14. Medusas Blick

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Medusas Blick

Felix stand auf und begann den Tisch abzuräumen. Marie folgte ihm und stand unnütz in der Küche herum. Schließlich bedeutete er ihr mit einem Kopfnicken, ihm zum Sofa zu folgen. „Bin irgendwie noch total müde", erklärte er, während er sich in einer auf Marie total ungesund wirkenden Position ins Polster fläzte.

Sie stellte ihr Wasserglas ab und setzte sich ans andere Ende der Wohnlandschaft. Dann wurde sie sich bewusst, was er gesagt hatte. „Soll ich gehen? Wenn du schlafen willst?"

Er schüttelte den Kopf. „Ne, muss wach bleiben." Er räusperte sich. „Deine Glückwünsche fand ich übrigens irgendwie auch ganz nice."

Marie musste einen Moment nachdenken, bis sie sich wieder an ihre Grüße zum 24. erinnerte. Seltsam, dass er das jetzt ansprach. Na gut, am Tag selbst hatte er sicher genug zu tun gehabt. Sie hatte auch keine Antwort erwartet. „Dann hast du die Feiertage also heil überstanden?"

„Mehr oder weniger", sagte er und streckte sich. „Hart gefeiert."

Marie nickte, auch wenn sie sich darunter nichts Genaues vorstellen wollte.

„Dann hättest du", begann er unvermittelt, „aber auch mit deinem Cousin zur Show gestern kommen können. Wäre kein Problem gewesen. Hättest ihn einfach mitbringen können."

„Der war am Abend schon wieder weg", sagte Marie ehrlich.

„Ach so." Felix nickte träge und schaute sie nun wieder starrend an. „Dann gab's nen anderen Grund, warum du nicht gekommen bist? Keinen Bock?" Er lächelte, aber es wirkte unsicher. „Oder hast du dich nicht getraut, so im Dunkeln?" Er richtete sich etwas auf. „Hätte dich ja mitnehmen können, wenn du was gesagt hättest."

Je mehr er redete, desto kleiner fühlte sich Marie. Sie spielte nervös mit ihren Fingern und wünschte sich, sie hätte eine sinnvolle Ablenkungsstrategie für solche Situationen. Scheiße, Marie, dann spring halt ins kalte Wasser. Entweder du ertrinkst oder du schwimmst. So oder so - danach hast du es hinter dir. „Ich war ja da", sagte sie leise und zog eine schiefe Grimasse, während sie auf ihren linken Daumennagel starrte.

„Wie, was jetzt?", fragte er hörbar verständnislos. „Ick dachte, du hast Radio gehört. Und ich hab dich nicht im Gloria gesehen."

Maries Mund war trocken, sie griff nach dem Glas und nahm einen Schluck. So gewappnet schaute sie rüber zu Felix. „Erinnerst du dich noch daran, als wir im Park waren? Als ich einfach vorgelaufen bin?"

„Warst auf einmal weg, ja", sagte er skeptisch. „Aber gestern hat es nicht geschneit, soweit ich mich erinnere. Also kann es daran wohl nicht gelegen haben."

„Nein", gab Marie kleinlaut zu. „Das meinte ich nicht. Ich weiß nicht, wie... manchmal ist mir einfach alles zu viel. Verstehst du?"

„Nicht wirklich."

Marie schaute an die Decke. „Die Typen im Park damals, weißt du..."

„Die haben dich also doch angemacht, oder?" Es klang vorwurfsvoll.

Sie sah ihn kurz an und schüttelte den Kopf. „Nein, also ja, aber das ist nicht der Punkt. Der Punkt ist, wie ich mich dabei fühle. Nämlich so, als ob... als ob ich einfach mit Menschen nichts anfangen kann."

„Ey, die Typen waren aber ja auch nicht grade leuchtende Vorbilder für unsere Spezies."

„Ja, das waren Vollidioten. Aber vor allem waren sie laut und gutgelaunt und partywütig. Und das ist mein Problem."

Felix fuhr sich mit dem Daumen über die Stelle zwischen seinen Augenbrauen und sah Marie nachdenklich an. Er verstand es nicht, das war Marie klar. „Du hast ein Problem mit gutgelaunten Leuten?"

Strange attraction (Felix Lobrecht FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt