7. Verhandlungen

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Der Wind pfiff scharf in Karis Ohren als Sereth pfeilschnell über den Himmel Alagaesias flog. Doch er nahm davon keine Notiz. Auf den ersten Blick schien es als wäre der Reiter vollkommen in die Betrachtung eines der 5 Ringe versunken die an den Hörnern seines Drachen befestigt waren. Diese Ringe hatte Karis selbst angefertigt und wie seine Artefakte hatten auch diese unterschiedliche, magische Fähigkeiten, die Sereth aktivieren konnte indem er einen Teil seiner Lebensenergie in einen der violetten Kristalle die an den Ringen befestigt waren leitete. Schon oft war Karis wenn er so reglos wie jetzt auf Sereths Rücken saß, war er in Wirklichkeit damit beschäftigt einen Teil seiner Energie auf einen der Ringe zu übertragen oder er überlegte wie er die Zauber die auf den Ringen lagen verbessern konnte. Doch dieses Mal war keines von beiden der Fall. Sereth spürte deutlich den Tumult, der in seinem Reiter-starkes-Herz-verletzte-Seele tobte. Und auch wenn er sich aus Respekt vor dem Schmerz seines Seelengefährten ursprünglich aus dessen Gedanken hatte heraushalten wollen, war ihm doch spätestens jetzt klar, dass er eingreifen musste bevor sich Karis komplett in seinen Erinnerungen verirrte. „Du fürchtest dich vor der ersten Begegnung mit den Varden, nicht wahr kleiner Schatten?" Karis zuckte zusammen als die Stimme seines Drachen so unvermittelt durch seine Gedankengänge schnitt und den Sturm der in seinem Inneren tobte für kurze Zeit zum Schweigen brachte. Im ersten Moment schien der Schattenläufer Sereths widersprechen zu wollen, ehe er ergeben die Luft ausstieß. „Kleiner Schatten! So hast du mich schon lange nicht mehr genannt." Auf diese Aussage hin sandte Sereth seinem Reiter nur eine Welle von Zuneigung aber er übermittelte ihm auch die Botschaft, dass diese ablenkende Antwort nicht ausreichen würde. „Leugnen wäre wohl zwecklos, was mein Großer?", antwortete Karis seinem Seelengefährten schließlich ergeben, während er mit einer liebevollen Bewegung mit der Hand über die weißblauen Hörner seines Drachen fuhr. Sereth stieß ein freundschaftliches Brummen aus. „Absolut.", antwortete er ihm in Gedanken. „Ich kenne dich besser als jeder andere. Und wir beide wissen, dass du durchaus Gründe für dein Misstrauen gegenüber den Völkern Alagaesias hast. Aber vergiss nicht, solange Ecros sich in Uru baen bei Galbatorix verkriecht, steht die ganze Macht des Königs zwischen uns und unserer Rache. Wenn wir alleine versuchen würden den Seelenfresser zur Rechenschaft zu ziehen ist es sehr wahrscheinlich, dass uns dasselbe passieren würde wie dem roten Küken und seinem Reiter die Galbatorix versklavt hat. Darum müssen wir zu den Varden." Obwohl sich alles in Karis dagegen sträubte kam er nicht umhin die Weisheit in den Worten seines Drachen zu erkennen und schließlich sandte er seinem Selengefährten seine Zustimmung. „Du hast Recht. Zum jetzigen Zeitpunkt sind wir und die Varden aufeinander angewiesen, auch wenn sie es noch nicht wissen. Würden wir versuchen jeder für sich Galbatorix zu bekämpfen, dann würden du und ich vermutlich Galbatorix Macht erliegen, während die Varden von Ecros Schöpfungen in Fetzen gerissen würden. Nur wenn wir unsere Kräfte und unser Wissen vereinen wird es möglich sein die beiden zu besiegen." „Bedeutet dass du willst den Varden von unserer Herkunft und unserer Ausbildung erzählen?" „Nein!"; antwortete Karis heftig. Schon im nächsten Moment schien er seinen harschen Tonfall jedoch zu bereuen, denn er strich noch einmal über Sereths Hörner und fügte in versöhnlichem Tonfall zu: „Ich denke es wäre besser wenn wir unsere Herkunft erstmal für uns behalten. Wir sollten den Varden zwar einen groben Überblick über unsere Fähigkeiten geben aber sie brauchen nicht unbedingt zu erfahren, woher wir unsere Informationen haben, geschweige denn wer uns zu denen gemacht hat die wir heute sind." Sereth stimmte seinem Reiter zu. Diese Information sollten sie den freien Völkern zumindest zu Beginn ihrer Allianz nicht unbedingt zugänglich machen. Das wäre sicher nicht gerade vertrauensfördernd. Die beiden Seelengefährten waren so sehr in ihr Gespräch vertieft, dass sie den anderen Reiter der sich hinter Karis auf dem Rücken des weißen Drachen befand, fast vergessen hatten, als Eragon der während dem ganzen Flug verdächtig ruhig gewesen war, Karis ansprach. „Du sagtest vorhin, dass ihr beiden nie Mitglieder des alten Ordens wart. Bedeutet das ihr gehörtet zu Galbatorix Vasallen?" fragte der jüngere Reiter plötzlich, wobei seine Stimme zum Schluss hin begann misstrauischer zu werden. Karis der mit dieser Frage gerechnet hatte, antwortete ruhig ohne sich umzudrehen: „Nein, Schattentöter. Wir gehörten weder zu den Kriegern des Wyrdfell noch zu den Mitgliedern des alten Ordens. Ich gelangte durch Zufall an Sereths Ei." Auf diese Botschaft reagierte Eragon erstmal mit verblüfftem Schweigen, doch bevor er eine weitere Frage stellen konnte, ergriff Karis wieder das Wort. „Bevor du mir jetzt eine weitere Frage zu meiner Vergangenheit stellst muss ich noch eines klarstellen." Bei diesen Worten drehte er sich zu Eragon um und der jüngere Reiter musste schlucken als er den finsteren Gesichtsausdruck sah, den Karis aufgesetzt hatte, bevor er mit einem hartem Unterton in der Stimme fortfuhr: „Ich werde weder Fragen über meine Kindheit, noch über meine Ausbildung beantworten. Solltest du Fragen zu meinen Fähigkeiten oder meinetwegen auch zu der von mir hergestellten Ausrüstung haben, wird es mir eine Freude sein mich mit dir darüber zu unterhalten, aber jede Frage zu dem Thema wer mich ausgebildet hat oder woher ich mein Wissen habe werde ich ignorieren. Zudem werden weder mein Drache noch ich irgendeinem Führungsmitglied eurer Streitmacht in irgendeiner Form die Treue schwören. Wir haben uns unsere Freiheit zu hart erkämpft um sie jetzt so ohne weiteres aufzugeben. Solltest du trotz dieser Bedingungen bereit zu einer Allianz sein, wird es mir eine Freude sein, an der Seite der Varden zu kämpfen. Falls nicht werde ich, sobald wir Saphira oder die Varden erreicht haben verschwinden. Dann kämpfen Sereth und ich weiter allein gegen Galbatorix." Bei diesen harschen Worten musste Eragon ein weiteres Mal schlucken. Ihm war anzusehen, dass ihm das Bündnis, das ihm Karis anbot nicht gerade gefiel und er erst einmal darüber nachdenken musste. Daher wartete der Schattenläufer angespannt auf die Reaktion des Schattentöters. Ähnliche Gespräche zu diesem Thema hatte er schon oft geführt, trotzdem war die Reaktion seines Gesprächspartners schwer vorherzusehen. Auf der einen Seite bedeutete eine Allianz eine deutliche Erhöhung der Kampfkraft der Varden und auch die Moral ihrer Truppen dürfte sich durch einen weiteren Drachen und einen Reiter auf ihrer Seite stark verbessern. Hinzu kamen noch die Informationen die Karis über Ecros Schöpfungen besaß und seine Erfahrungen im Kampf gegen das Imperium. Aber auf der anderen Seite war es sehr riskant sich mit Jemandem von Karis Macht zu verbünden dessen Gründe für seine Teilnahme an diesem Krieg völlig unbekannt waren und dessen Treue man sich nicht sicher sein konnte. Nach einigen Minuten Bedenkzeit schien der Schattentöter jedoch zu einer Entscheidung gekommen zu sein, denn er hob den Kopf und blickte Karis direkt in die Augen. „Ich persönlich habe keine Einwände gegen ein Bündnis mit dir aber dir muss klar sein, dass ich nicht für das ganze Volk der Varden sprechen kann geschweige denn für ihre Verbündeten. Wenn wir bei ihnen ankommen werden Nasuada und König Orrin bestimmt noch mit dir sprechen wollen." Karis nickte. „Dessen bin ich mir bewusst. Ich wollte nur sehen wie du auf meine Bedingungen reagierst. Immerhin bist du bei den Varden, den Elfen und selbst bei den Zwergen eine Person höchsten Ranges. Und deine Meinung bedeutet ihnen viel" Dieses Mal war es an Eragon zu nicken. „Ich verstehe. Aber eines würde ich gerne noch klären, bevor wir bei den Varden ankommen." „Und was?", erwiderte Karis und sah dem Schattentöter jetzt direkt ins Gesicht. Der jüngere Reiter holte tief Luft, bevor er antwortete. „Ich kann akzeptieren, dass es in deiner Vergangenheit Dinge gibt über die du lieber schweigen willst. Auch deine Ablehnung, einem Treueschwur gegenüber kann ich nachvollziehen. Hätte ich eine andere Wahl gehabt, wäre ich auch lieber unparteiisch geblieben. Auch wenn ich in Anbetracht der Umstände froh bin jemand so vertrauensvollem wie Nasuada zu dienen. Doch eine Frage musst du mir beantworten bevor ich dich zu den Varden begleite." „Und welche Frage wäre das?", fragte Karis angespannt. Und auch Sereth der das Gespräch bis jetzt eher nebenbei verfolgt hatte, lauschte ihm jetzt mit erhöhter Aufmerksamkeit. „Dienst du in irgendeiner Form Galbatorix?" stellte Eragon seine Frage. Im ersten Moment war Karis fast ein bisschen beleidigt ob dieser Unterstellung. Doch der Ernst den er in den Augen des anderen Reiters sah beruhigte ihn ein wenig. Er verstand, wie wichtig diese Antwort für den Schattentöter war, denn als das letzte mal zwei Spione bei den Varden ihr wahres Gesicht gezeigt hatten, waren die Folge davon die Entführung von Eragons Bruder und die Ermordung des letzten Anführers der Varden gewesen. Nachdem er sich diese Einzelheiten noch einmal vor Augen geführt hatte, verstand er warum dem Schattentöter diese Frage so wichtig gewesen war, dass er sie in der alten Sprache gestellt hatte. Doch noch bevor er antworten konnte fügte Eragon noch hinzu: „Das mag angesichts der Tatsache, dass du mir das Leben gerettet hast eine törichte Frage sein. Aber wie ich vor kurzem durch zwei Magier gelernt habe, die die Varden jahrelang hintergangen und ausspioniert haben, ist es besser manchmal zu misstrauisch zu sein. Darum muss ich dich bitten diese Frage zu beantworten." „Keine Sorge",
antwortete Karis jetzt ebenfalls in der alten Sprache, „ich versehe das. Und ich gebe dir mein Wort als Drachenreiter.Weder Sereth noch ich dienen in irgendeiner Form Galbatorix." Solchermaßen beruhigt, entspannte sich Eragon wieder ein wenig und auch Karis und Sereth, die durch dieses Thema ein wenig unruhig geworden waren stießen mit einem erleichterten Seufzen die Luft aus die sie unbewusst angehalten hatten. In einträchtigem Schweigen setzten die beiden Reiter und der weiße Drache den Flug mit dem sie Saphira Schimmerschuppe und den Varden immer näher kamen fort.

Der Weiße SchattenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt