamente abgesetzt hast. Chaos!", grinst Cecille und überschlägt ihre Beine.

"Ich kann es kontrollieren. Meine Psyche, meine Regeln. Ganz einfach.", keucht er und hockt sich runter, zu dem Kaffeetisch. Sie fängt lauthals an zu lachen und klatscht amüsiert in die Hände.
"Du hast eine dissoziative Persönlichkeitsstörung. Seit du elf bist, spielt dein Hirn verrückt. Finn Seed ist einer von zwei Passagieren in deinem Kopf. Und ich muss Cecille rechtgeben, dass du es Jakob nie gesagt hast ist echt peinlich - selbst für dich. Ich meine, wofür denkt er sind die Medikamente wirklich?", lacht Cel und verspottet Finn auf's übelste. Er bekommt einen gequälten Gesichtsausdruck und fängt an schwerer zu atmen, während Cecille wie ein kalter Windzug hinter ihm erscheint,
"Du denkst Chrysalis ist eine Bedrohung? Oder ihr missratener Ex? Erinner dich daran, wer du bist. Damian ist schon viel zu lange durch diese Medikamente verdrängt worden. Wach auf.", flüstert sie in sein Ohr.

Er greift langsam zu der Dose.
"Wach auf...", flüstert Cecille erneut und er umklammert langsam das warme Plastik, in dem die Pillen leise kullern.
Er schaut starr in den Kamin und Cel ist verschwunden.
"Wach auf.", flüstert er nun selbst und wirft die Medikamente im hohen Bogen, in den Kamin hinein, wo sie langsam aber sicher beginnen zu schmelzen. Finns Blick ist kühler denn je.
Er schaut kalt in das lodernde Feuer, welches die wichtige Medizin, die er unbedingt benötigt, zerfrisst...

---

Über Thornhill, liegen Jakob und Sandrine auf dem flachen Dach des Ostflügels und richten ihren Blick in den wunderschönen Nachthimmel. Ein paar Meter weiter befindet sich das Kaminrohr, aus dem der schwarze Rauch kommt und eins mit der dunklen Nacht wird.
Die beiden liegen nebeneinander auf einer weichen Decke, während Sandrines Kopf entspannt auf der Schulter von Jakob liegt. Er muss etwas lachen und schließt schnell seine Augen. Sandrine stößt mit ihrem Kopf gegen seinen.
"Was gibts zu lachen?", flüstert sie müde. Jakob zieht seine Augenbrauen hoch und streicht mit seiner rechten Hand über ihren Arm.
"Das Sternenbild da oben. Erkennst du es?", fragt er sie und zeigt auf ein paar besonders helle Sterne.

Sandrine konzentriert sich und versucht es zu erkennen. Wenig später fängt sie ebenfalls an zu lachen.
"Fische...Cel.", kichert sie ironisch und schließt wieder ihre Augen, während ihr schwarzes Haar, durch den Wind in Jakobs Gesicht geweht wird.
"Auch Finn.", ergänzt Jakob grinsend über das Sternzeichen seines Freundes. Langsam streicht er ihre Haare sanft aus seinem Gesicht.

Sie rückt noch näher zu ihm heran und kuschelt sich sanft an Jakob. Sie hat ihre Augen geschlossen und denkt still nach. Jakob atmet leicht aus,
"Ich kann deinen Herzschlag fühlen.", flüstert er und grinst etwas. Sandrine bleibt still, als das Licht des Leuchtturm's die beiden streift und eine kleine Lichtschwabe durch das Hollow wirft.
Als die Lampe des Leuchtturm's sich weiter dreht, schaut Jakob ruhig auf den Mond. Sandrine fasst ihm langsam ins Gesicht und zieht seinen Kopf an ihren heran,
"Jakob?", murmelt sie brüchig.
"Ja?", antwortet er auf ihre leise Frage.
"Denkst du man kann die Sterne zählen?", fragt Sandrine unschuldig und öffnet ihre müden Augen.

Er muss etwas schmunzeln.
"Sicherlich, versuch es doch mal.", lacht er leise, während er ihren warmen Atem spürt.
"Ich glaube dafür haben wir keine Zeit.", lächelt Sandrine, als sie langsam beginnt durch sein langes Haar zu streichen. Jakob atmet immer schwerer.
"Doch, haben wir. Wir haben die Ewigkeit, denn ich werde dich nie verlassen.", antwortet er ruhig und sie schaut ihn mit kullernden Augen an.
"Versprochen?", fragt sie mit Tränen in den Augen.
"Versprochen.", nickt er und kann nicht aufhören in ihre Augen zu schauen.

Sie greift nach Jakobs Gesicht und küsst ihn. Der kalte Winde zischt über das Dach, aber die beiden spüren nichts von der Kälte, da dieser Moment unvergesslich bleiben wird. Für immer und ewig.

NIGHTHOWL BAY - HerzfinsternisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt