92. Narben

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Narben

Marie stoppte die Wiedergabe nach der zweiten Folge Misfits. „Und? Schlimm?" Sie sah Felix an, der es sich auf der Couch neben ihr bequem gemacht hatte. „Hast ja mal gesagt, dass du nicht so der Serien-Gucker bist."

„Find's bisher ganz lustig eigentlich. Bisschen strange, aber gut. Mag, wie die reden."

„Mhm." Marie nickte. „Glaub, das liegt daran, dass es ne britische Serie ist. Die amerikanischen sind meistens so... glatt geschliffen."

„In deutschen Serien oder Filmen reden die auch immer so wie kein Mensch sonst redet."

„Ja, ich weiß, was du meinst." Marie änderte ihre Position, streckte die Beine lang aus und streifte die Decke etwas herunter. Ihr war warm genug. Sie schaute Richtung Balkontür. Es war nur noch ein leichter Nieselregen und irgendwo schien die Abendsonne zu scheinen.

„Hast du auch Hunger?", fragte Felix.

„Nein." Marie sah ihn an. „Ich werde nicht für dich kochen. Können gleich was bestellen, wenn du magst."

Er lachte. „Ey, ick erwarte hier gerade keinen Hotelservice von dir, keine Sorge. Aber dit war ernst jemeint. Haste Hunger?"

Marie zuckte mit den Achseln. „Ja, schon etwas."

„Okay, und worauf?"

„Ehrlich gesagt hätte ich Appetit auf Milchreis. Ist irgendwie so'n Ding, einmal im Monat. Obwohl so süßer Kram als Hauptmahlzeit sonst echt nicht so meins ist."

„Mit Zimt und Zucker?"

„Ja. Und Pflaumenmus."

Er nickte. „Ich würde zwar Apfelmus nehmen, aber okay. Haste dafür alles da?"

„Äh..." Marie runzelte die Stirn. „Ja. Aber wie gesagt: Ich werde nicht kochen."

„Ich aber." Er stand auf. „Bleib du ruhig hier."

„Äh... ich bin nicht krank und... ne, du musst doch jetzt nicht kochen."

Er sah sie an und schüttelte den Kopf. „Entspann dich doch einfach mal."

„Sag das meinem Uterus."

„Würd ick ja, aber der hört ja nich auf mich."

„Haha. Und nein, du kochst jetzt nicht."

„Ey, haste Angst, dass ick dir die Küche in Brand stecke oder wie?" Er wirkte etwas in seiner Ehre gekränkt.

„Nein", beschwichtigte Marie ihn. „Aber das ist doch jetzt albern." Sie stand auf. „Wirklich. Und außerdem... ne, lass doch was bestellen. Du hast doch auch Hunger. Und sicher nicht auf Milchreis, also...

„Eigentlich hatte ich an Pizza gedacht. Hab die letzten Tage erstaunlich gesund gelebt. Aber Milchreis... also, da hätte ich jetzt auch voll Hunger drauf."

„Hm. Hätte aber auch noch ne Pizza eingefroren. Eine von der guten Sorte", versuchte Marie zumindest noch ein bisschen ihren Pflichten als Gastgeberin nachzukommen.

„Na, dann is für den Fall der Fälle, wenn ick den Milchreis versaue, ja vorjesorgt." Er fasste mit beiden Händen an ihre Schultern und zwang sie mit sanfter Gewalt dazu, sich wieder hinzusetzen. „So, jetzt lass mich doch mal! Hast damals in Berlin auch für mich gekocht."

„Äh, ja." Marie sah ihn von unten an. „Aber da hattest du ne gebrochene Nase."

„Ja, Mann, aber..." Er stöhnte auf, offenkundig genervt. „Jetzt lass mich dit halt machen!"

Loslassen, Marie. Probier's mal. „Okay", sagte sie kleinlaut. „Aber... das musst du nicht und... danke."

„Hm", machte er. „Geht doch."

Strange attraction (Felix Lobrecht FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt