138. Nähe

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Nähe

Marie schaute auf die Uhr. Die Stunde war fast rum. Warum war sie nur so hibbelig? Ach ja, klar. Sie schaute auf das Buch auf ihrem Schoß. Kaum fünf Seiten hatte sie geschafft. Immer wieder hatte sie von vorne anfangen müssen. Keine Beruhigungsmaßnahme hatte geholfen. Fuck. Die Fledermäuse schwirrten. Vermutlich waren die total besoffen vor Glück und Vorfreude und... Fuck. Sie fühlte sich ganz zittrig. Es klopfte. An der Tür. Kein Zweifel. Marie zwang sich, langsam zu machen. Aus Angst zu stolpern oder irgendwas Ungeschicktes zu tun. Sie legte das Buch auf den Schreibtisch, ging in den Flur. Julian. Ja, der würde auch da sein. Vermutlich würden sie gleich hochgehen. Sie öffnete die Tür. Felix. Nur er. „Hey!"

„Hey! Na?" Er kam rein, in einer Hand eine große Papiertüte.

Marie schaute an ihm vorbei in den Hausflur. „Wo ist denn...?"

„Dem war mehr nach McDonald's. Und der kann sich um sich selbst kümmern." Er deutete nach oben und ließ die Tür hinter sich ins Schloss fallen.

„Aha." Marie konnte nicht verhindern, dass sie grinste. Sie war erleichtert. Und die Fledermäuse auch.

Felix blieb vor ihr stehen. „Hab Hunger", erklärte er.

„Ja, klar." Marie nahm ihm die Tüte ab. Sein Blick traf sie. Kurz schweifte sie ab, aber dann stellte sie sich ihm. Ruhig atmen. Alles okay. Das hier ist nicht das erste Mal, dass du ihn siehst. Alles gut. Sie schauten sich weiter an. „Ähm... Küche?"

„Mhm. Also... ach so, würde oben noch grade was holen, ja? Bin in einer Minute wieder da, okay?"

„Äh, ja, klar. Ich deck solang schon mal den Tisch." Sie sah wie er nach einem kurzen Nicken die Wohnung wieder verließ. Er ließ die Tür angelehnt. In der Küche stand sie eine Weile einfach da, planlos, die Tüte in der Hand. Ihr Herz schlug deutlich. War er nervös gewesen? War es komisch zwischen ihnen? Nein. Es war einfach schön ihn zu sehen. Sie stellte die Tüte ab, holte Teller aus dem Schrank, platzierte sie auf den Esstisch, legte Besteck dazu. Die Wohnungstür wurde zugedrückt. Das ging schnell.

Wenige Augenblicke später betrat Felix lächelnd die Küche. „So."

Marie grinste ihn an. „So?" Sie bemerkte die Adiletten an seinen Füßen. Vermutlich hatte er die geholt. Oben. Noch hatte er die Wohnung ja. Nein, nicht dran denken, Marie.

„Riecht gut. Hast du noch was im Ofen?"

„Brot. Für morgen."

„Ah. Da is das Koks drin, wa?"

„Genau. Spezialrezept." Sie packte die Tüte auf der Arbeitsplatte aus. Felix stand auf einmal neben ihr. So nah, dass sie ihn nicht nur roch, sondern auch seine Wärme wahrnahm. Die Härchen auf dem ihm zugewandten Arm stellten sich auf, eine Gänsehaut, eine Anspannung, das Gefühl, dass sie nicht mehr ohne seine Nähe sein konnte. Alles gut, Marie. Er ist da. Und ihr wollt essen. „Hm, riecht auch echt lecker." Er musste es hören. Ihr Herz. Und die verdammten Viecher in ihr drin, die flatterten und rumorten.

„Mhm." Er nahm ihr eine der Pappschachteln ab. „Alles perfekt heute Abend."


Marie spülte die zwei Teller und das bisschen Besteck über die Maßen gründlich ab und trocknete alles entgegen ihrer Gewohnheit auch sofort ab. Felix war unter der Dusche. Das gab ihr ein paar Extraminuten, um weiter zu entspannen. Das Essen war ruhig gewesen, wie üblich, wenn sie mit ihm an einem Tisch saß. Konzentriertes Essen schien sein Ding zu sein. Und Marie war ausnahmsweise dankbar dafür gewesen. Sie hatte sich irgendwie wieder an ihn gewöhnt, falls das überhaupt nötig gewesen war. Ihr Herzschlag hatte sich jedenfalls an seine Anwesenheit gewöhnt. Das war doch gut. Sie räumte das Geschirr weg und atmete durch. Der Alarm am Backofen meldete sich. Gut. Sie holte das Brot heraus, legte es auf einen Rost zum Abkühlen. Die Badezimmertür. Felix war offenbar fertig. Marie ging in den Flur, zögerte. Sie verschränkte die Arme. Definitiv noch immer nervös. Aber alles gut, alles easy. Felix kam aus dem Schlafzimmer, grinste sie an, während er sich sein Shirt überstreifte. „Und?" Marie kniff die Lippen zusammen. „Was machen wir?"

Strange attraction (Felix Lobrecht FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt