125. Let it be

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Let it be

Fast hätte Marie erleichtert aufgeseufzt, als sie den Hinterhof wieder verließen. Es war nicht schlimm gewesen, bei der Aufzeichnung dabei zu sein. Alles gut, alles easy. Aber sie war froh, dass sich das nicht noch weiter hingezogen hatte. Ziemlich egoistisch gedacht vielleicht, aber sie wollte die nächsten Stunden lieber alleine mit Felix verbringen. Und nicht daran denken, dass er bald wieder weg sein würde. Sie rückte sich auf dem Beifahrersitz zurecht und schaute hinaus. Es war Freitag, früher Abend. Freitagabend... Vielleicht wollte Felix doch noch was anderes unternehmen. Bisher hatte er nichts gesagt. Dann war die Gefahr vielleicht gar nicht so groß. „Weißt du, was wir heute Abend noch machen?", fragte sie, auch wenn eine Stimme in ihr sie davon abhalten wollte, allzu selbstverständlich von „wir" zu reden. Schließlich könnte es auch sein, dass er langsam mal eine Auszeit von ihr brauchte.

„Kochen, chillen, meinen grandiosen Sieg feiern?" Er warf ihr einen Blick zu, lächelnd.

„Klingt gut." Marie kniff die Lippen zusammen, um nicht zu breit zu grinsen. Aber dann gab sie die Zurückhaltung auf. „Sogar sehr gut."

„Ja, oder? Darf ick mir was wünschen?"

Marie sah ihn an. „Wie? So als Siegesprämie? Soll ich dir ne Ananas kaufen?"

„Hm... Magst du Ananas?"

„Weniger die goldenen, aber ja."

„Langsam hätte ich schon eine in Platin verdient, so oft, wie ich inzwischen da gewonnen habe. Na ja, in den Live-Shows nicht, aber... also gegen die Twins jedenfalls. Bin schon ziemlich gut." Er nickte, wie um sich selbst zu bestätigen.

„Hm." Marie atmete durch. „Finde es gut, dass du so denkst. Selbstbewusst. Allerdings..."

„Was?", hakte er nach. Als er an einer Ampel anhalten musste, wandte er sich ihr zu.

Sie seufzte. „Felix? Ich muss mal mit dir reden. Und ich fürchte, es ist sehr, sehr ernst. Ich weiß nicht, ob dir das schon mal jemand gesagt hat. Und ich... also... das hat mich schon ziemlich ratlos zurückgelassen jetzt."

„Äh... was denn?" Er wirkte skeptisch, wenn auch nicht ernsthaft besorgt.

„Ist grün", teilte sie ihm mit und er fuhr wieder los.

„Ist jetzt auch nicht so schlimm, mach dir keine Sorgen. Ja, ich weiß, du bist mit Rap aufgewachsen und so, aber... ganz ehrlich? Du hast ne riesige Bildungslücke, was die Beatles betrifft, kann das sein?"

Er lachte. „Ja. Und? Ist eben so. Kann ja nicht alles wissen. Und die Beatles... na ja..." Er zuckte mit den Schultern.

„Wow." Marie verschränkte die Arme. „Hätte dich nicht für so ignorant gehalten. Echt jetzt?"

„Was?" Offenbar amüsierte er sich über Maries Fassungslosigkeit.

„Okay..." Sie atmete durch. „Ich mein nicht diese verstümmelte Version von „Michelle", die Drake in einem seiner Songs verwurstet hat. Aber die Beatles sind... zu Recht legendär, ja? Klar kann man sagen, dass sie Mainstream sind. Aber manchmal resultiert Mainstream vielleicht auch gewissermaßen aus einer Art von Schwarmintelligenz. Qualität setzt sich durch, ja? Und wenn manche Lieder von denen heute so unspektakulär klingen, liegt das vielleicht nur daran, dass sie so vertraut sind. Weil diese Songs einfach Gamechanger waren, Pionierleistungen, auf die sich bis heute Musiker beziehen, teils ohne sich dessen bewusst zu sein. Sie sind die Wurzeln. Sie sind das Zuhause. Sie sind das Original, ja? Es gab noch andere großartige Bands zur Zeit der Beatles oder später, die auch Maßstäbe gesetzt haben. Aber die Beatles... kann man nicht ignorieren, ja? Man kann sie nicht außer Acht lassen, wenn man sich für Musik interessiert und begeistert. Man muss ihnen zumindest Respekt zollen und sich mal was von ihnen anhören."

Strange attraction (Felix Lobrecht FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt