77. Zitroneneis

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Zitroneneis

„Machst du das in Berlin auch oft?", fragte Marie, während sie die Straße entlangliefen. „Also... einfach raus, spazieren, ohne Ziel?"

„Mhm." Felix nickte. „Oder einfach irgendwo hinsetzen und Leute beobachten."

„Um Ideen zu bekommen?"

„Jenau. Mit'n bisschen Glück erlebste die seltsamsten Sachen. Also, eigentlich so Alltägliches, was Leute eben tun. Is aber oft gut für irgend'n Bit."

„Mhm. Oder für ne Szene." Marie griff in ihre kleine Handtasche, um ihre Sonnenbrille hervorzuholen. Gerade wurde sie ziemlich geblendet. Sie merkte, wie Felix sie von der Seite ansah und fragte sich unwillkürlich, ob irgendwas an ihr komisch aussah. Unsicher fuhr sie am Riemen der Tasche entlang. Verdreht war nichts. Und der Ärmel ihres Kleides hatte sich auch nicht hochgeschoben. Sie schaute zu Felix. Er lächelte leicht. Aber Marie fand es seltsam, ihn so anzusehen, weil sie nun beide ihre Augen hinter getönten Gläsern verbargen.

„Ganz schön heiß", sagte er. „Ick glaub, ick brauch noch nen Kaffee."

„Ähm... wird dir davon dann nicht erst recht heiß?"

„Ja, kann sein. Aber die Hitze macht mich auch träge irgendwie."

„Ach so, ja." Marie nickte und überlegte schon, wo er sein Koffein herbekommen könnte. Vorhin hatten sie so etwas wie ein Frühstück zu sich genommen. Er hatte aus ihren Vorräten aus Quark und Haferflocken eine Art Shake gemischt mit der Ansage, dass er nach dem harten Training am Morgen Proteine brauchen würde. Zusammen mit den Heidelbeeren hatte es gar nicht so schlimm geschmeckt, als Marie probiert hatte. Aber sie war dann doch auf ein Brötchen umgeschwenkt, um was in den Magen zu bekommen. Kaffee hatten sie beide getrunken. Aber ihr war schon früher aufgefallen, dass sein Bedarf da offenbar höher war als ihrer.

„Glaub, da vorne gibt's was", sagte er und deutete auf eine Bäckerei an der nächsten Kreuzung.

„Willst du dich reinsetzen, oder...?"

„Ne, to go reicht mir. Willste auch nen Cappuccino oder so?"

Marie schüttelte den Kopf. „Bin munter genug, danke."

„Allet klar." Als sie an der Bäckerei ankamen, ging er alleine hinein. Marie schaute sich um. Es war Donnerstagnachmittag. Sommerferien. Tatsächlich waren eher junge Leute unterwegs. Teenager, Studenten. Die meisten älteren Leute waren vermutlich vernünftig und warteten die schlimmste Hitze ab, ehe sie sich aus den kühleren Innenräumen herauswagten.

„So, bin versorgt", sagte er plötzlich neben ihr. „Gehn wa langsam zurück? Vielleicht mit nem Bogen Richtung Park?"

„Mhm." Marie schaute kurz auf seinen Kaffeebecher. „Doppelter Espresso?"

„Keine Ahnung." Er nahm einen Schluck. „Haut aber rein."

„Ah... verstehe. Irish Coffee, hm?"

„Boah, ne. So wat is nichts für mich." Sie waren wieder losgegangen. Ihre Schritte waren eher schlendernd.

„Ist Tommi eigentlich in der Stadt?", sprach sie einen plötzlichen Gedanken aus.

„Ne, der is schon in Urlaub."

„Aber du kennst noch mehr Leute in Köln, oder?"

Er wandte kurz den Kopf zu ihr. „Schon, ja. Bin ja ein total geselliger Typ." Er lachte. „Ne, aber kenn schon einige hier. Die meisten sind halt aus dieser Medienbubble. Auch wenn ich mich nicht so dazuzähle."

„Mhm."

„Wieso fragst du?"

Marie zuckte mit den Schultern. „Weiß nicht. Irgendwie...hab mich eben gefragt, was du sonst so an einem Tag wie heute gemacht hättest. Hier in Köln", sagte sie ehrlich.

Strange attraction (Felix Lobrecht FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt