4.03: "Tiefer als der Ozean"

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Als die Sonne wieder aufgeht und die Gruppe sich in Thornhill sammelt, ist die Stimmung angespannt, da Cecilles bedrohlicher Auftritt einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat.

In der Eingangshalle geht Jakob nervös auf und ab, während Sandrine sich an das Treppengeländer lehnt.
"Ich habe sie noch nie so erlebt. Irgendetwas ist passiert. Aber was nur?", fragt sich Jakob - der Cel damals ganz anders kennengelernt hat.
Finn sitzt auf dem Hocker, vor dem großen Flügel und hat die Hände zusammengefaltet auf seinem Schoß liegen.
"Wir haben ihr nichts angetan, sie hat den Verstand verloren. Sie dachte Jean wäre tot und jetzt ist sie völlig durchgedreht.", antwortet Finn und denkt er würde die Antwort auf die Frage was mit Cecille los ist kennen.
"Cel war schon immer instabil, aber so durchdrehen würde sie nicht. Eher wäre sie zusammengebrochen. Ihr Verhalten entspricht nicht dem klassischen Muster von gewöhnlichen Depressionen, nein, nichtmals einer Psychose.", wirft Sandrine in den Raum.

"Hast du schon mit Xander geredet?", fragt Jakob und schaut fragend zu Finn.
Dieser nickt und streckt sich müde.
"Ich habe mit Lily geredet, aber er schwört er hat in den Wochen von ihrer Abwesenheit nicht mit ihr geredet, geschweige denn Kontakt zu ihr gehabt.", erklärt Finn die Nachricht.
Sandrine grinst etwas und verschränkt ihre Arme.
"Eigentlich waren sie das Problem, bevor der Psycho Dad von denen in die Stadt kam. Auch wenn sie uns geholfen haben, die Worte von Xander Prawl sollte man nicht einfach so schlucken.", weist Sandrine die beiden zurecht, da der große Misstrauen immernoch da ist.
"Schon klar, aber ich erkenne einfach kein Motiv dahinter. Wie konnte sie überhaupt drei erwachsene Männer töten?", fragt Jakob verwundert, da Cecille nicht gerade körperlich stark ist.

"Wenn Reaper sterben, wissen wir doch wo wir mehr Infos dazu bekommen. Bei anderen Reapern.", grinst Finn das Paar an.
"Und woher wissen wir wo die restlichen Reaper sind?", fragt Jakob seinen besten Freund mit gerunzelter Stirn.

"Gib mir einen Tag und ich finde Caesar. Den ehemaligen General der Reaper. Sie mögen vielleicht vermummt gewesen sein, aber den Namen Caesar tragen nicht viele. Dalias alte Akten sind manchmal ganz praktisch.", lächelt Sandrine und zwinkert Jakob zu.

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Unterdessen sitzen Jean und Deanna in den botanischen Gärten von Nighthowl Bay und schauen auf's weite Meer. Die Sonne scheint den beiden in's Gesicht, da der Winter nun vorüber ist.
Das warme Licht berührt Jeans Gesicht, welches sie leicht hebt und daraufhin die Augen schließt.
Deanna hat eine Sonnenbrille auf und scheint immernoch bis in's Knochenmark erschüttert von den Ereignissen der letzten Nacht.
"Wie konnte es so weit kommen? Alles habe ich für möglich gehalten, aber nicht...nicht meine eigene Schwester...", seufzt Deanna und man sieht unter der Sonnenbrille eine einzige Träne einsam fließen.
Jean rückt näher zu ihr und legt ihren Kopf auf Deannas Schulter,
"Wir haben es alle nicht geahnt. Wie soll man sowas auch kommen sehen? Wie geht es denn deiner Mom?", fragt Jean über den mentalen Zustand von Antoinette.

Deanna zieht ihre Sonnenbrille aus und legt sie neben sich auf die Bank. Nahe der blühenden Rosensträuche.
"Mom ist in einem schlechten Zustand. Sie ist krank vor Sorge und kann den Verrat von Dalia immernoch nicht richtig verarbeiten. Wie denn auch? Ihre eigene Schwester, mit der sie aufgewachsen ist, wollte ihre Kinder tot sehen. Sowas ist verstörend. Selbst für eine erwachsene Frau wie sie.", erklärt Deanna bedrückt. Jeanette klimpert mit den Augen und denkt nach.
Sofort streicht sich Deanna durch's Gesicht.
"Als ich zurück nach Nighthowl Bay kam, wollte ich Cel helfen. Sie war zu Unrecht im Gefängnis und ich dachte ich würde sie nie wieder außerhalb dieser Zelle sehen. Ich habe meinen Freund in Boston zurückgelassen, weil ich hier bleiben musste. In dem Moment als ich von den Folgen erfuhr, die Cels Liebe zu Sandrine hatte, wusste ich wie gefährlich es ist. Liebe. Liebe ist und war schon immer eine gefährliche Waffe, doch nur die wenigstens wissen wie man sie richtig einsetzt.", murmelt Deanna tieftraurig und dreht ihren Kopf zu Jean.
"Mit Mom war es nie einfach. Toni war keine gute Mutter. Sie ließ Cel wegsperren und belog sie, nur weil sie nicht das Blut ihrer Tochter an ihren Händen haben wollte. Cecille wollte ihr Leben lang nur eins. Sterben. Und jetzt nimmt sie anderen Menschen das Leben. Und um ehrlich zu sein habe ich keine Ahnung was als nächstes passiert. Und ich denke du solltest aufpassen was du für Cel fühlst. Sie ist gefährlicher denn je.", warnt Deanna die Freundin der Familie besorgt.

"Ich weiß nicht was zwischen mir und Cel ist, oder war. Wir waren ewig lang Freunde. Ich kannte sie vor Sandrine, vor Gabriel, einfach vor allen die sie jetzt kennen. Und irgendwann als die Stadt drohte zu zerbrechen, entwickelte sich mehr. Aber ich will ehrlich sein, obwohl sie mir Jason genommen hat, waren meine Gefühle für Chrysalis echt. Und aus diesem Grund verstehe ich nicht was zwischen mir und Cel ist.", versucht Jean Deanna klar zu machen.
Sie richtet sich auf und sofort hebt Jean ihren Kopf. Deanna greift nach ihrer Brille und lässt die Sonne in den Brillengläsern reflektieren.
"Jean. Was ist Liebe für dich?", fragt Deanna sie ernst.

Jeanette hält inne und starrt nachdenklich auf das blaue Meer.
"Liebe ist wunderbar, aber zerstörerisch zugleich. Liebe lässt dich fühlen, als wärst du der König der Welt und an den schlechtesten Momenten, als wärst du der schlimmste Mensch den es je gab. Liebe ist, wenn du die Person siehst und dieses unbeschreibliche Gefühl in dir hast und am liebsten nie wieder aus diesem Moment verschwinden willst. Liebe ist, wenn du die Person vermisst, obwohl sie nicht einmal weg ist und einfach alles opfern würdest um die Person glücklich zu machen. Dieses Gefühl in deinem Herzen, tiefer als der Ozean und weiter als der Himmel, dein ganz eigenes Licht in einem Meer aus Dunkelheit.", beantwortet Jean die Frage und bekommt Tränen in den Augen.
"Und jede Sekunde, in der ich dir das erklärt habe, denke ich an diese eine Person. Diese eine Person welche nicht aus meinem Kopf verschwindet und einfach immer da ist. Und wenn ich sie verliere...dann werde ich wahrlich zu Asche zerfallen...", ergänzt Jeanette und lächelt breit, während ihr die Tränen das Gesicht hinunter laufen.
Deanna umarmt Jean und die beiden werden vom warmen Licht der Sonne verschlungen.

NIGHTHOWL BAY - HerzfinsternisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt