Kapitel 56

3.6K 207 21
                                    

Nein, ich musste mich verhört haben oder es war ein kranker Scherz.

Das Arschloch namens Taran sollte Gwens Mate sein. Das klang hirnrissig und es war fraglich, wie alle das geheim halten hatten können. Taran hatte zwar bereits erwähnt, dass seine Mate menschlich war, aber nie hätte ich mit Gwen gerechnet. Das traf mich wie ein Schlag. 

Dann hatte nicht mal Amun etwas gesagt, dabei wäre das eine durchaus wissenswerte Info. Aber nein, das sah der Herr wohl anders. 

Nein, eher sahen das alle ganz anders. 

Wenigstens hatte Rubin Klarheit in dieses Thema gebracht, sofern es wirklich stimmte, denn das konnte mein Hirn kaum glauben, dafür klangen diese Neuigkeiten zu verrückt.

Mein Blick schnellte zu Gwen, die wir erstarrt stehen geblieben war. Das war eigentlich schon Antwort genug, damit schrie sie einem die Wahrheit praktisch ins Gesicht.

Trotzdem fragte ich etwas zu laut: "Taran ist dein Mate?!" Meine Stimme hatte ich nicht ruhiger halten können und sie drückte meine Überraschung samt Entsetzen sehr gut aus. Manchmal konnte man seine Emotionen schwer verbergen, vor allem, wenn man so eine Bombe vor die Füße geworfen bekam. 

Ich mag mit ihm nicht klarkommen, aber das sie nie auch nur irgendwas in die Richtung gesagt hatte war schon seltsam.

Und es verletzte mich unter anderem, dass sie mir das verschwiegen hatte. So sehr ich am Anfang Werwölfe gehasst hatte, aber einer Freundin erzählte man so etwas doch irgendwann.

Rubin sagte ganz leise: "Oh, das wusstest du nicht." Das hatte sie korrekt erkannt, was offensichtlich war bei meiner Reaktion, die von Gwen nicht zu vergessen.

In diesem Moment war mir das zu viel, vor allem, weil ich mit Gwen am besten befreundet war. Es war ein kleiner Stich ins Herz und fühlte sich nach dieser Bombe, wie ein kleiner Verrat an. Vielleicht reagierte ich über, aber ich musste hier raus.

Ich stand auf und sagte: "Mädels, wir sehen uns morgen." Mit diesen Worten ging ich los und Gwen blieb noch immer still. Scheinbar hatte es ihr vollkommen die Sprache verschlagen. Eigentlich hätte ich wenigstens auf ein paar Worte der Erklärung gehofft, nur kam absolut nichts, weshalb es die beste Idee war, wenn ich auf mein Zimmer ging.

Den Raum hatte ich schnell verlassen und ließ die Tür hinter mir offen, damit ich keine unnötige Zeit verschwendete.

Ich eilte den Gang entlang und dieser Tag wurde einfach nicht besser.

Die Treppe rannte ich nach oben, denn die Sicherheit meines Zimmers rief sehr laut nach mir. Dort konnte ich in Ruhe darüber nachdenken. 

Dank meinem Stress hatte ich die Stufen schnell geschafft und ignorierte gekonnt meine Umgebung, denn ansonsten war mir soeben ziemlich alles vollkommen egal. 

Die restlichen Meter im ersten Stock lief ich zu meiner Zimmertür. Umso schneller, desto besser war ganz mein Motto. 

Als ich vor der Tür ankam, riss ich diese mit Schwung auf und verschwand schnell in diesem Raum. Es war beinahe geschafft, um alleine in einem sicheren Nest zu sein.

In meinem Zimmer angekommen, warf ich hinter mir achtlos die Tür zu. Ich ließ mich auf den Boden sinken und musste erstmal darüber nachdenken.

Da war mir etwas Großes verschwiegen worden. 

Ich versuchte all das in meinem Kopf durchzugehen und es genauso aus ihrer Perspektive zu betrachten. Man sollte die Gefühle oder Handlungen der anderen versuchen zu verstehen.

Ein Fazit bekam man dadurch viel besser hin, wenn man alle Seiten bedachte.

Eigentlich konnte ich es ihr nicht verübeln. Als ich hierhergekommen war, hatte ich Werwölfe nur Monster genannt und von Taran war ich nie begeistert gewesen. 

Im Grunde war ich ihr Boss und sie wollte ihren Job ungern verlieren. Darauf hätte ich sicher bestehen können und mich weigern, mit Gwen zu sprechen. Das wäre kein Problem gewesen.

So ungern ich es zugab, ich konnte ihr das kaum verübeln. An ihrer Stelle hätte ich vermutlich gleich gehandelt. Dennoch tat der aktuelle Abstand gut.

Eine Nacht würde ich darüber schlafen und morgen sah es bestimmt besser aus. An dieser Hoffnung hielt ich mich fest, die mit hoher Wahrscheinlichkeit eintreffen dürfte.

Keine Ahnung, wie lang ich so dasaß. Ich hing meinen Gedanken nach und hatte kein Zeitgefühl mehr. Ich sah nicht mal etwas Bestimmtes an, sondern war ganz versunken in meiner eigenen Welt.

Erst ein Klopfen an der Tür holte mich grausam und abrupt in die Realität, weshalb ich vor Schreck zusammen zuckte. Beinahe hätte ich aufgeschrien, aber konnte es halten.

Ich stand seufzend auf, denn diesem Gast würde ich mich stellen. Ich hatte bereits eine Vermutung und dieses Gespräch wollte ich führen. 

Ich drehte mich um und war somit direkt vor der Tür, welche ich öffnete.

Natürlich war es Gwen und sie sah mich ziemlich schuldig an. Vermutlich könnte ich das genauso tun, da ich derart schnell abgehauen war.

Seufzend fing ich an: „Ich kann dich verstehen. Es fühlt sich trotzdem wie Verrat an, da du mir nichts gesagt hast. Am Anfang war es klar, da hätte ich nicht anders gehandelt, aber mittlerweile sind wir gute Freundinnen."

Das würde wohl jeden verletzen, wir waren Freundinnen. Dann erwähnte sie mit keinem Ton wer genau ihr Mate war.

Gwen sah mich flehend an, während sie sagte: "Davina, es tut mir leid. Mir tut das wirklich sehr leid." 

Wow, da kam sofort zweimal eine Entschuldigung hintereinander. Allerdings hatte sie sehr schnell gesprochen, vermutlich hatte sie die Sorge gehabt, dass ich sie unterbrach.

„Ich hatte Angst, dass du mich dann auch verabscheust. Mir ist bekannt, dass Taran und du eure Problemchen habt. Aber wir sind beste Freundinnen und am Anfang hielt ich schweigen für vernünftig. Nur wusste ich später nicht mehr, wie ich dir das erklären sollte."

Ja, das waren genau die Schlüsse, die ich mittlerweile selbst gezogen hatte oder gedacht.

"Gwen, verabscheuen ist das falsche Wort." Trotzdem war er mir unsympathisch, aber verabscheuen fand ich zu hart. Taran und ich hatten nämlich durchaus unsere guten Momente. Sie mochten selten sein, aber sie waren da. 

"Es tut mir leid, Davina."

"Ja, ist gut. Dann hätten wir das geklärt und sehen uns morgen."

Dieser Tag sollte sein Ende finden und ich wollte keine weiteren Unterhaltungen führen. Das hob ich für den morgigen Tag auf.

Gwen nickte verständnisvoll und antwortete noch: "Ok."

Ich machte die Tür zu und ging erst mal unter die Dusche. Das Arschloch von Taran war ihr Mate. Da hatte Amun mir mal wen zugeteilt, ausgerechnet die Mate von dem Mann, der mich erst hierher gebracht hatte. Aber irgendwie machte jetzt so einiges Sinn.

Wenn Amun auf Geschäftsreise war und sie mir von ihm erzählte, das hatte sie von Taran gewusst. Der war also ihre verlässliche Quelle. Das Geheimnis war gelüftet.

Dennoch freute ich mich, dass Gwen mich ihre beste Freundin genannt hatte. Eine weibliche beste Freundin hatte ich noch nie gehabt. Das war ein Fortschritt.

Über die Tatsache, dass Taran ihr Mate war, ja damit würde ich schon noch klarkommen, so irgendwie.

Also war Gwen sicher keine Angestellte, sie hatte das vermutlich noch freiwillig gemacht. Immerhin war sie die Frau vom Zweitplatzierten.

Hm, das waren interessante Neuigkeiten.

The Werewolf King & The Huntress | ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt