Kapitel 20

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Die Nacht hatte ich kaum geschlafen. Meine eigenen Gedanken folterten mich und ich überlegte zwanghaft, wie zur Hölle ich das mit der Ablehnung anstellen sollte. Dafür gab es einen Text und den musste man aufsagen, ohne unterbrochen zu werden. Keine Ahnung, wie ich das schaffen sollte, sofern Amun selbst das nicht wollte.

Den Tag hatte ich mit Gwen verbracht. Ich hatte eine Führung im Palast bekommen, was eine halbe Ewigkeit gedauert hatte. Dieses Gebäude war riesig. So hatten wir die Zeit gut tot geschlagen und nebenbei gequatscht.

Ich kam gerade aus meinem Badezimmer, nach einer herrlichen Dusche. Danach ging es einem wesentlich besser und ich fühlte mich richtig frisch. Der perfekte Abschluss für diesen Tag.

Gwen wartete in meinem Zimmer auf mich und irgendwie hatte ich mit ihrer Anwesenheit gerechnet. Deshalb war ich nicht mal erschrocken und sagte freundlich: "Hey Gwen." Sie grinste breit und antwortete: "Hi Davina. Hast du Hunger?"

Ich mag nichts zu Abend gegessen haben, aber ich wollte in der Sicherheit meines Zimmers bleiben. Dort hatte ich am ehesten meine Ruhe.

Ich tat es mit einer Handbewegung ab und ging in Richtung meines Bettes. Nicht mit Gwen, denn sie antwortete: „Eigentlich hast du keine Wahl, denn der König ist wieder hier und erwartet dich zum Essen."

In mir gefror alles, weshalb ich zwangsläufig stehen blieb und einen Moment starrte ich sie an.

Gwen mag gestern gemeint haben, dass er heute nach Hause kam. Allerdings hatte ich mittlerweile den Gedanken verworfen, dass ich dem Monster heute noch gegenüber stehen musste. Es war auch schon spät, nur hatte ich mich geirrt und der Herr war wieder im Haus.

Gestern hatte er vermutlich Tod und Verderben über den Planeten gebracht. Ich hatte nicht genauer nachgefragt, denn der Werwolf widerte mich an.

Trotzdem machte etwas in mir Luftsprünge, bald würde ich Amun treffen. Diesen Teil in mir hasste ich und das abgrundtief.

Schließlich hatte ich mich gefangen, verschränkte meine Arme und antwortete bestimmend: "Nein, ich habe keine Lust auf ein Abendessen." Mit der Wahrheit kam man am besten weiter, außerdem sollte klar gestellt sein wie unbedingt ich auf meinem Zimmer bleiben wollte.

Gwen seufzte und sagte sanft: "Mach es dir leicht und geh ins Esszimmer. Der König meinte bereits, dass er ansonsten herkommt und dich nach unten trägt."

Wie nett, also musste ich nach seiner Pfeife tanzen. Um wenigstens das Gefühl einer freiwilligen Entscheidung zu haben, würde ich mitspielen.

Ich ging kommentarlos in meinen Kleiderschrank und Gwen folgte mir. Sie fragte nebenbei: "Wie wäre es mit einem Kleid? Das wäre hübsch und passend." Die Frau hatte nicht mehr alle Tassen im Schrank. Ich wandte mich an sie und sah Gwen verständnislos an. "Bitte was? Sei dankbar, wenn ich mir keine Jogginghose anziehe, denn es interessiert mich kein bisschen was Amun über mich denkt."

Was für eine Lüge. Ich drehte mit mir selbst durch, da ich einen inneren Kampf hatte. So als hätte ich zwei Persönlichkeiten.

Ich sah die Klamotten durch und Gwen fing an: "Wie wäre es mit..." Ich ließ sie gar nicht erst aussprechen und unterbrach sie: "Nein." Sie würde nur etwas Schönes aussuchen. Selbstverständlich folgte ein Seufzen als Antwort.

Ich durchwühlte praktisch den Schrank und überlegte zwanghaft, was am besten wäre. Es sollte etwas Normales sein und unter keinen Umständen zu hübsch.

Am Ende entschied ich mich für eine Jeans und ein Top dazu. Wie man mich kannte war beides in schwarz.

Überraschenderweise war Gwen still geblieben und hatte mir die Wahl überlassen. Scheinbar hatte sie erkannt, wie aussichtslos eine Diskussion war.

Gerade als ich ins Schlafzimmer zurück ging, fragte sie: "Darf ich dir deine Haare machen?" Ich blieb stehen, musterte sie genervt und hob eine Augenbraue. "Nein, die bleiben einfach offen. Für die Tatsache, dass ich sie als Vogelnest hochbinden könnte, ist das eine umwerfende Frisur." Sie hob die Hände als wäre sie unschuldig und damit war alles geklärt.

Sie deutete zur Tür und schenkte mir ein entschuldigendes Lächeln. "Dann gehen wir besser." Ich verkniff mir einen dummen Kommentar, denn Gwen konnte nichts dafür und machte einfach nur ihren Job. An ihr sollte ich meinen Unmut nie auslassen.

Gemeinsam verließen wir das Zimmer und wie immer standen zwei menschliche Wachen vor der Tür. Die Werwölfe ließ man sehr ungern in meine Nähe.

Warum nur?

Schweigend gingen wir zur Treppe und diese hinunter. Der Weg war mir mittlerweile bekannt und mit jedem Schritt erhöhte sich mein Herzschlag. Ich konnte selbst nicht zu ordnen, ob das positive oder negative Gründe hatte.

Keine von uns sagte ein Wort und das war mir recht. Aktuell brauchte ich diese Stille, um mich selbst zu beruhigen.

Schon kamen wir bei der gewünschten Tür an, welche in meine persönliche Hölle führte. Gwen öffnete mir diese und ich versuchte keinen Nervenzusammenbruch zu erleiden. Innerlich sprach ich mir gut zu, dass ich das schaffte und überlebte.

Sie nickte mir zu und sagte: „Schönen Abend noch, wir sehen uns morgen." Ich nickte genauso und schenkte ihr sogar ein Lächeln. „Danke, dir auch. Bis morgen, Gwen."

Kaum betrat ich den Raum, erstarb mein Lächeln und ich setzte eine eiskalte Miene auf. Ich spürte bereits die Anwesenheit von Amun, dank dem Band.

Als ich ihn erblickte, machte mein Herz einen Satz und diese goldenen Augen sahen gleich in die meinen.

„Hallo Davina."

The Werewolf King & The Huntress | ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt