Kapitel 81

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Plötzlich hörte man laute Rufe unserer Feinde, die einander den Rückzug bekanntgaben. Sie sahen wohl keinen Sinn mehr in diesem Kampf. Leider hatte ich den Überblick längst verloren, aber scheinbar waren wir im Vorteil, weshalb die Jäger aufgaben, zumindest für heute. 

Zoran und ich hielten inne, denn sie zogen sich alle zurück. Wenn wir nicht angegriffen wurden, dann würden wir das genauso wenig. 

Die Erleichterung durchflutete mich und ich spürte erst jetzt richtig, wie sehr ich mich verausgabt hatte. Es war mir zwar bewusst gewesen, nur nicht derart. Ich fiel auf die Knie und war unglaublich erschöpft. Zoran gesellte sich direkt neben mich und tat dasselbe, wir hatten beide viel gegeben. 

Das war ein heftiger Kampf gewesen. 

Leicht lächelnd sah ich zu ihm hinüber und es wurde sofort erwidert. Ich konnte es schlecht in Worte fassen wie sehr ich diesen Mann vermisst hatte. Endlich hatten wir einander wieder. Alleine sein Gesicht zu sehen war für mich eine große Freude. Diese braunen, vertrauten Augen wirkten erschöpft, dennoch trugen sie noch Wärme in sich. 

Wie man ihn kannte, zwinkerte er mir zu und meinte: "Hammer Vorstellung, die haben wir fertig gemacht." Ich nickte und brachte irgendwie hervor: "Oh ja." 

Das Werwolfsgeheul begann, womit sie vermutlich den Sieg dieser Schlacht feierten, eher offiziell bekannt gaben.

"Hi, ihr zwei." 

Unsere Blicke schnellten in die Richtung, aus welcher die Stimme gekommen war. Pablo war selbst außer Atem und stellte sich vor uns hin. Es war mühsam, aber ich stand wieder auf, denn noch war es nicht vollständig geschafft. 

Zoran grummelte und sein Dad reichte ihm seine Hand, um ihm aufzuhelfen, was dieser gerne annahm. Währenddessen sah ich von einem zum anderen und sagte: "Danke. Tausend Dank an euch beide. Ihr habt mir mein Leben gerettet und ich bin überglücklich, dass ihr stets auf meiner Seite seid." 

Pablo war freundlich genug, es gleich zu erklären: "Erst heute gab es die Möglichkeit dir beizustehen. Ansonsten wären wir nie an dich rangekommen, um dich darüber zu informieren." Ja, da hatte er einen guten Punkt. Ich selbst war auch erst seit kurzem aus der Gefangenschaft, weil es eine Weile gedauert hatte, bis ich mich meinem Mate gegenüber erwärmt hatte. 

Tja, sofern sie blieben, hätten wir genug Zeit um über all das zu sprechen. 

Amun kam neben mir zum Vorschein und das ließ mich unwillkürlich lächeln. Er stupste mich mit seiner Schnauze an, woraufhin ich antwortete: "Es ist alles gut. Keine Sorge. Wie geht es dir?"

Über den Mindlink bekam ich die Antwort: "Bei mir ist auch alles in Ordnung. Was ist mit deinem Rücken?" Stimmt, er spürte meine Schmerzen oder Verletzungen. Ich tat es mit einer Handbewegung ab und erklärte: "Die Heilung hat längst begonnen und ich spüre es kaum. Das kann man gerade mal als Kratzer bezeichnen." 

Pablo räusperte sich, wodurch er unsere Aufmerksamkeit bekam. Er sah von Amun zu mir, als er fragte: "Kommen wir in den Kerker oder wie geht das weiter?" Mein maßlos entsetzter Blick war gerechtfertigt, denn dieser Gedanke war der pure Unsinn. 

"Nein, ihr kommt doch nicht in den Knast. Bist du übergeschnappt?" Mit hoher Wahrscheinlichkeit hatte er einen Schlag zu viel abbekommen, was ihn auf diese Idee brachte. 

Amun hörte ich wieder im Mindlink sagen: "Davina, wir haben einiges zu besprechen, bis dahin wäre ich dir dankbar, wenn du all den Jägern fernbleibst, die sich uns heute angeschlossen haben."

All den Jägern?

Also gab es mehrere, welche die Seiten gewechselt hatten. Dieser Aussage nach hielt Amun einen Hinterhalt für wahrscheinlich. Es war durchaus eine Option, dennoch lebensgefährlich. Wenn man sich in feindliches Gebiet begab und einen Mord an der Königin begann, war das genauso Selbstmord. 

Nur könnte ich das niemals Zoran oder seinem Dad zutrauen. Die beiden hielten wirklich zu mir, alleine diese Gesichtsausdrücke teilten einem das mit. Keiner von ihnen hatte gezögert mir zu helfen, dabei hätten sie die Möglichkeit gehabt mich umzubringen. 

Mein Mate hatte Glück, dass mir eine Diskussion zu mühsam war, dafür fehlte mir die Kraft. Deshalb antwortete ich über den Link: "In Ordnung. Eine Bitte habe ich, wirf niemanden in den Kerker. Beobachtung und Bewachung ist voll ok, nur bitte kein Gefängnis, wenn man sich uns schon freiwillig anschließt." 

An der Stelle konnte ich nur hoffen, dass er dem zustimmte. Am Ende war er der König mit der Erfahrung und ihm gehörte das Rudel. Ich galt erst seit kurzem als Luna, da würde man wohl kaum meinem Wort mehr Gehorch schenken.

Mein Mate seufzte und antwortete: "Keine Sorge. Ich hatte es vor, immerhin wollen sie angeblich auf unserer Seite stehen. Deshalb sollten wir sie gut behandeln, ansonsten ändern sie ihre Meinung."

Perfekt, dann waren wir uns einig und niemand müsste die Folter des eingesperrten Daseins verkraften. Ich sah nun zu ihm hinüber, um mich zu vergewissern, ob er das ernst meinte.

Hm, ich würde auf seine Worte vertrauen.

Er fuhr fort: "Trotzdem werden stets Rudelmitglieder in der Nähe sein. Ich kann sie nicht unbeobachtet lassen, denn das wäre viel zu riskant. Vertrauen mag gut sein, aber Kontrolle ist besser."  

"Verständlich, die Jäger können das sicherlich genauso nachvollziehen. Es ist eine schwierige Zeit und eine vollkommen neue Lage."

Nun widmete ich mich wieder Zoran und Pablo, während ich erzählte: "Jeder von euch kann bei uns bleiben und niemand kommt ins Gefängnis, sofern er wirklich gut gesinnt ist. Amun hat mir das gerade bestätigt."

Beide nickten und sie bedankten sich sogar bei uns. Da machten sich ihre guten Manieren bemerkbar.

Wobei mein bester Freund anschließend murmelte: "Das Vieh sieht derart gruselig aus." Ein Lachen meinerseits musste an dieser Stelle sein, aber er hatte auf jeden Fall recht. Mein Mate war wie aus einer Horrorgeschichte.

Es dürfte ihm zwar klar sein, jedoch hörte man es meist dennoch gerne ausgesprochen. "Er wird dir nichts tun, solange du ihm und unserem Rudel gegenüber freundlich bist. Darüber musst du dir keine Sorgen machen."

Amun beendete diese Unterhaltung in dem er zu mir sagte: "Wir sollten aufbrechen und den Nachhauseweg antreten. Es gibt noch viel zu tun." Danach legte er seinen Kopf in den Nacken und gab ein lautes Heulen von sich. Vermutlich teilte er damit allen mit, dass wir den Rückweg antreten würden. Vielleicht war es auch ein Dank für die gewonnene Schlacht oder beides.

Mit einem Seufzen und schweren Herzen wandte ich mich an Zoran und Pablo. Nun musste ich mich von den beiden verabschieden und meinem Job nachgehen.

The Werewolf King & The Huntress | ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt