Kapitel 29

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Die nächsten zwei Wochen vergingen kriechend langsam. In mir herrschte eine ständige Unruhe und ich war nervös.

Amun hatte sein Wort nicht gehalten, denn ich hatte ihn kein einziges Mal getroffen. Mich selbst machte das unfassbar wütend, was es niemals sollte. Denn eigentlich war es genau das, was ich wollte. Dieser Mann sollte mir fernbleiben und so tun als wäre ich nicht existent.

Nur leider störte es mich sehr wohl.

Meine Zeit verbrachte ich mit Gwen, die den König totschwieg. Sie verlor kein einziges Wort über ihn. Da war doch was faul.

Wollten sie mich provozieren, dass ich diesen Mann freiwillig aufsuchte?

Zumindest war das mein aktueller Gedanke. Allerdings wäre es genauso möglich, dass er nach einer anderen Königin Ausschau hielt. Jemanden der tatsächlich für diesen Platz geeignet war.

Ich musste zwanghaft unterdrücken nach ihm zu fragen oder ihn überhaupt als Thema anzusprechen. In mir herrschte ein ständiger Kampf.

Man hatte mich auf Entzug gesetzt und das ohne Reue.

Wie hielt der Werwolf das aus? Wenn sogar ich am Rad abdrehte, nur gab ich das kein bisschen zu. Meist leugnete ich das vor mir selbst.

Meine Strategie war, des öfteren das Zimmer zu verlassen. Vielleicht lief Amun mir irgendwann über den Weg. Bis jetzt hatte diese Strategie nie geklappt, dennoch versuchte ich es weiterhin.

Ich spazierte mit Gwen durch den Garten und sie laberte ununterbrochen. Ich schaffte es keine Sekunde mich zu konzentrieren, weshalb ich ihre Worte kaum verstand, dafür war ich zu abwesend.

Allerdings lenkten mich im Garten die Pflanzen genauso ab. Taran hatte das entwickeln meines Elements genannt und es entsprach der Wahrheit, denn ich hatte dieses Element jeden Tag mehr gespürt.

An der Stelle wäre interessant zu wissen, wie ich ohne das Jägerkraut in meinem Blut wäre. Ich wollte unbedingt wissen wie sich das anfühlte, wenn nichts unterdrückt wurde.

Gwen und ich gingen den Weg entlang und die meisten Pflanzen waren zufrieden und glücklich. Aber da gab es eine schlechtgelaunte Ausnahme und das stellte ich jedes Mal fest, wenn wir daran vorbei kamen.

Da waren sie, die Rosen.

Ihre übliche Überheblichkeit war zu spüren und die Dinger waren unmögliche Zicken.

Heute wagte ich den Versuch und kniete mich vor ihnen nieder. Vielleicht hatten sie doch ein Problem, aber als ich letztens Kontakt mit den Stiefmütterchen, eins weiter links, pflegte bekam ich negative Stimmungen als ich die Rosen ansprach. Offensichtlich waren diese Pflanzen allgemein bissig.

Ich konzentrierte mich auf die Blumen und wurde tatsächlich fündig. Ich mag kein Profi sein, aber etwas bekam ihnen nicht ganz.

Da ich sie als Diven bezeichnete, traute ich ihnen zu, dass es der pH-Wert des Wassers war, der ihnen nicht bekam.

Gwen kniete sich neben mich und ich drehte meinen Kopf zu ihr. "Könntest du den Gärtnern Bescheid geben, dass mit den Rosen etwas nicht in Ordnung ist?" Sie sah überrascht aus, aber nickte. "Ja klar."

Also widmete ich mich den Blumen und sagte leise: "Bald ist alles in Ordnung." Von den Rosen kam eine etwas zickige Reaktion oder Schwingung. Genervt antwortete ich:„Hey, ich habe euch geholfen. Kein Grund so zickig zu sein. Was kann ich dafür, wenn niemanden euer schlechter Zustand aufgefallen ist?"

Diese Biester, immer schlechte Laune oder Stimmungen. Das man es ihnen nie recht machen konnte. Ihre Antwort darauf wurde nicht besser.

Ich stand auf und sagte: „Dann wundert ihr euch, warum euch niemand mag? Mit dem Verhalten ist das kein Wunder." Ich ging weiter und seufzte.

Sie waren die schwierigsten Pflanzen, wie ich das bis jetzt beurteilen konnte.

Gwen schloss mit mir auf und meinte: "Und ich hab mich schon gewundert, wann du zugibst ein anderes Element zu beherrschen."

"Gib den Rosen die Schuld. Ich denke mir seit zwei Wochen, wie fies sie sind."

Ich sah zu ihr und ich erkannte in ihren Augen das die Neugier erweckt war. Es war verständlich, aber für mich war dieses Thema genauso Neuland. Wobei ich deutlich mehr wusste als sie.

"Wie ist das? Und ja, ich halte meinen Mund vor den anderen." Es erstaunte mich, aber das Angebot nahm ich auf jeden Fall an. Gwen musste nicht rumposaunen, was sich neuerdings bei mir entwickelt hatte.

"Elementträger der Erde sind sehr verbunden mit der Natur. Sie hat etwas Beruhigendes und die meisten von den Pflanzen sind freundlich." Deshalb musste ich lächeln, denn es war ein schöner Gedanke.

"Sie haben Charaktere? Unterhalten sie sich richtig mit dir?"

Kurz musste ich darüber nachdenken und die Zeit gab sie mir. Es war schwer die richtigen Worte  dafür zu finden.

Schließlich antwortete ich: "Nein, sie verwenden keine richtigen Worte. Deshalb können auch nur die Elementträger sie verstehen. Es ist schwierig zu erklären. Aber wir können mit ihnen kommunizieren, ihre Aussagen deuten. Ich spüre es, wenn eine krank ist oder sie etwas belastet. Und sie lieben es, wenn man ihnen Aufmerksamkeit schenkt und mit ihnen spricht. Das fördert ihren Wachstum und verlängert die Lebensdauer. Das gilt doch auch für uns, da sind uns die Pflanzen ähnlich."

"Das ist faszinierend." Ihre Augen leuchteten praktisch, also war sie von diesem Thema wirklich begeistert. Wenn ich ihr damit eine Freude machte dann bitte.

Gwen sagte nachdenklich: "Du hast gemeint, dass du schon immer ein Fan von deinem Garten oder allgemein der Natur warst. Vielleicht lag es unter anderem daran. Dieses Element hat vermutlich die ganze Zeit in dir geschlummert."

Ich zuckte mit den Schultern, denn das konnte niemand beurteilen. Ich hatte keine Ahnung davon und war teilweise selbst überfordert.

Ich fuhr anders fort: "Zumindest habe ich einige Freunde gefunden und habe nicht nur dich an meiner Seite."

"Das ist wirklich schön, trotzdem hoffe ich, dass du mit mir lieber Zeit verbringst." Ich sah sie empört an und antwortete: "Natürlich. Mit dir kann ich mich richtig unterhalten, außerdem erlebst du was. Sonderlich spannend ist das Leben einer Pflanze nicht."

Das konnte man allgemein schlecht vergleichen. Dennoch waren sie besser als nichts und es machte Spaß.

Eigentlich sollte ich das offiziell öffentlich machen, dann konnte ich diese neue Gabe viel mehr ausleben. Das täte vermutlich meinem Seelenwohl gut und die Pflanzen würden sich auch freuen.

The Werewolf King & The Huntress | ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt