14. Der Schwur

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Karis stand schmunzelnd neben seinem Seelengefährten und beobachtete wie der Schattentöter sich bemühte ein paar passende Worte zu der versammelten Streitmacht der Varden zu sprechen. Lediglich der Hilfe seiner Drachendame war es zu verdanken, dass der junge Reiter sich noch nicht blamiert hatte. Doch jetzt hatte er seine Rede beendet und Karis bemerkte, wie ihm König Orrin von der anderen Seite der Bühne ein Zeichen gab. „Dann ist es jetzt wohl soweit.", meinte er noch still seufzend zu seinem Drachen bevor er begann die Bühne zu betreten, von der erst Nasuada, dann Orrin und zuletzt Eragon Schattentöter ein paar Worte gesagt hatten, wohl wissend, dass das was er vorhatte zu sagen im Begriff war ein gewaltiges Chaos in den Reihen der Varden auszulösen. „Nur Mut, kleiner Schatten. Für Nervosität ist es ohnehin schon zu spät." Karis schenkte seinem Seelengefährten noch ein säuerliches Grinsen, ehe er sich an die vor der Bühne versammelte Streitmacht wandte. Er spürte die Anspannung die unter den Führungsmitgliedern der Varden herrschte, ebenso wie die Vorfreude die ihn aus Orrins Richtung förmlich entgegenzustrahlen schien. Er schluckte einmal, dann ergriff er mit lauter Stimme das Wort. „Volk der Varden und andere freie Völker Alagaesias. Mein Name ist Karis Schattenläufer. Ich bin der Reiter von Sereth Frostschwinge." Mit Mühe gelang es ihm die Unsicherheit, die in ihm herrschte aus seiner Stimme zu verbannen. „Ich weiß, dass ihr viele Fragen an mich habt. Unter anderem auch warum ich und mein Seelengefährte nicht schon früher auf dem Schlachtfeld erschienen sind oder warum wir uns erst jetzt den Feinden Galbatorix offenbaren. Mir ist durchaus bewusst, dass ihr Antworten auf diese Fragen verdient." Einen Moment ließ Karis seine Worte wirken, während Geflüster unter den Varden laut wurde, welches jedoch wieder erstarb, als er erneut die Stimme erhob. „Aber leider kann ich euch diese Antworten nicht geben." Jetzt wurde Unruhe in der Menge laut. Mehr als ein Zuschauer forderte Antworten und einige bekundeten offen ihr Misstrauen. Karis ließ sie einen Moment toben und bemühte sich nach außen sein neutrales Gesicht beizubehalten, ehe er mit magisch verstärkter Stimme fortfuhr: „Ich weiß, dass das es euch, die ihr die letzten 100 Jahre unter Galbatorix gelitten habt nicht behagt, das ihr mich trotz meiner Geheimnisse in eurer Mitte dulden sollt. Ihr habt in diesem Krieg viel verloren und ich kann euch versichern, ihr habt meinen tiefsten Respekt dafür, dass ihr trotz aller Entbehrungen, die der Mörder und Verräter, der sich selbst König von Alagaesia nennt, euch abverlangt hat, dennoch den Mut gefunden habt ihn herauszufordern." Karis brach ab und neigte respektvoll den Kopf in Richtung der Menge, die jetzt wieder an seinen Lippen hing. „Die Antworten nach denen es euch verlangt, verschweige ich euch nicht, weil ich es möchte, sondern weil es notwendig ist. Ich weiß aus dem Mund eines Mannes der euch völlig unbekannt ist mag das recht zweifelhaft erscheinen, aber leider ist es erforderlich. Das habe ich auch euren Anführern gegenüber zum Ausdruck gebracht und sie waren einverstanden, dass ich meine Geheimnisse, zum Wohle unseres gemeinsamen Ziels für mich behalte. Eine Geste des Vertrauens, die meiner Meinung nach beweist, wie sehr sich die Obrigkeit der freien Völker von der Tyrannei die der Verräter Galbatorix in Uru baen betreibt, unterscheidet. Aber dennoch muss es einigen unter euch schwer fallen mir zu vertrauen. Ich kann das durchaus verstehen. Wäre ich an eurer Stelle, wäre ich auch argwöhnisch." Ein weiteres Mal blickte Karis in die Menge und jeder einzelne Zuschauer hatte das Gefühl, das der Schattenläufer ihm direkt in die Augen sah. „Doch solange Misstrauen in dieser Armee herrscht, können wir gegen Galbatorix Streitkräfte nicht entgegentreten. Einigkeit ist eine unserer wertvollsten Waffen. Da ich jedoch unter keinen Umständen meine Herkunft enthüllen wollte, hatte der hochverehrte Herrscher von Surda eine andere Idee wie ich meine Bereitschaft an eurer Seite zu kämpfen beweisen könne und gleichzeitig dabei helfen würde, das Vertrauen das zwischen den einzelnen Völkern eurer Allianz besteht zu festigen ." Während sich die Aufmerksamkeit der vieler Personen in der Menge bei diesen Worten auf König Orrin richtete, der mit einem aufgesetzten großmütigen Lächeln im Gesicht der Menge zunickte, brach Karis kurz ab und atmete tief ein. Jetzt war es soweit. Er spürte die geistige Nähe seines Drachen und als er kurz in die Richtung seines Seelengefährten blickte, schöpfte er Kraft aus dem Vertrauen das ihn aus Sereths juwelengleichen Augen entgegen strahlte. Sein Seelengefährte war der festen Meinung, dass das was sie jetzt vorhatten notwendig war. Im Vertrauen auf den Instinkt seines Drachen straffte sich Karis noch einmal innerlich und wandte sich wieder der Menge zu, die ihre Aufmerksamkeit inzwischen wieder auf ihn gerichtet hatte. „König Orrin hatte den Vorschlag, dass ich einem der hier anwesenden Völker die Treue schwöre." Diese Worte waren wie ein Stich ins Hornissennest. Jeder der Zuschauer, die ihm eben noch aufmerksam zugehört hatte, schien etwas zu sagen zu haben und Karis beobachtete amüsiert wie die einzelnen Vertreter der verschiedensten Völker sich lautstark zu der Idee des Königs äußerten. Das Geschrei nahm so eine Lautstärke an, dass Sereth schließlich die Geduld verlor und ein Brüllen ausstieß. Es war nicht sonderlich bedrohlich, dennoch schwang eine gewisse Gereiztheit darin mit, die augenblickliche Ruhe forderte. Schlagartig trat Stille ein. Der weiße Drache stieß ein befriedigtes Schnauben aus und wandte sich mit einem auffordernden Gedanken an seinen Reiter. „Wie ich schon sagte", hob dieser daraufhin an, während er innerlich über die Wirkung seines Seelengefährten schmunzelte. „War der Vorschlag des Königs, dass ich einem der hier anwesenden Völker einen Schwur leiste. Doch leider hat er auch gewisse Einschränkungen genannt, die dabei bedacht werden müssen. Da die Varden bereits über einen Reiter verfügen, wäre es aus Gründen des Kräftegleichgewichts und des Vorwurfs der Bevorzugung eines Volkes unklug, wenn ich meinen Schwur ebenfalls dem Volk der Nachtjägerin leisten würde. Dasselbe gilt bedauerlicherweise für das Volk der Knurlan, da sie sich mit Eragon Schattentöter als vereidigtem Mitglied eines Zwergenclans ebenfalls seiner Loyalität sicher sein können. Die Elfen dagegen scheiden aus, wie mir König Orrin so freundlich in Erinnerung rief, weil derzeit bedauerlicherweise lediglich 13 Mitglieder ihres Volkes hier bei den Varden sind und es einer Beleidigung den anderen Völkern gegenüber gleichkäme, sollte ich dieser kleinen Gruppe die Treue schwören lediglich um euer Vertrauen zu gewinnen. Aufgrund all dieser Tatsachen, die mir König Orrin so freundlich dargelegt hat, ist mir bewusst geworden welchem Volk in eurer Allianz mein Schwur gelten soll. Hiermit biete ich Nar Garzhvog dem Anführer der Urgralgra einen Bledskarakt, einen sogenannten Blutpakt an."

Der Weiße SchattenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt