126. Abschied

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Abschied

„Wir müssen aufstehen", erklärte Marie. „Speziell du." Sie lagen nebeneinander, so dass sie sich ansehen konnten. Was sie die letzten Minuten auch getan hatten. Einfach anschauen und lächeln.

„Ach echt?" Er grinste.

„Mhm." Marie zwang sich, den Blick abzuwenden, Richtung Fenster, Richtung Decke, wieder zurück. Aber nicht in seine Augen. Irgendwas nahm sie wahr im peripheren Sichtfeld. Ein Funkeln. Unter seinem Kopfkissen. Sie streckte die Hand aus und wischte darunter. An ihrem Zeigefinger klebte ein kleines golden glitzerndes Papierstück. Sie hielt es Felix hin, der irritiert die Stirn runzelte. „Konfetti", sagte sie. „Noch von deiner Siegerehrung." Sie legte es auf der Matratze ab.

„Von vorgestern? Wo kommt dit denn jetzt her?"

„Ist hartnäckig, das Zeug. Vielleicht hattest du's da?" Sie zögerte, griff dann aber behutsam in seine Haare und brachte sie noch ein wenig mehr in Unordnung. Schlimm war das Chaos, das sie anrichtete, nicht. Seine Frisur war gerade wieder mal recht kurz. Marie hatte die Chance vertan, durchzuwuscheln, als die Haare länger und leicht lockig gewesen waren. Auch wenn sie schon damals darüber nachgedacht hatte. Schade. Aber es schien ihn jedenfalls nicht zu stören, wenn sie das machte. Dennoch zog sie die Hand bald wieder zurück, atmete durch und landete wieder in der Falle, als ihr Blick Felix' traf.

„Kann auch morgen fahren", sagte er.

„Nein. Du hast gesagt, dass das dann zu viel Stress ist. Du musst noch packen", erinnerte sie ihn. „In Berlin. Und dann... ab in den Urlaub." Sie lächelte. „Wird sicher schön."

„Mhm", machte er, offenbar nicht ganz so euphorisch. „Aber... ist ja jetzt schon Mittag. Müssen noch frühstücken und ich will die Wohnung nicht in so ner Unordnung hinterlassen. Wollte noch Wäsche waschen hier, zumindest das Bettzeug und so und..."

„Die Wohnung ist doch völlig in Ordnung. Bist sehr ordentlich. Kann es sein, dass du Ausreden suchst, um nicht fahren zu müssen?", vermutete Marie.

Er rutschte ein wenig näher zu ihr. „Kann sein, dass ich lieber bei dir bleiben würde, ja."

Marie biss sich auf die Unterlippe und lächelte dabei. „Ja, verstehe ich. Klingt verlockend. Waren ja auch echt total schön, die letzten Tage. Aber... muss ja auch noch was anderes geben, oder?"

Felix hob seinen Arm und strich Marie über die Wange. „Weiß nicht, meinst du?"

„Na, du fährst in Urlaub. Auf eine Insel, die – vermute ich mal – echt wunderschön ist. Julian kann dir am Strand nen Ball zuwerfen, du kannst wandern und einfach mal richtig ausspannen bei schönem Wetter. Und ich... na ja, ich schau, wie mein Buch ab Dienstag in den Buchläden auftaucht. Und werde dann vielleicht vor lauter Überwältigung in den Westerwald fliehen. Wir haben also beide wichtige und gute Dinge zu tun. Sag mir nicht, dass so ein bisschen Sex einen zehntägigen Urlaub auf einer Mittelmeerinsel ersetzt."

„Äh... doch? Also gut, kommt drauf an, und darf dann nicht nur fünf Minuten dauern. Und wir sollten dann auf jeden Fall das machen, was wir gestern Abend gemacht haben. Wusste nicht, dass es so ne Doggy-Variante gibt. Vielleicht haben wir die erfunden? Hat sich jedenfalls geil angefühlt. Das eben aber auch, also als du so..."

„Hör auf!", unterbrach Marie ihn lachend, rutschte zurück und richtete sich auf. „Ich weiß, was du versuchst. Aber wir stehen jetzt auf. So." Sie schob sich vom Bett runter. Kurz spürte sie Felix' Hand an ihrem Arm, aber er hielt sie nicht wirklich auf. Als sie aufrecht stand, stemmte sie die Hände in die Hüften und schaute ihn an. Er sie auch. Warum schaute er so? Ah, richtig, sie war immer noch nackt. Kopfschüttelnd suchte sie Slip und Schlafshirt und zog sich an. Ohne weiter auf sein Grinsen zu achten, verschwand sie Richtung Bad.

Strange attraction (Felix Lobrecht FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt