32. Schattenrüstung

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Im grellen Sonnenlicht brauchte er einen Moment um sich zu orientieren. Die Elfen, die beim Landeplatz geblieben waren, waren damit fertig, Sereth den Sattel anzulegen, während die Mitglieder der Garde des Schattentöters, die zu dem Schmied gegangen waren, gerade mit einem Fuhrwagen, auf dem sich dunkle Metallteile häuften, zurückkehrten.
Um den Weg zu verkürzen lief Karis ihnen entgegen.
Zufrieden begutachtete er die einzelnen Teile, die schon bald seinen Drachen bedecken würden. Auch Sereth, der sich dem Wagen neugierig genähert hatte, schnaubte interessiert. „Das ist also die Rüstung, die du für mich angefertigt hast. Sieht nicht sonderlich beeindruckend aus." Karis schmunzelte. „Das liegt daran, dass sie noch keinen Drachen hat, der sie trägt." Lächelnd begann er die verschiedenen Einzelteile vom Wagen zu heben. Sein Drache hatte Recht. Auf den ersten Blick, wirkte die Rüstung wirklich nicht sonderlich beeindruckend.
Der Aufbau bestand zwar aus feinstem schwarzem Stahl, der an einigen Stellen mit einem dunkelroten Metall versetzt war, aber solange man die Rüstung nicht an einen Drachen angelegt sah, wirkte sie trotz des edlen Materials aus dem sie bestand lediglich wie ein Haufen Eisen, der zwar edel aussah, aber nicht für den Kampf geeignet war. Dennoch begann er seinem Drachen mit fachkundigen Handgriffen die Rüstung anzulegen. Lediglich die Größe seines Seelengefährten warf dabei einige Probleme auf. Immer wieder musste er auf den Rücken des Drachen klettern um verschiedene Teile der Panzerung festzuzurren, nur um dann frustriert zu beobachten, wie die Verbindung sich an anderer Stelle wieder löste. Doch mit Hilfe der Elfengarde, war es ihm schließlich doch möglich, den weißen Drachen auszurüsten.
Der schwarze Stahl der Rüstung, hatte die Form von dunklen Ranken, die den Körper seines Seelengefährten umschlangen und war so geschmiedet, dass es aussah als würde der weiße Riese sich windende Schatten am Körper tragen. Was das ohnehin schon beeindruckende Äußere des weißen Drachen noch respekteinflößender machte. Doch am unheimlichsten an der Panzerung, waren die unregelmäßig verteilten dunkelroten Abschnitte die so geschnitten waren, dass es wirkte, als würden an verschiedenen Stellen unheimliche Augen aus der Dunkelheit, die der Gigant am Körper trug, glühen. Der Hals, die vier Beine des und der weiße Schweif des weißen Drachen waren dagegen von dem Stahl unbedeckt. Lediglich am Ende des Drachenschwanzes war der Abendstern montiert. Eine große Kugel aus aschegrauem Stahl, der mit Metalldornen besetzt war.
Als Sereth den Kopf verdrehte um die Rüstung auf seinem Körper zu betrachten sah es so aus, als ob das dunkle Metall aus dem die Rüstung bestand, sich zu bewegen schien und ähnlich den schwarzen Schlieren, die Karis heraufzubeschwören in der Lage war, über den Körper des weißen Drachen schwebte. Zufrieden schnaubte Karis Seelengefährte, als er die Wirkung des Stahls auf seinen Schuppen betrachtete. „Ich denke, damit sind wir für alle kommenden Kämpfe gerüstet." Sein Reiter nickte. „Das glaube ich auch." Kurzentschlossen verstaute er die Sachen, die er im Zelt zusammengesucht hatte, in den Satteltaschen des weißen Drachen, bevor er sich zu den Elfen umwandte.
Er schluckte kurz. Obwohl er mit dem Volk der Elfen wohl nie befreundet sein würde, hatten die Mitglieder von Eragons Garde an seiner Seite gekämpft und ihm immerhin soweit vertraut, dass sie ihm versprochen hatten auf die Citharki aufzupassen, wenn er dazu nicht in der Lage wäre. Da sie ihm das in der alten Sprache zugesagt hatten, hatten sie ihm wenn auch unbewusst versichert, dass sie sich in seiner Abwesenheit um die Chimären kümmern würden. Er gab es nur ungern zu, aber diese Elfen waren in Ordnung. Als ihm diese Gedanken durch den Kopf schossen spürte er kurz die Amüsiertheit seines Seelengefährten.
„Was ist denn so lustig?"
„Gar nichts.", entgegnete der weiße Riese. „Es ist nur sehr amüsant zu sehen, wie die Meinung die du dir im ganzen letzten Jahrhundert über das Volk der Spitzohren gebildet hast, in wenigen Wochen zusammenbrechen konnte." Karis schenkte dem weißen Drachen ein spöttisches Lächeln, während er sich daran machte auf seinen Rücken zu klettern. „Soweit würde ich nicht gehen. Es fällt mir alles andere als leicht zu den Elfen zu gehen, aber mir ist inzwischen klar, dass ich nicht ein ganzes Volk für die Fehler einiger weniger verurteilen kann. Immerhin sieh dir nur Eragon an. Er ist immerhin praktisch das nächste Oberhaupt des Ordens der Reiter und obwohl wir mit dem alten Orden eine Menge Probleme hatten, mag ich den Jungen irgendwie."
Mit einer geschmeidigen Bewegung nahm er in dem aus dunklen Leder gefertigten Sattel Platz, während der Drache zustimmend schnaubte.
„Mir ging es früher mit meinen Artgenossen genauso. Immer wenn wir einen von ihnen getroffen hatten, dann war klar was passieren würde. Entweder sind sie vor uns geflohen, oder sie haben uns angegriffen. Bevor ich Saphira getroffen habe, dachte ich alle meine Artgenossen würden mich hassen." Bedauern hatte sich bei den letzten Worten in die Stimme des weißen Drachen geschlichen. Mitfühlend strich Karis seinem Seelengefährten über die Schuppen. „Das lag hauptsächlich daran, dass wir nur Reiterdrachen begegnet sind. Wer weiß wie deine wilden Artgenossen, die die schlechten Gerüchte die über uns im Umlauf waren nicht kannten, auf dich reagiert hätten."
Für einen Moment schwelgten Drache und Reiter noch in ihren Erinnerungen, bis Sereth kurzentschlossen den Kopf schüttelte. „Die Vergangenheit hat uns lange genug belastet. Es ist an der Zeit ein neues Kapitel in unserem Leben aufzuschlagen. Und es wird mit der Befreiung des roten Kükens beginnen."
Karis konnte gerade noch die Hand zum Abschied heben, als der weiße Drache sich mit kräftigen Flügelschlägen in den Himmel erhob. In einer Spirale stieg er immer weiter empor, bis er in einer beeindruckenden Höhe über dem Lager der Varden schwebte. Dann stieß er ein Brüllen aus, in das sein Reiter unwillkürlich mit einem lauten Schrei einfiel. „Auf nach Gil ead!"

Der Weiße SchattenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt