Kapitel 46

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"Mit wem habe ich das Vergnügen?" Das war meine Frage an meinen Mate während ich mich auf meinen üblichen Platz am Esstisch setzte.

Gwen hatte mich abgeholt und mit meinem allgemein bekannten Gefühlschaos hatte ich mich hierher begeben. Wenn man die Lage betrachtete konnte es nur ein tolles Frühstück werden.

Statt mir eine vernünftige Antwort zu geben sagte er: "Das mit Amar gestern tut mir leid. Ich hatte ihn bis jetzt gut im Griff. Allerdings haben wir uns eine Weile nicht gesehen und das Band wird stets stärker. So konnte er gestern die Überhand gewinnen."

Ja, das hatte ich hautnah miterlebt und wir hätten geklärt, dass mir Amun sympathischer war. Sein Wolf war eine interessante Persönlichkeit.

Dennoch hatte dieses Thema meine Neugier geweckt, da gab es einige Dinge, die ich gerne wissen würde.

Wenigsten saß ein Werwolf direkt an einem Tisch mit mir. Mit dem konnte man gut darüber reden.

"Ok, was hältst du von einer Fragerunde?" Er nickte, was mich freute. Ich wartete keine weitere Sekunde ab und fing an: "Wie ist das so? Es muss eigenartig sein, wenn man eine andere Partei in seinem Kopf hat."

"Nein, für uns ist das normal. Außerdem freundet man sich mit seinem Wolf an und ist wie ein Team. Klar, es gibt Streits, allerdings sind diese selten."

Vermutlich waren zickige Mates von dem Einklang mit seinem Wolf ausgeschlossen, wenn man die gestrige Laune von Amar bedachte.

"Wie ist das mit Mates? Amar schien gestern außer sich zu sein." Er seufzte und erklärte: "Wölfe sind..." Amun hielt inne und wurde nachdenklich. Vermutlich überlegte er an einer freundlichen Umschreibung, was nie ein gutes Zeichen war.

"Amun, ich hätte gerne die Wahrheit und keine Verschönerung der Tatsachen."

"Ja, ich weiß. Ein Wolf ist im Grunde besessen von seiner Mate und will sie sofort markieren. Nur habe ich Amar besänftigt mit dem Argument, dass ein freiwilliges vervollständigen eines Bündnisses viel tiefer ist, was auch sein Wunsch ist. Außerdem wäre der andere Fall sehr unfair dir gegenüber und vieles nur niemals in Ordnung."

Wie nett, dass er an mich dachte und seinen Wolf an die Leine legte. Diese Wesen waren wirklich seltsam.

Er musterte mich und versuchte wohl meinem Gesicht etwas abzulesen. "Wie sauer bist du, weil ich lange nichts gesagt habe?"

Die Frage war berechtigt und ich konnte sie verstehen. Diesmal war ich diejenigen, die seufzte.

"Ich kann dein Schweigen nachvollziehen. Man sollte dem anderen Verständnis entgegen bringen, trotzdem wäre eine Vorwarnung nett gewesen. Das gestern war zu Beginn sehr verwirrend für mich."

Das konnte er sich zwar denken, nur hatte ich das aussprechen wollen. Man könnte feinfühliger damit umgehen. Vor allem, weil ich als Jägerin null Plan davon hatte. Zumindest eine kleine Anmerkung in diese Richtung wäre toll gewesen.

Nicht mal Gwen hatte je einen inneren Wolf erwähnt, wobei sie diese Anweisung vermutlich vom König erhalten hatte und dagegen konnte sie wenig tun.

"Hast du noch weitere Fragen?"

Theoretisch hätten wir das Frühstück vor uns, aber wir waren uns scheinbar beide einig, dass das aktuelle Gespräch wichtiger war. Ich könnte auch nichts essen, wenn mich die Neugier derart plagte.

"Wie ist das in deiner Wolfsform? Hat er es dann leichter dich zu dominieren?" Das wäre eine logische Schlussfolgerung, aber man fragte lieber nach, um es ganz genau zu wissen.

"Nein, die Chancen, dass er das Steuer an sich reißt sind in beiden Fällen gleich hoch."

Das war beruhigend, dann konnte ich ihn als Wolf sehen, was mich sowieso brennend interessierte.

"Ich würde dich wirklich gerne als Plüschtier sehen." Diese Beschreibung hatte sein müssen, sie war wie ein innerer Zwang gewesen.

Amun musste lächeln, was mich ein bisschen wunderte. Bei dieser Wortwahl hätte ich eher mit einem genervten Blick gerechnet.

"Das können wir gerne machen. Entweder gehen wir in den Garten oder in den angrenzenden Wald. Diese Entscheidung überlasse ich dir."

Oh, tausendmal der Wald, dann wäre ich wenigstens für kurze Zeit von diesem Grundstück. Das brauchte ich mal und ich liebte die Natur.

"Ich bin für den Wald." Da er mir die Wahl ließ, war das damit geklärt und besiegelt. Es freute mich, dass er das überhaupt angeboten hatte.

"In Ordnung. Ich habe mir diesen Tag freigenommen. Das könnten wir gleich heute machen."

Oh, das hörte man gerne, weshalb ich mein Lächeln kein bisschen unterdrücken konnte. Der Pluspunkt war Zeit mit ihm zu verbringen. Ich konnte tun, was ich wollte, aber ich hatten ihn vermisst.

"Perfekt. Nach dem Frühstück? Oder wäre dir später lieber?" Man konnte erkennen, dass es ihn glücklich stimmte, wenn ich freudig dabei war.

Aber wer wäre nicht neugierig?

Das wäre das erste Mal in meinem Leben, dass ich einen Werwolf genauer betrachten konnte, weil er mir gegenüber freundlich gesinnt war.

"Ja, gerne nach dem Frühstück."

Ich widmete mich dem Teller vor mir, allerdings würde ich keinen Bissen hinunter bekommen, da ich zu aufgeregt war. Trotzdem versuchte ich das zu überspielen, denn ich wollte nicht zu viel Preis geben.

Amun schien das Problem zu verstehen, denn er fragte: "Du wirst nichts essen, oder?" Scheinbar war ich sehr viel einfacher zu durchschauen als gedacht. Ich sollte an meinen Schauspielkünsten arbeiten.

Ich zuckte mit den Schultern und antwortete: "Möglicherweise."

Amun stand erstaunlicherweise auf, weshalb ich fragend zu ihm sah. Er konnte gerne zuerst Frühstücken, denn das könnte ich abwarten. Ich war kein Unmensch und würde auf einen sofortigen Aufbruch bestehen.

"Lass uns gehen. Ein Spaziergang im Wald wird uns beiden gut tun. Außerdem dürfte der Wald ein guter Ort sein, damit du dich mit deinem neuen Element vertrauter machen kannst."

Ok, wenn er darauf bestand, dann sollte ich mitspielen, weshalb ich genauso aufstand.

"Geht klar."

Wir gingen beide los und ich konnte es nicht lassen zu ihm hinüber zu sehen. Da Amun geradeaus blickte, konnte ich ihn in Ruhe anschmachten.

Dieser Mann war atemberaubend. Seine Macht strahlte er aus und diese kantigen Gesichtszüge machten ihn derart männlich. Eigentlich war das alles an ihm, man konnte keinen Makel finden, egal wie lange man danach suchte.

Bei der Tür angekommen, hielt er mir diese auf und ich nickte ihm als dank zu. Was für ein Gentleman er doch sein konnte.

Verdammter Schleimer.

Amun wickelte mich viel zu gerne um seinen Finger, obwohl ich das wusste, zog es jedes Mal.

The Werewolf King & The Huntress | ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt