74. Vierundvierzig Minuten

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Vierundvierzig Minuten

Gerade als Marie den Grieß in die kochende Milch gegeben hatte, klopfte es. Sie rührte noch einmal um und eilte dann zur Wohnungstür, um Felix zu öffnen. „Darf nicht anbrennen", sagte sie entschuldigend, während sie schon wieder in der Küche verschwand. Sie rührte weiter kräftig um. Die Masse kochte und es bildeten sich kleine Vulkane, aus denen heiße Polentalava emporschoss, bei der Marie aufpassen musste, dass sie nicht ihre Finger traf. Sie drehte die Hitze runter und ließ den Parmesan einrieseln. Sie hörte, wie Felix die Küche betrat. „Und? Hast du alles?", fragte sie.

„Yo. Vor allem die." Als Marie sich kurz zu ihm umdrehte, deutete er auf seine schwarzen Adiletten. „Dit sind Gamechanger."

„Ah ja?" Marie sah amüsiert auf seine Füße. „Dachte, dat wär'n Hauslatschen."

„Darin fühlt man sich einfach immer ein Stück wohler."

„Ja, versteh ich schon." Sie wandte sich wieder ab um weiterzurühren.

„So", sagte Felix und stellte sich neben Marie. „Wat soll ick machen?"

„Nichts. Setz dich von mir aus. Hast doch ne lange Fahrt hinter dir. Ruh dich aus."

„Ey, was denkst du denn von mir? Natürlich helf ick dir."

„Ähm... gut, wenn du meinst. Dann... Zucchini waschen und schneiden. Wie genau, kann ich dir dann zeigen."

„Allet klar. Dit bekomm ick hin."


„Marie?"

„Was?" Sie schnitt noch eine Scheibe von der Mozzarellakugel ab und legte das Messer zur Seite, ehe sie sich zu Felix umdrehte, der sich zum Gemüse schnippeln an den Esstisch gesetzt hatte. „Nein", sagte sie leicht genervt, als sie sah, dass er sein Handy erhoben hatte, und wandte sich schnell wieder ab.

„Ach komm schon!" Er lachte. „Du siehst in der Schürze echt sweet aus."

„Mhm", machte Marie ironisch. „Ich weiß, dass das uncool ist. Aber ich sau mich immer gleich ein. Vor allem, wenn Tomaten im Spiel sind." Sie hatte sich zwar umgezogen, als er hochgegangen war - genau wie er - aber vor allem das weiße Shirt über der halblangen Stoffhose war nicht sonderlich geeignet für die Küche.

„Ey, ich mach mich nicht lustig."

„Okay. Aber ein Foto musst du trotzdem nicht machen."

„Vielleicht will ick aber."

„Schon mal vom Recht am eigenen Bild gehört?"

„Bezieht sich das nicht nur auf das Veröffentlichen?", fragte er belustigt zurück.

„Lass es einfach, okay?" Marie merkte, wie ihre Stimmung kippte. Und dass das geschah, machte sie direkt noch schlechter.

„Ey, tut mir leid." Er stand auf einmal neben ihr. „Wollte dich echt nicht irgendwie... Ich meine, ich versteh es zwar nicht, aber ich kann es ja trotzdem so akzeptieren."

Marie atmete tief durch. „Danke." Sie sah ihn an und hob entschuldigend die Schultern. „Ich weiß, das ist blöd, wie ich mich verhalte. Tut mir auch leid."

„Is okay", versicherte er ihr.

„Hm." Marie nickte, nahm das Messer wieder und schnitt den Mozzarella weiter.

„Könnte so'n Westerwälder Ding sein."

„Wie?" Sie sah ihn an.

Er lächelte. „Becci mag das auch nicht, wenn man sie fotografiert. Die kommt ja auch aus dem Westerwald."

Strange attraction (Felix Lobrecht FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt