4.01: "Danke"

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NIGHTHOWL BAY - Herzfinsternis
ARC 4:

"Wo tut es dir weh'?"
Ein helles Licht dringt in den dunklen Raum ein, welcher aus dicken und knorrigen Holz besteht. Man hört die Planken förmlich atmen und den Wind durch die kleine Spalte der Tür pfeifen.

Der Leuchtturm strahlt in das Zimmer und wirft einen breiten Lichtsstrahl auf das ungemütliche Bett, auf dem Jeanette Brown liegt.
Sie reißt ruckartig die Augen auf und richtet sich panisch auf.
Ihr Atmen ist schwer und stark. Schnell fasst sie sich an die Stelle, wo eigentlich die Schusswunde sein sollte.
Jean zieht sich ihr Hemd hoch und lässt ihre Augen schnell über ihren Bauch schweifen.
Weit und breit keine Wunde. Nichtmals eine Narbe.

"Wie...? Unmöglich...", keucht Jeanette verwirrt. Das Licht des Leuchtturms scheint ihr grell ins Gesicht, dennoch erkennt sie neben dem Fenster eine weibliche Silhouette.
Jean klimpert mit den Augen und versucht die Person zu erkennen.

"Hab' dich vermisst.", sagt die Person am Fenster und tritt näher an Jean heran.
Plötzlich weiten sich Jeans Pupillen in's unermessliche, als sie erkennt wer es ist.
"Chrys?", fragt Jean bis ins Knochenmark schockiert.
Chrysalis steht in ihrem - typisch weißen - Hosenanzug vor ihrer alten Freundin und hat ein breites Lächeln aufgesetzt.
"Die einzig Wahre. Hast du mich vermisst?", fragt sie Jean glücklich und setzt sich neben ihr auf das Bett.
Jean schüttelt perplex den Kopf und schließt die Augen.
"Du bist gestorben. Ich habe gesehen wie...", stammelt Jean und glaubt sie ist am träumen.
"Wie Xander mir eine Kugel in den Kopf jagt? Ja, so ist es gewesen. Aber hat Cecille dir nicht auch eine Kugel verpasst?", fragt Chrysalis rhetorisch und plötzlich blitzt der Moment an dem die Kugel Jean traf, in den Erinnerungen der Brown, auf.

"Ich...ich bin gestorben. Bin ich im Himmel?", mutmaßt Jean und schaut aus dem Fenster, da der Leuchtturm abrupt stehen bleibt und weiterhin linear in das Zimmer strahlt.
"Der Himmel? Dann wäre ich ja wohl nicht hier bei dir, oder?", lacht Chrys sarkastisch und legt ihre Hand auf Jeans Schoß.
Jeanette muss ebenfalls lachen und erinnert sich an die Vergangenheit.
Chrys stößt gegen Jeans Oberarm und zwinkert ihr zu.
"Du bist nicht gestorben. Es gibt einen Weg hier raus und dieser ist nicht das Licht da hinten.", erklärt sie ihr und zeigt auf den Leuchtturm.
"Was redest du da? Wieso bist du hier?", fragt Jean und steht auf. Sie geht nervös im kargen Raum umher und legt ihre Hände an die Hüfte.
Chrysalis steht auf und schaut Jean ernst an. Sie fasst ihr an den Arm und zieht sie zu sich.
"Du musst wieder zurück. Sie brauchen dich. Du wirst es noch verstehen, aber die Reaper waren erst der Anfang. Du musst mir glauben. Du weißt ganz genau, ich würde dich niemals belügen, trotz allem was war. Da draußen gibt es jemanden...jemanden der die gesamte Kontrolle hat. Er ist die Antwort. Ich weiß nicht wann oder wie es passieren wird, aber ihr alle seid in Gefahr. Etwas finsteres kommt...", versucht Chrys es ihr kryptisch zu erklären.

Jeanette schaut Chrysalis tief in die Augen und greift ebenfalls sanft nach ihrem Arm.
"Ich habe dich geliebt. Aber du hast mir Jason genommen. Wir konnten nie darüber reden...ich...ich hätte nur so gerne gewusst ob du mich verarscht hast.", murmelt Jean nachdenklich und ist sich zutiefst unsicher.
"Ich weiß was ich getan habe und ich weiß wer du warst. Aber als ich dich im Diner traf hätte ich nie gedacht wie du wirklich bist. Ich bereue meine Taten. Ich habe gesehen wie Xander euch half und ich hätte mich auch ändern können. Aber ich...naja. Ich war wohl nicht gemacht für diese Welt.", lächelt Chrys mit Tränen in den Augen.
Jean geht weiter auf sie zu und umarmt sie einmal kräftig.
"Deine Geschichte hätte nicht so enden sollen. Es tut mir leid.", flüstert Jean ihr ins Ohr.

Plötzlich donnert die Tür des Raums auf und hinter diesem wartet der stürmische Wind, welcher in ein großes Nichts führt, während Jeanette das laute Toben von Rotorblättern hört, so als würden just in diesem Moment unzählige Helikopter über die Küste donnern.

"Es wird Zeit. Du musst sie retten. Da draußen gibt es so viele Dinge, die ihr nicht versteht, aber glaub an sie. Cel ist noch nicht verloren. Bitte sei vorsichtig.", erklärt Chrys und lässt Jean los.
"Danke. Ich hoffe du findest Frieden.", bedankt sich Jeanette und geht langsam auf die Tür zu. Chrysalis schaut ihr lächelnd nach.
"Wir sehen uns, Jean.", flüstert sie glücklich und der ganze Raum geht in einem hellen Licht auf.

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Aus dem grellen Licht bildet sich ein Muster.

"JEAN!", ruft die besorgte Stimme von Sandrine laut.
Jeanette liegt in einem Krankenbett, angeschlossen an Maschinen und Blutspendern.
Sie fängt an schwer zu atmen und klimpert ihre Augen vorsichtig auf.
"Was...was passiert hier?", fragt Jeannette und ihr Puls beginnt schneller zu werden. Sandrine greift nach ihrer Hand und lächelt breit.

"Ich hatte solche Angst. Gott...ich glaub's nicht.", lächelt Sandrine und mustert Jean von oben bis unten.
Jeanette ist verwirrt und dreht ihren Kopf angestrengt nach links, da wo Sandrine auf ihrem Bett, des Nighthowl Bay General Hospitals, sitzt.
"Du warst so lange weg...aber ich habe nie aufgegeben.", keucht Sandrine und lässt sich erschöpft in die Matratze fallen.

Bevor Jean ein weiteres Wort sagen kann, sieht sie hinter Sandrine - an der Wand des Zimmers - einen Kalender. Als sie das markierte Datum sieht bleibt ihr kurz der Atem weg.
'12.01.2018'

NIGHTHOWL BAY - HerzfinsternisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt