15. Schlaflos

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Schlaflos


Auszüge aus Felix Lobrechts Notizen:

Notizen für Gemischtes Hack:

- noch mal über psychische Erkrankungen reden (Attention Please!), Tabuthema, wichtig darüber zu reden etc.

- Soziale Phobien / Angststörung etc. (Artikel recherchiert), wenn man davon mal was gelesen hat, erkennt man das vielleicht, versteht besser, wenn manche Leute sich mal weird verhalten

Ideen für Stand-up / Bits

- kaputte Nase – Atmen durch den Mund – Oralsex

- Ich hab ne Frau angemacht, und ihr Freund so: ich hau dir auf die Schnauze, wenn du meine Bitch anfasst – ganz andere Bedeutung auf einmal, mindblowing – dann kannste sie nicht mehr lecken


Maries WhatsApp-Verlauf:

Herr Lobrecht: Bin am Wochenende in Köln. Haste am Sonntag vielleicht Zeit für was? Kaffee trinken, am Rhein spazieren oder so?

Marie: Bin nicht da, Familienfeier.

Herr Lobrecht: Alles klar, viel Spaß.


Unruhig wälzte Marie sich in ihrem Bett umher. Schließlich öffnete sie die Augen. Es brachte nichts, sie war wach. Die ganze Nacht hatte sie höchstens mal eine halbe Stunde vor sich hingedämmert. Sie schätzte, dass es bereits weit nach Mitternacht war. Ein Blick auf ihr Smartphone bestätigte ihren Verdacht: zwei Uhr. Es war Vollmond, das wusste Marie. Angeblich war es ja absoluter Schwachsinn, Schlafstörungen mit der Phase des Mondes in Verbindung zu bringen, aber Marie hatte da so ihre eigenen Erfahrungen gemacht. Sie legte sich die Hand auf die Stirn. Ihr war heiß. Im Zimmer war es stockdunkel, aber sie fand den Weg zum Fenster, kippte es und zog anschließend den Rollladen ein wenig nach oben, so dass zwischen den Spalten ein wenig Luft, aber auch ein wenig Mondlicht hindurchkam. Sauerstoff war sicher eine gute Idee. Sie schlich barfuß zurück ins Bett, setzte sich mit angezogenen Beinen darauf und starrte zum Fenster. Zum Glück hatte sie morgen keinen Samstagsdienst. So würde sie einfach länger schlafen können und ihr Defizit direkt nachholen. Vielleicht sollte sie ein Buch lesen. Nein, kein Licht jetzt. Das machte sie nur noch wacher. Sie schnappte ihr Smartphone und öffnete Spotify. Auf der Startseite wurde ihr Gemischtes Hack empfohlen. Natürlich, wenn alle es hörten. Ihr Lieblingspodcast Geschichten aus der Geschichte hatte noch nichts Neues hochgeladen, aber sie wollte sich jetzt ohnehin nichts anhören, wobei sie wirklich zuhören musste. Sie entschied sich für ein ihr bereits bekanntes Hörbuch mit einer guten Stimme, Goldstein. Dabei würde sie hoffentlich noch mal ein wenig eindösen können. Optimistisch stellte sie den Sleeptimer auf eine Viertelstunde. Zwanzig Minuten später wurde sie von einem Hupen aus dem gerade eintretenden Dämmerzustand geholt. Toll. Sie liebte es einfach, in der Stadt zu wohnen. Auf dem Land hätten sie nachts höchstens mal ein paar Käuzchen oder notgeile Kater gestört. Noch ein Hupen. Und noch ein Doppelhupen. Ja, großartig. Zeigt allen Leuten, dass ihr hupen könnt. Undeutliche Stimmen. Das laute Zuschlagen einer Autotür und anfahrende, quietschende Reifen ließen immerhin hoffen, dass sich die Geräuschkulisse bald beruhigen würde. Noch ein Hupen. Marie war sich nicht sicher, meinte aber, die Haustür zu hören. Was auch immer. Sie atmete tief durch. Die Temperatur war inzwischen angenehm, aber sie musste aufs Klo. Das sollte sie besser hinter sich bringen, bevor sie einen letzten Versuch startete, einzuschlafen. Ohne das Licht anzuschalten fand sie ihre Hausschuhe und ging in den Wohnungsflur. Im Badezimmer machte sie das kleine Licht über dem Waschbecken an und tat, wozu sie gekommen war. Beim Händewaschen schaute sie in den Spiegel. Sie sah noch nicht mal so aus, als habe sie geschlafen. Einzig ihre Frisur glich einem Vogelnest, nachdem sie sich die halbe Nacht hin und hergewälzt hatte. Als sie gerade wieder ins Schlafzimmer zurückkehren wollte, hörte sie aus dem Hausflur ein Geräusch. Als hätte jemand etwas Schweres fallen lassen. Marie lauschte. Irgendwas war da, leiser, ein Rutschen und... Stöhnen? Scheiße, was war das? Sollte sie die Polizei rufen? Wenn da draußen jemand war, konnte es eigentlich nur jemand sein, der im Haus wohnte. Marie machte das Licht an. Sie holte ihr Smartphone aus dem Schlafzimmer und schloss die Wohnungstür auf, atmete tief durch und öffnete sie. Der Hausflur war erleuchtet. Es war nichts zu sehen, aber Marie hörte nun deutlicher die Geräusche. Sie trat einen Schritt nach vorne und schaute die Treppe hinunter. Zwei Stufen weiter unten lag Felix auf dem Rücken wie ein hilfloser Käfer, den Kopf an die Wand gelehnt, den Rest des Körpers über mehrere Stufen die Treppe hinunter ausgestreckt. Er versuchte sich auf den linken Ellenbogen zu stützen, rutschte aber weg. Seine Füße glitten dabei eine Stufe weiter runter, der Körper hinterher.

Strange attraction (Felix Lobrecht FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt