NIGHTHOWL BAY - Herzfinsternis

6.10: "Weltenerbe"

Wenige Stunden später...

'Closed for an indefinite period', steht auf der großen Eingangstür zu Thornhill, während die letzten Gäste rausgeworfen wurden. Jakob schaut seinen enzürnten Kunden hinterher, welche nun das Hollow verlassen.
Er knallt die Tür zu und eilt zurück in den Speisesaal, wo die ganze Gruppe still am langen Esstisch sitzt. Finn starrt in's Leere, Jean scheint langsam wieder zu Kräften zu kommen - da sie fleißig Wasser trinkt - und Deanna hockt am Kopf des Tisches, wo ihr die Sorge praktisch in's Gesicht geschrieben steht.

Durch den Übergangsflur, welcher von der Küche ausgeht, kommt Sapphyre und trocknet sich ihre frisch gewaschenen Hände ab.
"Habt ihr eure Miete nicht bezahlt, oder wieso ist das Wasser so eisig?", beschwert sie sich. Finn richtet seinen Kopf auf und runzelt fassungslos die Stirn,
"Ernsthaft? Dir fällt nichts anderes ein? Wow."
Sie zuckt sarkastisch mit den Schultern.
"Scheiße, ich muss frische Luft schnappen.", keucht der Seed und verschwindet aus dem Raum. Jakob setzt sich zu Jean und streichelt ihr vorsichtig über die Schulter.
"Geht es dir besser?", fragt er fürsorglich. Saph rollt mit den Augen.
"Ja...ähm..es fühlt sich so surreal an. Einfach alles.", murmelt Jeanette leise und ist immernoch erschöpft von der Entführung durch das ZSO.
"Das ist für uns alle so. Niemand hätte damit gerechnet-...ich meine sie lebt. Cecille ist wieder da und es fühlt sich falsch an.", antwortet er ihr ehrlich. Jean rümpft ihre Nase.
"Wie 'falsch'? Ich habe mir nichts sehnlicher gewünscht."
Deanna rückt näher an den Tisch und schaltet sich in das Gespräch ein.
"Ich denke, was Jakob sagen will ist, dass wir dachten sie wäre in der Gewalt des ZSO's. Und nicht eine ihrer Eliteeinheiten. Diese ganze Florence Sache stinkt bis zum Himmel. Weiß eigentlich-"

* RUMMS *

Die Haustür schlägt auf und Antoinette kommt mit Tränen in den Augen hinein.
"WO IST SIE? W...WO IST SIE, MEINE TOCHTER..", stammelt sie aufgebracht und stolpert in den Eingangsbereich des Anwesens. Jakob eilt zu ihr hin und stützt den Governor ab, da sie mehr als aufgelöst zu sein scheint.
Toni schaut Jakob mit roten Augen an, welche durch die vielen Tränen verursacht wurden.
"Jakob...wo ist mein Mädchen?", flüstert sie und versucht sich einen weiteren Gefühlsausbruch zu verkneifen.
"Gott, ich habe es ihr versprochen. Ich sagte ihr mal, der Tag wird kommen an dem sie lernen wird, dass das Einhalten eines Versprechens, wohl die schwierigste Aufgabe ist, die es gibt. Und ich habe ihr versprochen sie zu beschützen. Und zu lieben...aber jetzt..sie war die ganze Zeit da draußen.", macht Toni sich schwere Vorwürfe. Jakob aber schüttelt den Kopf und schließt etwas seine Augen.
"Antoinette, ich kenne dich jetzt eine geraume Zeit, und du mich auch. Du weißt was für ein Mensch ich damals war und ich weiß was du für ein Mensch warst. Wir haben Cecille beide schonmal auf irgendeine Art und Weise verletzt. Doch deswegen haben wir nie ein Versprechen gebrochen. Solange man es versucht, ist man es Wert. Du hast die Stadt sicher gemacht, damit anderen Menschen nicht diese scheußlichen Sachen passieren, die deiner Familie wiederfahren sind. Entführung, Verstümmelung, Mord und unzählige weitere Taten. Du bist ein guter Mensch.", redet er ihr zu und hört wie Deanna zu schluchzen beginnt. Der Sheriff hält sich eine Hand vor's Gesicht und ist berührt von Jakobs Worten.

Toni rafft sich auf und umarmt Jakob. Das erste Mal überhaupt.
"Du weißt, ich vergebe dir.", antwortet sie und nickt leicht. Sie umarmt ihn, als wäre es ihr eigener Sohn.
Jakob lacht emotional und reibt sich durch die Augen,
"Ich bin schon ewig lang im Kampf mit meinen Instinkten. Ich denke nach allem was passiert ist, ist es mein Schicksal."

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Draußen, hinter Thornhill, spaziert Finn das Hollow hinunter.
Er begibt sich zu einer riesigen Front aus Grabsteinen, welche aus dem Bürgerkrieg von 1899 stammen. Seine Augen schweifen an jedem der Gräber vorbei und seine schwere Stiefel stapfen auf dem lockeren Boden, welcher aus sanften Kies besteht. Er begutachtet so gut wie jeden Grabstein und denkt an die Menschen, welche die Gruppe verloren hat.

Es ist eine große Bürde, welche die Thornhill Gruppe trägt. Leben, Tod und alles dazwischen.

"Mist. Also...ich tu' so etwas nicht oft.. ich meine...ich habe es noch nie getan. Aber ich weiß einfach nicht weiter. Wenn es dich da oben gibt und es wirklich so ist wie Pamela sagte...dass unsere Leben vorbestimmt sind, dann gib mir ein Zeichen. Ich...ich brauche deine Hilfe. Ich habe dich nie angebettelt, deswegen werde ich es auch nicht jetzt tun'. Ich tue es nicht für mich, sondern für die Anderen.

Du siehst selbst wie zerbrochen unsere Gruppe ist. Alles was passiert ist, den ganzen Weg den wir gegangen sind. Chrys, die Prawls, Sebastian, die Reaper, Dawn, Ryder und jetzt diese verdammten Psychopathen vom ZSO. Ich weiß nicht warum, aber ich habe das Gefühl, dass diese 'Retter Geschichte' wahr ist. Aber dann frage ich mich, wenn unser Leben vorbestimmt ist, wie ein geschriebenes Buch, was für einen Sinn hat es dann? Sandrine hat gegen den Wahnsinn angekämpft, aber ist nun doch zu dem geworden, was sie einst hasste. Und Cecille...sie ist auch so anders. Sie ist jetzt nicht mehr das kleine Mädchen, was wegen jedem Scheiß geheult hat. Sie ist ne' erwachsene Frau. Eine Anführerin.

Ich möchte, dass du es beendest. All diese Kämpfe, all dieses Leid. Setz all dem ein Ende.", betet er zu Gott und senkt seinen Blick auf den Boden.

"Wow. Schöne Worte.", sagt eine ihm altbekannte Stimme hinter Finn. Sofort dreht sich der Seed um und traut seinen Augen kaum.
"Du?!", keucht Finn bis in's Knochenmark erschüttert.

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"Cecille hat Sandrine gerettet. Nachdem sie den Lieutenant erschossen hat und fliehen wollte, waren die ZSO Soldaten drauf und dran Sandrine zu töten.", erklärt Jakob dem Governor, welche nun bei den Anderen am Esstisch sitzt.
"Sandrine wäre gestorben, wenn Cel die ZSO Soldaten nicht erschossen hätte.", ergänzt Deanna eindrucksvoll.
Toni atmet überfordert ein,
"Und Sandrine ist weg? Genau wie Cel?"
Jakob zuckt mit den Schultern.
"Sie wird sich vermutlich mit Sandrine einen Platz gesucht haben, wo sie sicher sind. Cel meinte wir sehen uns in Thornhill, also denke ich wir sollten hier warten.", sagt er. Toni streift sich mit der Hand durch's Gesicht.
"Sie ist wirklich wieder da...", lächelt sie fröhlich.

Jean stellt ihr Glas Wasser ab und räuspert sich etwas.
"Bevor Pamela starb, hat sie etwas von ner' Verbindung zu Xander und den Prawls gefaselt. Sie meinte Cecille wäre eine Retterin und dass unsere Leben vorbestimmt seien. Nighthowl Bay hat angeblich irgendwelche 'Interferenzen'. Dadurch konnten sie Cel finden und haben wohl herausgefunden, dass sie diese 'Retterin' sein soll. Keine Ahnung ob Xander und der Rest seiner Familie auch 'Retter' sind, aber so schien wohl die Logik von Greece.", erklärt Jeanette Toni die merkwürdige Erklärung der Motive vom dem ZSO.
Antoinette lacht leicht, da sie so etwas verrücktes noch nie gehört hat,
"Mal angenommen es wäre so, wieso brauchen sie sie dann? Also Cecille."
Jean zuckt mit den Schultern.

Plötzlich hören sie am Tisch die Stiefel von Finn über den Holzboden gehen. Aber es sind nicht nur seine Schritte.
Er kommt in den Speisesaal herein und sein Gesichtsausdruck ist leer.
"Finn, was ist los?", fragt Jakob ihn verwundert. Der mysteriöse Besucher tritt hinter Finn ebenfalls in den Raum ein.
"Hey, Leute!", begrüßt Vincent die Gruppe. Jakob steht auf und traut seinen Augen kaum.
"Was zur Hölle!? Was machst du denn hier?", keucht er verwirrt über seinen alten Gefangenen.

Vincent steht in einem, für sein damaliges Auftreten ungewöhnlich, schicken Outfit neben dem Seed. Ein schwarzes Sakko und eine dunkle Hose, plus einem lilafarbenen Shirt.

Sapphyre runzelt ihre Stirn über die Person, welche sie damals nach Nighthowl Bay schickte.
"Damit hab ich jetzt echt nicht gerechnet.", murmelt sie überrascht.
Toni schaut die Gruppe verwundert an, da sie Vince nicht kennt. Jakob allerdings geht auf ihn zu,
"Beantworte mir meine Frage. Wieso bist du hier?"
Vince zieht seine Augenbrauen hoch und scheint nicht mehr so ängstlich und unsicher wie damals.
"Sandrine.", antwortet er ernst.
"Sie ist ein Problem."