Alleine wandert Cecille durch die Straßen von Nighthowl Bay. Still schaut sie auf ihr altes Zuhause, wo sie im Fenster die fröhliche Antoinette sieht wie sie zusammen mit Jean neue Babykleidung für Helen heraussucht. Breit lächelnd schaut sie auf das Gesicht ihrer Mutter und hält einen kleinen Brief in der Hand. Sie lässt diesen durch den kleinen Spalt an der Haustür gleiten und dreht sich sofort wieder um.
In ihren Augen befinden sich kullernde Tränen, als sie das Haus hinter sich lässt und immer weiter geht. Schritt für Schritt bahnt sie sich den Weg in die Innenstadt, zu der großen Weißeiche, an dem ihre Freundschaft mit Finn die Wurzel schlug. Sie wischt mit ihrer Hand über die vom Laub bedeckte Bank und setzt sich ruhig hin."Hier. Wie du es dir gewünscht hast.", sagt Xander und überreicht ihr den, in einem roten Tuch eingerollten, Dolch. Cel schaut nach links und greift nach dem Tuch. Xander lächelt einmal kurz und schaut sie lange an. Doch dann dreht er sich und geht.
"Bruder.", ruft Cel und er bleibt stehen.
"Ja?", fragt er aber schaut sie nicht an.
"Setz dich doch einen Moment.", schlägt sie vor.
"Ich weiß nicht ob-"
"Bitte.", unterbricht sie ihn. Xander dreht sich wieder um und setzt sich neben seine Halbschwester.
"Xander, ich sehe Vincents Leben.", sagt sie und sofort zieht er seine Augenbrauen hoch. Sein weißes Auge schimmert glitzernd in der Sonne.
"Seit ich seine Macht habe, habe ich seine Erinnerungen. Ich sehe alle Welten die er vernichtet hat und alle Welten die es noch gibt. Es gibt...so viele Varianten von uns, du kannst es dir nicht ausmalen. Wir dürfen kein Risiko eingehen.", erklärt sie ihm und legt ihre Hand auf seine.
"Cecille, ich bin Scheiße in so etwas. Ich hasse Abschiede.", bittet er sie um Nachsicht und beißt seine Zähne zusammen.
"Die Zeit in Rosewood hat dich verändert.", grinst sie glücklich.
"Du wurdest von einem Mörder zu einem echten Retter. Das Böse ist nicht angeboren. Es wächst. Und genau das darfst du nie vergessen, Bruder. Du, Gabe und Lily seid die letzten die es dann noch gibt. Ihr müsst sie beschützen, alle von ihnen. Egal was es kostet.", flüstert sie leise und drückt fest die Hand von ihm.
"Ich habe Deanna versprochen auf dich aufzupassen.", grummelt er und schaut zu Boden.
"Sorge dich nicht um Deanna. Sie versteht es. Und da wo sie ist, werde ich auch bald sein. Und in vielen vielen Jahren schaffst du es auch an einen besseren Ort. Unsere Vergangenheit bestimmt uns nicht, Xander. Egal wie groß die Herzfinsternis ist, oder mal war, wir alle können uns ändern. Das weiß ich jetzt.", sagt sie ruhig. Xander steht auf und zieht seinen Prawl-Familienring ab. Er drückt ihn ihr in die Hand und schließt diese daraufhin.
"Leb wohl, Cecille Prawl.", verabschiedet er sich und geht.
Cecille lächelt ihm hinterher und ist stolz auf Xander. Sie zieht den Ring auf und wirft einen Blick auf den schwarzen Dolch.---
"Jean, pass auf nicht dass sie wieder versucht die Puppe zu essen.", lacht Antoinette über Helen und eilt in die Küche um eine kleine Flasche Milch für das Kind zu holen. Doch als sie unten ankommt sieht sie einen Brief auf der Fußmatte liegen. 'An: Alle meine Freunde und Familie', liest Toni die Aufschrift des Briefes und lässt das Fläschchen Milch geschockt fallen...
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Es dämmert und die Straßenlaternen in der Stadt gehen nach und nach an. Cecille schaut auf den aufgehenden Mond und erblickt die wunderschöne Perfektion die den Nachthimmel zu erstrahlen beginnt. Sie hat schon immer den Mond geliebt.
"CEL! CEL!", ruft Sandrine und kommt zusammen mit Jakob und Finn angerannt.
"Verdammt, was tust du da?", schluchzt die bereits weinende Sandrine und schaut Cel mit dem Dolch in ihrer Hand an.
"Das was Vince vor langer Zeit hätte tun sollen. Bitte, lass mich.", fleht Cel die Black an. Finn schüttelt den Kopf und zeigt sauer auf Cel,
"DAS IST EGOISTISCH! Du kannst doch nicht einfach so gehen, ohne etwas zu sagen. Nicht nach allem was wir erlebt haben.", wirft er ihr emotional vor. Jakob hält den Seed an seiner Schulter fest.
"Dieser Brief...ich dachte es wäre schon zu spät. Jean, Antointte...alle warten Zuhause auf dich. Sogar Saph und Chrys waren besorgt.", erklärt Jakob ihr und will sie dazu bewegen sich umzuentscheiden.
"Niemand, Jakob, NIEMAND darf so eine Macht haben. Dieser ganze Autoren Mist muss enden, für immer. Und dafür muss ich gehen.", wimmert sie und versucht ihre Emotionen beisammen zu halten.
Sandrine geht auf sie zu und hebt langsam ihre Hände.
"Cel...Bitte. Ich will nicht ohne dich weitermachen.", murmelt sie leise. Jakob und Finn schauen sich überrascht an. Diese Worte aus dem Mund von Sandrine.
"Das musst du aber.", sagt Cel und steht auf. Der Dolch ist nach wie vor fest umklammert in ihrer Hand. Finn rümpft seine Nase,
"Wieso immer du?", fragt er und zittert am ganzen Körper.
"Finn, ich bin so stolz auf dich. Du und Jakob, ihr seid so unfassbar starke Menschen. Ich hätte mir nichts besseres vorstellen können, als euch kennenlernen zu dürfen.", keucht sie weinerlich. Jakob lacht und schnieft etwas,
"Sicher?", scherzt er.
"Sicher. Ihr beide seid der lebende Beweis, dass in jedem Menschen etwas gutes steckt. Danke.", antwortet sie und ihr läuft letzendlich eine Träne aus ihrem linken Auge. Sandrine dreht sich zu Jakob und Finn und räuspert sich,
"Geht. Ich bleibe bei ihr."
"Sandrine, nein.", sagt Cel.
"Doch. Du hast nicht das Recht zu gehen, wenn du mir am meisten bedeutest.", widersetzt sie sich. Sandrine nähert sich Jakob und greift nach seinem Gesicht. Sie küsst ihn und schaut ihn tief in die Augen.
"Egal was ist, vergiss es nicht. 'Für immer und ewig', okay?", sagt sie ihm und hält ihn fest umklammert. Er nickt,
"Ich liebe dich.", lächelt er.
"Ich liebe d..dich auch.", stottert sie. Finn geht zu ihr und umarmt seine alte Freundin fest.
"Pass auf ihn auf, okay?", flüstert sie in sein Ohr und sofort weiten sich seine Pupillen.
"Bitte.", ergänzt sie. Sie lässt Finn los und er schaut sie paralysiert an. Sandrine nickt und dreht sich um.
"Komm...lass uns gehen.", murmelt Finn und klopft Jakob auf den Rücken.
"Bye Cecille. Wir sehen uns.", sagt Jakob und dreht sich um. Cel lächelt ihm hinterher.Nachdem das Thornhill Wohnmobil abgefahren ist wirft Sandrine Cel einen ernsten Blick zu.
"Was war das gerade?", fragt Cel und schluckt kräftig.
"Ich sagte doch. Du bedeutest mir zu viel.", flüstert Sandrine und
"Du hast Vincent gehört. Du sagtest es mir.", ergänzt sie und wirft das rote Tuch auf die Bank vor der Weißeiche.
"Sandrine, du weißt es war nie weg, oder? Sogar als du meine Mutter töten wolltest. Du warst die erste Person die mich verstanden hat. Und du hast mir verziehen, nachdem ich...nachdem ich zuließ, dass du dich verletzt. Und dann letztens am Friedhof.", schluchzt Cel und schließt ihre Augen. Sandrines Beine beginnen zu zittern.
"Ich weiß, Cel...ich weiß. Bitte..sag es nicht.", weint Sandrine und zieht aus ihrer schwarzen Ledertasche einen gewöhnlichen Dolch.
"Es war eine so unfassbar tolle Reise mit dir.", lacht Cel, als ihre Augen voller Tränen sind.
"Ich weiß aber nicht ob ich mit dir mitkommen werde. Es könnte sein, dass ich den Weg in die genau andere Richtung gehe.", murmelt sie beängstigt. Cel schüttelt den Kopf und reicht ihr langsam den schwarzen Dolch in die Hand. Cel greift sich den anderen. Sie fassen sich an die Schultern und schauen sich tief in die Augen.
Cecille küsst Sandrine leicht auf den Mund. Die Black lächelt etwas.
"Es wird Zeit, dass wir das Unbekannte entdecken.", flüstert Cel.
"Ja. Zusammen. Für immer.", antwortet Sandrine und die beiden umarmen sich. Bei der Umarmung bohren sich die beiden Klingen in die Körper des jeweils anderen. Cel wimmert kurz auf.
Aus dem schwarzen Dolch flackert die helle Macht des Autors, welche die beiden komplett vereinnahmt und wie eine warme Decke einhüllt. Als das Licht erlischt und die Macht von Vincent nicht mehr auf der Welt weilt, beginnt das Blut langsam aus ihren Wunden auszutreten. Cel stürzt zu Boden und reißt Sandrine mit sich.Nebeneinander liegen die beiden und schauen in den großen weiten Nachthimmel, der von unzähligen Sternen verziert ist und vom hellen Mond untermalt wird. Zusammen schauen sie in den letzten Momenten ihres Lebens in den Nachthimmel, im Genuß ihrer letzten Ruhe, bevor sie ihre Augen für immer schließen.
DAS ENDE?
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NIGHTHOWL BAY - Herzfinsternis
Mystery / Thriller"Das Böse ist nicht angeboren. Es wächst." Cecille Smith ist ein junges Mädchen, aus dem friedlichen Nighthowl Bay, Maine. Ihr Leben scheint nach außen hin perfekt, aber in Wirklichkeit verbirgt sich hinter dieser Fassade, eine düstere Wahrheit, gep...