73. Begrüßung

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Begrüßung

Marie ging die Treppe hinunter. An der Theke im Erdgeschoss blieb sie kurz stehen. „Ich bin dann mal weg. Schönen Feierabend gleich!"

Ihre Kolleginnen Ingrid und Lea nickten fröhlich und wünschten ihr ebenfalls einen schönen Feierabend. Es war Marie immer ein wenig unangenehm, vor dem Ende der Öffnungszeiten zu gehen. Aber seit sie hier nicht mehr Vollzeit arbeitete, kam das nun mal vor. Als sie die Bücherei verließ, musste sie stehen bleiben, weil die Sonne sie blendete. Sie kramte in ihrer Tasche nach ihrer Sonnenbrille, fand sie und setzte sie auf. Es war der Jahreszeit entsprechend warm, aber nicht unangenehm heiß. In der Nacht zuvor hatte es geregnet. Bevor Marie losging, holte sie noch ihr Handy hervor. Felix hatte sich am Morgen überraschend für heute angekündigt. In ihrer Mittagspause war er noch unterwegs gewesen. Aber vielleicht hatte er sich inzwischen wieder gemeldet.

Felix Lobrecht: Bin jetzt in Köln. Soll ich dich von der Arbeit abholen?

Das hatte er vor einer Stunde geschrieben. Aber jetzt war es zu spät für dieses Angebot. Und außerdem war es ja unnötig.

Marie: Bin schon unterwegs zur S-Bahn jetzt.

Sie verließ den Platz vor der Bücherei und schlug die Straße Richtung Haltestelle ein. Ein Blick auf die Uhr sagte ihr, dass sie die nächste Bahn locker erreichen müsste. Es klopfte.

Felix Lobrecht: Wo kommst du denn an? Bei dem Sportplatz?
Marie: Katzpfad. Wo die Fußgängerbrücke mit dem hässlichen Idefix ist.
Felix Lobrecht: Yo, kenn ick.

Marie musste lächeln und steckte das Handy weg.


In der S-Bahn war es ziemlich voll und stickig. Marie hatte sich auf einen Gangplatz neben einem älteren Herren gesetzt. Ihr gegenüber saßen zwei Teenagerinnen. Sie starrten beide auf ihre Smartphones und tippten und scrollten, die Stirnen in genervte Falten gelegt. Irgendwie sah es so aus, als würden sie sich gerade mit Problemen herumschlagen. Liebeskummer vielleicht. Oder Ärger mit den Eltern. Marie schaute aus dem Fenster, als die S-Bahn hielt. Es war viel los auf den Straßen. Vor dem Café gegenüber der Haltestelle waren sämtliche Tische voll belegt.

Noch zwei Stationen. Vermutlich würde er da sein. Warum hätte er sonst nach der Haltestelle fragen sollen? Marie lächelte, unterließ es aber schnell wieder, als sie bemerkte, dass eine Frau, vielleicht ein wenig älter als sie selbst, die ein paar Meter weiter im Gang stand, sie musterte. Sie wirkte amüsiert. Nicht zu schnell wandte Marie den Blick ab und schaute wieder hinaus.


Die S-Bahn hielt und Marie stieg aus. Sie war nicht die einzige. Zielstrebig eilten die anderen Leute davon. Marie ließ die Bahn abfahren und schaute sich um. Nein, niemand. Sie machte sich auf in Richtung der Fußgängerüberführung. Als sie die Treppe hinaufschaute, auf der die zuvor mit ihr Gereisten sich gerade nach oben bewegten, erkannte sie eine einzelne Person, die sich in der Gegenbewegung hinunter befand. Felix. Okay. Er war also doch gekommen. Sie blieb unten an der Treppe stehen und grinste ihm entgegen. Er entdeckte sie und grinste ebenfalls.

„Hi!", sagte er, noch ehe er unten angekommen war.

„Hi!" Marie musste sich zurückhalten, damit ihr Grinsen nicht noch breiter wurde. Aber sie schaffte es nicht. Honigkuchenpferd, definitiv.

Sie umarmten sich kurz und schauten sich dann an. „Jut", sagte er.

„Mhm." Marie nickte zustimmend.

Ohne sich mit Worten zu verständigen, gingen sie die Treppe hinauf. Marie merkte, wie er sie zwischendurch von der Seite ansah. Sie schaute rüber zu ihm, und als ihre Blicke sich trafen, musste sie schmunzeln. „Was?", fragte sie.

Strange attraction (Felix Lobrecht FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt