4.02: "Böse neue Welt"

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Jean und Sandrine gehen gemeinsam durch die dunkle Nacht, nachdem sich Jean selbst aus dem Krankenhaus entlassen hat.
Sie steckt einen Haufen Papiere in ihre Tasche die sie unterschreiben musste, um risikofrei entlassen werden zu können.

"Du musst dich ausruhen. Wir dachten du würdest nie wieder aufwachen.", versucht Sandrine ihr zu erklären, die Jean in einem zügigen Tempo verfolgt.
Jeanette scrollt durch ihr Telefon und sieht Cecilles Nummer, welche im Messenger als 'Nicht verfügbar' angezeigt wird.
"Ich brauche keine Ruhe. Ich brauche antworten.", entgegnet die immernoch leicht angeschlagene Jean, welche unter ihrer Kleidung einen großen und dicken Verband um die Stelle ihrer Einschusswunde trägt.
Die Ärtzte haben ihr, nachdem Grayson die Rettungskräfte anforderte, die Kugel entfernt und die Wunde vernäht.

"Es ist viel passiert. Wir wollen dich nicht überfordern. Wir-...es ist kompliziert.", versucht Sandrine sich zu erklären und scheint unsicher. Irgendetwas verschweigt sie.
Jeanette ist fest entschlossen und schreibt in die alte Messenger Gruppe, welche sie damals gemeinsam benutzten.
"Diner. Jetzt.", sagt ihre Nachricht, welche sie sofort absendet.

Über die Hauptstraße der alten Stadt fährt nur ein einziges Auto, vorbei an Sandrine und Jean welche durch die kühle Nacht spazieren. Die Luft ist feucht, aber in der Ferne sieht man den Leuchtturm aufs weite Meer strahlen.
"Es war ein Unfall, Cecille trägt keine Schuld an dem was passiert ist.", redet sich Jean nervös ein und fährt mit ihrer Hand über ihr weiches Gesicht.
Sandrine zieht sich ihren schwarzen Mantel zu, da der kalte Wind durch die Straßen der Innenstadt fegt.
"Jean, es war vielleicht ein Unfall, aber was danach passiert ist...diese Taten waren kein Unfall. Deanna und Grayson haben Dalia in Haft gebracht, während Sebastians Leiche geborgen wurde. Aber Cecille...sie dachte sie hätte dich getötet.", erklärt Sandrine mit zitternder Stimme brüchig was in den letzten Wochen geschah.

Jeanette dreht ihren Kopf - während sie zielstrebig weiterläuft - rüber' zu ihrer alten Feindin.
"Rede nicht so um den heißen Brei herum. Was ist mit Cecille passiert? Sind ihre Depressionen wiedergekommen?", fragt die beste Freundin von Cel besorgt.
Sandrine schüttelt den Kopf,
"Nein...manche sagen...Gott...viele sagen sie hat den Verstand verloren. Nachdem wir in die Stadt zurückgekehrt sind, verschwand sie. Antoinette hat nichts von ihr gehört. Bis die Leichen von drei jungen Männern gefunden wurden. Und diese Männer waren Mitglieder der Reaper, welche uns an Heiligabend töten wollten...", keucht Sandrine und dreht sich nervös an einen ihrer vielen Ringe herum.
Jean runzelt die Stirn und beißt sich leicht auf die Unterlippe,
"Ihr denkt doch nicht etwa...Cel könnte so etwas nicht tun. Sie wollte uns nur vor Dalia beschützen."
Die beiden jungen Frauen bleiben wenige Meter vor dem Diner stehen und schauen sich intensiv an.
"Jeanette.", murmelt Sandrine und greift nach der Hand von Jean,
"Nichts ist gefährlicher als ein Mensch, der denkt er hätte alles verloren."
Jean's Pupillen werden größer, aber eine Antwort auf die Aussage gibt sie nicht.
"Lass uns ins Diner.", flüstert Jeanette und dreht sich wieder um.

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Wenige Momente später öffnen sie die Glastür des städtischen Diners, welches immernoch den klassischen American Diner Stil vertritt. Rote LED's flimmern im Fenster, und werfen ein sanftes Licht in den dunklen Raum - wo keine einzige Lampe am brennen ist.
Als Jean und Sandrine die Tür hinter sich schließen, kommen drei alte Bekannte gespannt aus dem Nebenzimmer. Jakob, Finn und Deanna.
Jakob lächelt als er Jean sieht und bleibt überrascht stehen. Finn grinst und geht auf sie zu.
"Wow! Heilige heilige Scheiße.", lacht er und umarmt Jeanette. Sie grinst und klopft ihm auf die Schulter.
Deanna kommt dazu und streichelt Jean über den Rücken.
"Schön dich wieder zu haben, Jeanie.", zwinkert der Junior Deputy ihr zu.
"Wow, ihr seid alle so süß.", lacht Jean und löst sich aus der Umarmung.
Jakob geht auf sie zu und hält ihr die Hand hin.
"Sandrine hat dich nie aufgegeben. Und ich wusste, genau wie sie, du wirst zurückkommen. Glückwunsch, alte Freundin.", sagt er und erwartet, dass sie ihm die Hand schüttelt. Stattdessen breitet sie ihre Arme aus und umarmt ihn kräftig.
"Verdammter Idiot.", lacht sie und umarmt Jakob.

Sandrine geht etwas auf Finn und Deanna zu.
"Ich habe ihr unsere Theorien zu Cel mitgeteilt.", erklärt sie. Jakob lässt Jean los und dreht sich zu den anderen.
"Wo könnte sie nur sein?", fragt Jean in die Runde.
"Die Frage stellen wir uns alle seit Weihnachten.", gibt Deanna zu und reibt sich müde ihre Augen.

Der Wind pfeift durch die Spalte der Tür und die nicht vernünftig abgedichteten Fenster.
Die starken Windzüge knallen die Tür des Diners auf, zu welcher alle Beteiligten erschrocken hinschauen.
Draußen sehen sie aber nichts als schwarze Nacht und flimmernde Straßenlaternen.
"Keinen Grund zur Panik, ich war doch nie weg.", donnert eine weibliche Stimme aus dem hinteren Bereich des Diners.
Finn reißt seine Augen auf und dreht sich als erster um. Die anderen nun ebenfalls.

Im Türrahmen sehen sie Cecille stehen, welche eine lange Lederrobe trägt und komplett in, einen für sie untypischen, schwarz gekleidet ist. Ihre Haare hat sie nach hinten zurückgekämmt und als Zopf streng zusammen gebunden.
Ihr Make Up ist viel kräftiger als sonst und wirkt wesentlich düsterer.
"Was schaut ihr so?", fragt sie und die LEDs beginnen hektischer zu flackern. Sie geht langsam auf die Gruppe zu und schaut Jeanette starr an.
"Wo warst du die ganze Zeit? Was ist mit dir passiert?", fragt Finn und mustert Cel von oben bis unten.
Cecille dreht ihren Kopf leicht zu Finn und zieht ihre linke Augenbraue hoch.
Sandrine schüttelt ihren Kopf und hält sich an einem der Dinertische fest.
"Nein...du warst es wirklich, oder?", fragt Sandrine und deutet direkt auf die Tode der drei Reaper an.

Cel bleibt stehen und lächelt böse. Das Grinsen zeichnet sich erfreut auf ihrem Gesicht ab.
"Wisst ihr, in den letzten Momenten - kurz vor dem endgültigen Tod - zeigt sich wie ein Mensch wirklich ist. Also kannte ich die drei Reaper besser, als mein Vater oder Caesar jemals. Wollt ihr wissen wer von ihnen der Schwächste war? HAHA!", lacht Cel verrückt und klatscht amüsiert in die Hände.
Deanna hat ihre Augen weit aufgerissen und schaut ihre Schwester geschockt an. Sie kann sie einfach nicht wiedererkennen.
"Cecille...", murmelt Deanna und legt ihre Hand um ihre Protese.
"Cecille ist gestorben. Am Boarding House. Vielleicht sogar viel früher. Und diese Schuld trage nicht ich. Sondern ihr.", flüstert sie und lässt ihre Augen durch die Gruppe schweifen. Jean geht auf sie zu und zieht ihre Augenbrauen traurig zusammen.
"Du hast mich nicht umgebracht, mir geht es gut. Du musst all diese Dinge nicht tun, Cel.", bittet Jeanette sie inständig darum aufzuhören.

Cecille hebt ihre rechte Hand und streicht ihr sanft über das Gesicht.
"Jean...du hast mir garnichts getan, Süße. Wie könnte ich dich nur dafür verantwortlich machen? Aber der Rest. Ihr...ihr werdet bezahlen. Für das was ihr mir angetan habt.", lächelt sie und schaut ihre alten Freunde kühl an.
Jakob schaut ängstlich einher und weiß nicht wie er mit dieser Situation umgehen soll.

"Es gibt keine Cecille mehr in Nighthowl Bay. Nur...pure Herzfinsternis.", ergänzt Cecille und geht in Richtung Ausgang.
"Wir sehen uns.", lacht sie und schlägt die Tür des Diners hinter sich zu, während ihre riesige Lederrobe majestätisch im Wind weht.
Jean läuft eine Träne das Gesicht hinunter und sofort setzt sie sich verzweifelt auf die Knie.
Der Rest der Gruppe ist genauso schockiert wie sie...

NIGHTHOWL BAY - HerzfinsternisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt