Wohlwollend betrachtete Oromis seine beiden Schüler, die vor seiner Hütte standen und sich unterhielten. Glücklicherweise hatte Eragon die Neuigkeit, dass Brom sein Vater war relativ gelassen aufgenommen. Zwar war er kurz erregt gewesen, als er erfahren hatte, dass seine Seelengefährtin davon gewusst hatte, doch glücklicherweise hatte die Erinnerung die sein Vater ihm hinterlassen hatte, es vermocht ihn wieder zu beruhigen.
Der alte Reiter wurde jedoch aus seinen Gedanken gerissen, als sein langjähriger goldener Weggefährte, der bis jetzt ruhig neben ihm gelegen hatte, sich erhob und auf Saphira zuschritt.
Seine beiden Schüler unterbrachen ihr Gespräch und blickten zu dem goldenen Giganten empor, der den Kopf zu der blauschillernden Drachendame senkte und kräftig die Luft einsog. Beinahe sofort riss er seinen Schädel überrascht wieder empor. „Du erwartest Junge?" Die überrumpelte Stimme des alten Drachen donnerte durch die Gedanken aller Anwesenden und auch wenn sich Oromis äußerlich nichts anmerken ließ, so war auch er sprachlos.
Während sich ihr Reiter lediglich verlegen am Kopf kratzte, erwiderte Saphira ungerührt den Blick ihres Lehrmeisters. „Das ist richtig. In vermutlich, etwas weniger als einem Monat, werde ich meine Eier legen." Immer noch etwas unsicher, trat Eragon neben seine Drachendame und blickte zu den erfahreneren Drachen auf. „Wir wissen natürlich, dass es ein ungünstiger Zeitpunkt ist, aber Saphira sagte dass ihre Paarung mit Sereth ein Instinkt war, gegen den sie nicht ankämpfen konnte, oder wollte."
„Du brauchst dich für mich nicht zu rechtfertigen, Kleiner. Wir Drachen hören bei der Erwählung unseres Nistpartners auf die Stimme unseres Blutes. Und meine hat mir gesagt, dass er der Richtige für mich ist." Entschlossen ihre Meinung zu vertreten richtete die werdende Mutter ihren Blick auf Glaedr. „Wir zweifeln deinen Entschluss in dieser Angelegenheit auch nicht an, Saphira." Begann der alte Reiter die Wogen zu glätten. „Wie du schon gesagt hast, geschieht die Drachenpaarung aus einem Instinkt heraus. Wenn du der Meinung warst den passenden Nistpartner gefunden zu haben, dann hat kein anderer Reiter oder Drache das Recht sich in deine Wahl einzumischen."
Nachdem sich Saphira solchermaßen beruhigt wieder auf die Seite legte, richtete Glaedr wieder das Wort an sie. „Selbstverständlich war es nicht meine Absicht deine Wahl zu hinterfragen, Schimmerschuppe. Aber ich wüsste gerne ob es sich bei Sereth, den du vorhin erwähnt hast um den weißen Drachen handelt, von dem uns Islanzadis Bote berichtet hat?" Eine solche respektvolle Anrede war von Meister zu Schüler für gewöhnlich nicht der Fall, aber der goldene Riese hatte bereits erkannt, dass sich seine Schülerin inzwischen in einer Phase der Schwangerschaft befand in der Drachen sehr empfindlich und mitunter auch aggressiv reagieren konnten.
Daher waren sich sowohl er als auch sein Reiter bewusst, dass sie zum jetzigen Zeitpunkt besser sehr sanft im Umgang mit Saphira sein sollten. Als die blauschillernde Drachendame diese Frage bejahte, wandte sich Oromis an ihren Reiter. „Würdest du uns etwas mehr über diesen neuen Reiter berichten, Eragon-Finiarel? Aus den Botschaften, die uns Islanzadi hat zukommen lassen, wissen wir nur, dass er etwa 100 Jahre alt sein muss und offenbar bereits kampferprobt ist. Das ist zum jetzigen Zeitpunkt in diesem Krieg auf unserer Seite Kämpft, ist zwar ein Geschenk des Schicksals, aber ich wüsste gerne etwas mehr über seine Hintergründe." Bedauernd hob Eragon die Schultern.
„Ich fürchte, diese Frage kann ich euch nur unzureichend beantworten, Ebrithil. Zwar war Karis einverstanden, eine Prüfung seiner Fähigkeiten abzulegen, aber was seine Vergangenheit angeht, hüllen sowohl er, als auch sein Seelengefährte sich in Schweigen." Der alte Elf nickte verstehend. Das entsprach auch den Nachrichten, die Islanzadi von Arya erhalten und zu ihm weitergeleitet hatte. „Und über seine Beweggründe, gerade jetzt an dem Krieg gegen Galbatorix teilzunehmen, hat er auch nichts erwähnt?" „Nicht direkt, aber ich glaube, es hat etwas mit dem Schattenelfen zu tun, der inzwischen auf der Seite des Königs steht." Überrascht sah Oromis seinen Schüler an und auch Saphira hob verwundert den Kopf. „Hat er etwas in der Richtung erwähnt?" „Nein", entgegnete er auf die Frage seines Lehrmeisters. „Aber wenn ich mir im Nachhinein, noch mal den Moment durch den Kopf gehen lasse, an dem er mich gerettet hat, dann wirkt es so, als ob er den Schatten, der mir eine Falle gestellt hat, schon lange kennen würde."
„Wie kommst du darauf?" Wollte jetzt Saphira von ihrem Reiter wissen. „Ich habe mir deine Erinnerungen an den Kampf in der Höhle angesehen, aber es war kein Moment dabei, der auf eine Vertrautheit zwischen den beiden hinweisen würde." „Das stimmt.", antwortete Eragon seiner Seelengefährtin, während ihre beiden Lehrmeister interessiert lauschten. „Aber wenn ich mir den Moment noch einmal durch den Kopf gehen lasse, fällt mir auf, dass Karis Angriff einfach zu gut gepasst hat. In dem Augenblick, in dem der Schattenelf seine Deckung für einen kurzen Moment fallen gelassen hat, hat er angegriffen." „Und daraus schließt du, dass er schon öfter gegen diesen Schatten gekämpft hat, Eragon-Finiarel?", fasste der Reiter des alten Ordens die Gedankengänge seines Schülers zusammen.
Der jüngere Drachenreiter nickte. „Ich glaube, dass Karis und dieser Schatten sich in den vergangenen 100 Jahren schon öfter begegnet sind und immer wieder gekämpft haben ohne, dass es einem der herrschenden Völker aufgefallen wäre. Aber da sein Feind jetzt in die Dienste des Königs getreten ist, benötigt er Verbündete um den Kampf mit ihm fortzuführen."
Angespannte Stille breitete sich bei den Worten des Schattentöters auf dem Felsen von Tel'naeir aus.
„Du glaubst, also, dass der Krieg der Völker Alagaesias gegen den Schlächter unseres Volkes, für diesen neuen Reiter und seinen Drachen lediglich ein Mittel zum Zweck ist?" Der goldene Riese schnaubte verärgert. Bei diesen Worten zuckte Saphira zusammen, doch bevor sie etwas erwidern konnte, meldete sich ihr Reiter zu Wort. „Das wollte ich damit nicht sagen, Ebrithil. Ich habe mich ein paar Mal mit Karis über den König unterhalten und er schien ihn nicht weniger zu verachten als ihr. Ich glaube lediglich, dass der Sieg über diesen Tyrannen für ihn nicht die größte Priorität hat."
Nachdenklich strich sich der alte Elf über das Kinn. „Damit könntest du Recht haben. Die Frage ist nur, wie weit werden die beiden gehen um ihr Ziel, wenn es wirklich der Schatten ist, zu erreichen. Und wie er handeln wird, wenn sich sein Ziel beginnt , sich von unserem zu unterscheiden?" Der erfahrenere Reiter legte seine Hand auf die Flanke seines Seelengefährten, der sich daraufhin wieder etwas entspannte. „Wie dem auch sei, ich würde mir gern selbst ein Bild von den beiden machen. Wärt du und Saphira einverstanden, wenn ich in euren Erinnerungen einen Blick auf die beiden werfe?"
Schnell tauschte Eragon einen Blick mit seiner Seelengefährtin. Der Gefallen, um den ihr Lehrmeister bat, war kein geringer. Zwar unterhielt sich die Drachendame schon jetzt immer auf geistiger Ebene mit ihren Lehrern, dennoch verlangte es ein großes Maß an Vertrauen, jemand anderem den eigenen Geist soweit zu öffnen. Trotzdem stimmten sowohl Saphira, wie auch ihr Reiter zu. In Anbetracht der Umstände war es mehr als verständlich, dass ihre Lehrmeister den neuen Reiter auch einmal sehen wollten und das nötige Vertrauen war nach der ausführlichen Ausbildung die, der Letzte des alten Ordens ihnen hatte angedeihen lassen, mehr als vorhanden. Eragon öffnete seinen Geist und rief vor seinem inneren Auge ein Bild des Schattenläufers und seines Seelengefährten auf und übermittelte es dem alten Elf, der ihm gegenüber saß, während er nebenbei spürte, wie seine Drachendame dasselbe bei ihrem goldenen Artgenossen tat.
Die Reaktion ihrer Lehrmeister, war allerdings völlig unerwartet. Kaum das Glaedr das Bild vor seinem geistigen Auge erspäht hatte, stieß er ein geschocktes Brüllen aus und sprang auf die Beine. Erschrocken sprang auch Eragon von seinem Stuhl auf, der dabei klappernd zu Boden fiel und auch Saphira stieß ein überraschtes Knurren aus. Oromis hatte sich im Gegensatz zu seinem Drachen nicht erhoben, doch auch ihm stand der Schreck deutlich ins Gesicht geschrieben. Ein Umstand, der seinen Schüler wesentlich mehr verunsicherte, als die Aufregung seines geschuppten Lehrers. In der ganzen Zeit seiner Ausbildung war der erfahrenere Reiter für ihn ein glänzendes Beispiel für Selbstkontrolle gewesen. Der alte Elf hatte sich so gut im Griff gehabt, dass es schien als würde er keinerlei Selbstzweifel oder Ängste kennen.
Doch jetzt verriet sein Gesichtsausdruck eine ähnlich große Aufregung, wie zu dem Zeitpunkt, als er Eragon über die missglückte Segnung Elvas aufgeklärt hatte.
„Das ist..." „.....der weiße Schatten.", vollendete der goldene Riese, den Satz seines Reiters. Ein tiefes Knurren grollte aus seiner Kehle, und Gefühle von Schmerz und Verlust wanderten durch seinen Geist, während sich ihre Schüler einen verwirrten Blick zuwarfen. „Verzeiht, Meister, aber was meint ihr damit.", versuchte Eragon den goldenen Drachen anzusprechen, aber die Wut seines Lehrmeisters schien so groß zu sein, dass er seine Schüler gar nicht mehr wahr zu nehmen schien. Schließlich war es sein Reiter, der die Frage des Schattentöters beantwortete. „Damals kurz nachdem Galbatorix Shruikans Reiter ermordet hatte und mit dem Schlüpfling und Morzan in die Wildnis geflohen war, bekamen wir Nachricht von einem Drachenreiter, dass ein mächtiger Schatten in Alagaesia gesichtet worden war. Diesem Ungeheuer soll es gelungen sein den Geist eines Drachen zu brechen und ihn zu versklaven." „Als der Ältestenrat damals davon erfuhr", fuhr Glaedr fort, als sein Reiter kurz abbrach, „haben wir sofort einen Reiter entsandt, der sich den Ort an dem der Schatten gesichtet worden war umsehen sollte, um zu erfahren, ob die Gerüchten einen wahren Kern hatten."
Rasselnd holte der goldene Drache Atem. „Doch was er dort fand, war anders als alles was wir jemals gesehen hatten."
Mit den letzten Worten übermittelte Glaedr ein Bild. Der Gedanke den er seinen Schülern sandte, war etwas unscharf, woraus Eragon schloss, dass es sich dabei um die Erinnerung des ausgesandten Drachen oder seines Reiters handelte, der sie lediglich an den goldenen Riesen weitergeleitet hatte. Dennoch konnte er, bereits auf den ersten Blick, die fliegende Gestalt von Sereth erkennen. Zwar war der Nistpartnerin, seiner Seelengefährtin in dieser Erinnerung wesentlich kleiner als zu dem Zeitpunkt, als er ihn kennengelernt hatte, aber der knüppelartige Schweif und die Krone aus fünf weißen Hörnern die an den Spitzen blau zuliefen, waren unverkennbar.
Doch als er seinen Blick von der weißen Gestalt des Drachen zu der Figur auf seinem Rücken gleiten ließ, verzog er erschrocken das Gesicht und auch Saphira stieß ein überraschtes Knurren aus. Bei dem Reiter handelte es sich eindeutig um Karis, doch der Schattenläufer wies einige erschreckende Veränderungen auf. Sein nebelgraues Haar, war durchsetzt mit blutroten Strähnen, die Haut war beinahe totenbleich und in seinen schwarzen Augen glomm ein giftgelber Funken, der ihm eine erschreckende Ähnlichkeit mit Durza verlieh. Während der junge Reiter und seine Drachendame geschockt, die Erinnerung ihres Lehrmeisters beobachteten fuhr Oromis fort. „Der Drachenreiter, den wir damals entsandt hatten, hat uns berichtet, dass er mit der die Kreatur, die ihr eben gesehen habt, gekämpft hat, es ihm aber nicht möglich gewesen war sie zu töten und den Drachen zu befreien." „Als die Bestätigung der Gerüchte Vroengard erreicht hat, ging ein Aufschrei der Empörung durch die Reihen des alten Ordens."
Glaedr schnaubte, als er sich an den Tumult erinnerte, die die damalige Krise ausgelöst hatte. „ Nicht nur den Drachen, auch den Reitern war der Gedanke ein Gräuel, dass es in Alagaesia einen Drachen gab, der von einem Schatten versklavt worden war. Beinahe der gesamte Orden ist losgezogen um ihn zur Strecke zu bringen." Wieder erreichte ein Bild die Gedanken der beiden Schüler und Saphira und ihr Reiter konnten nicht anders als zu staunen, bei dem Anblick der sich ihnen bot. Hunderte von Drachen, die sich von einer Insel im Meer in die Luft erhoben. Manche von ihnen trugen Reiter auf ihren Rücken, während andere sich alleine in den Himmel empor schwangen.
Im Licht der Sonne schillerten ihre Schuppenkleider in allen möglichen Farben und ihre Bewegungen zauberten glitzernde Farbreflexe auf das Land unter ihnen, das unter dem Echo ihrer Flügelschläge erbebte. Das Bild strahlte eine solche Majestät und Kraft aus, dass es Eragon unweigerlich schaudern ließ und Saphira bei dem Gedanken mit einer solchen Anzahl an Artgenossen zu fliegen ein versonnenes Brummen ausstieß.
„Aber leider erwies sich das als schwerer als gedacht.", riss die Stimme des alten Elfen seine Schüler aus der Betrachtung der Erinnerung. „Zwei Jahre lang haben die Reiter ganz Alagaesia durchforstet und selbst die Elfen haben mehrere Einheiten ihrer Krieger entsandt um uns bei der Suche zu unterstützen. Aber leider waren der weiße Schatten und der versklavte Drache sehr schwer aufzuspüren."
„Und von denen die sie fanden kehrten die wenigsten zurück.", grollte der alte Drache. „Dann handelt es sich bei Karis um den Schatten, der damals gegen den alten Orden gekämpft hat?" Eragon konnte es nicht fassen. Zwar hatte sich der Schattenläufer in Bezug auf seine Vergangenheit immer in Schweigen gehüllt, aber die Tatsache, dass der Reiter des Weißen Drachen ein solches Ungeheuer wie Durza sein sollte, konnte er nicht glauben.
„Das kann nicht sein.", knurrte Saphira, bevor einer ihrer Lehrmeister die Frage ihres Reiters beantworten konnte. „In eurer Geschichte, klingt es als ob der Geist von Sereth ähnlich verwirrt wie der von Shruikan sein müsste, aber ich habe mich oft mit ihm unterhalten. Seine Gedanken sind genauso frei und ungebändigt wie meine." Nachdenklich strich sich Oromis über das Kinn. „Das ist in der Tat eine Tatsache, die nicht mit der Geschichte übereinstimmt. Wie Glaedr und ich in euren Erinnerungen sehen konnten, handelt es sich bei dem Reiter der an eurer Seite gekämpft hat eindeutig um denselben, der in alten Zeiten gegen den alten Orden vorgegangen ist. Aber damals hat es immer geheißen, er hätte den Geist des Drachen verwirrt um ihn zu kontrollieren."
„Das ist Unsinn!" Bis jetzt hatte Saphira auf der Seite gelegen, um sich nach dem langen Flug zu schonen, doch jetzt erhob sie sich knurrend auf die Beine. Zwar litten Drachen, anders als menschliche Mütter nicht unter körperlichen Beeinträchtigungen während einer Schwangerschaft, doch sie wurden leichter erschöpft und benötigten mehr Zeit um sich zu erholen.
Dennoch stand die junge Drachenmutter erhobenen Hauptes vor ihren Lehrern. „Denkt ihr ich hätte meinen Nistpartner nicht geprüft, bevor ich mir sicher war, das er eine Paarung würdig wäre. Ich wüsste es, wenn sein Geist geknechtet gewesen wäre."
Oromis und Glaedr warfen sich einen Blick zu. „Das ergibt keinen Sinn. Wir glauben dir natürlich Saphira. Keine Drachendame würde sich dazu herablassen einen Nistpartner zu akzeptieren, wenn sie sich nicht absolut sicher ist, dass er zu ihr passen würde. Und wir vertrauen auf deine Instinkte, dass du den zu dir passenden finden wirst. Aber wenn wir die damaligen Informationen mit den Erkenntnissen vergleichen, die ihr von den beiden gewonnen habt, dann passt das einfach nicht zusammen."
„Weil es vielleicht einfach nicht zusammen passen kann, Ebrithil." Eragon, der in den letzten Minuten, während sich Saphira aufgeregt hatte, angestrengt nachgedacht hatte, blickte seinen beiden Lehrmeistern direkt in die Augen. „Was willst du damit sagen Eragon-Finiarel?" Interessiert musterte der goldene Drache seinen Schüler. Jetzt war es an dem jungen Reiter sich nachdenklich über das Kinn zu streichen. „Ihr habt vorhin gesagt, dass es kurz nachdem Galbatorix Shruikans Ei gestohlen hat zum ersten Mal zu einem Aufeinandertreffen zwischen Karis und den Mitgliedern des alten Ordens gekommen ist. Genau dann wenn der ganze Orden sich eigentlich auf die Suche nach dem Verräter machen sollte, taucht eine neue Bedrohung auf, die erfordert, dass sich alle Mitglieder des Ordens darauf konzentrieren. Findet ihr den Zeitpunkt nicht ein wenig merkwürdig?"
Bei der Andeutung, die sein Schüler machte, wurde Oromis blass und auch Glaedr stieß ein überraschtes Schnauben aus. „Du willst doch nicht sagen...?" Der alte Reiter musste nach Worten ringen. „Doch." Eragon nickte ernst. „Ich glaube, Galbatorix hat Karis als Lockvogel benutzt, damit ihr ihn jagt, während er in aller Ruhe Kraft sammeln und die Reihen des alten Ordens schwächen konnte."
Im ersten Moment wollte Oromis die Idee seines Schülers aufgebracht zurückweisen. Der bloße Gedanke, dass der Orden dem er angehört hatte einen derartigen Fehler begangen haben sollte, schien ihm absurd. Doch er hielt inne, als ihn ein Bild aus der Erinnerung seines Seelengefährten erreichte. Der alte Reiter wurde blass, als er den Elf in der Erinnerung seines Drachen erkannte. Der erste Reiter, der den alten Orden damals vor der Gefahr durch den weißen Schatten gewarnt hatte, war niemand anderes als Kialandi gewesen. Der Elf, der sich später als Abtrünniger entpuppt hatte und der zusammen mit der Abtrünnigen Formora Schuld war an Oromis derzeitiger Schwäche. Das ließ nur einen Schluss zu. Die Vermutung seines Schülers war zutreffend. Erschüttert barg der alte Reiter das Gesicht in den Händen. „Was haben wir getan?"
Auch Glaedr senkte beschämt den Kopf. „Wir haben uns von Äußerlichkeiten täuschen lassen.", erwiderte er erschüttert. „Wir glaubten den Worten Keines der Unseren und daraufhin jagte der alte Orden zwei Jahre lang einen Unschuldigen, während Galbatorix in aller Ruhe seine Macht steigern konnte." Der goldene Drache bot ein Bild des Jammers. Nie hätte der Reiter der blauen Drachendame gedacht, dass ein Geschöpf, von der Größe einer kleinen Festung wie Glaedr so klein wirken konnte. Dennoch waren Eragon und Saphira, die bei Oromis Gefühlsausbruch etwas zurückhaltend gewesen waren, beim letzten Teil, den ihr Lehrmeister angesprochen hatte, hellhörig geworden. Zwar war ihnen bewusst, dass es ein ungünstiger Zeitpunkt war, denn ihre beiden Lehrmeister haderten offensichtlich mit dem Gefühl alter Schuld, dass sie aufgrund der neugewonnenen Erkenntnisse durchflutete, doch die Frage nach dem Grund für die ständig wachsende Macht des Königs, war es schließlich gewesen, die sie hier her geführt.
Daher holte Eragon tief Luft und sprach seinen den alten Reiter an. Mit respektvoller Stimme fragte er: „Mit ist bewusst, dass es einige Zeit in Anspruch nehmen wird, diese neuen Informationen zu verarbeiten und mir ist auch klar, dass es schwer für euch sein muss, aber ich muss euch trotzdem etwas fragen. Ihr erwähntet, dass Galbatorix während der Jagd des Ordens auf den Schattenläufer, selbst Jagd auf Drachen und Reiter gemacht hat und dadurch immer stärker geworden ist. Aber wie ist das möglich?" Im ersten Moment schien es, als ob weder der alte Elf, noch sein Seelengefährte die Kraft hatten, diese Frage zu beantworten, doch dann straffte sich Oromis. Beinahe schon ruckartig setzte er sich auf und das Bild der Schwäche, das er noch vor einem Augenblick dargestellt hatte, schmolz förmlich vor Eragons Augen dahin.
„Es gibt eine Zeit für Schuld und Sühne. Und wenn ich den Reiter des weißen Drachen einmal kennenlerne, dann muss ich mich dringend mit ihm unterhalten. Aber du hast Recht, Eragon-Finiarel, zum jetzigen Zeitpunkt ist es wichtiger, dass du über die Hintergründe hinter Galbatorix Macht aufgeklärt wirst." Aufmerksam blickte Eragon seinen Lehrmeister an und auch Saphira, die sich während Oromis Gefühlsausbruch wieder hingelegt hatte, fixierte den alten Elf mit einem Blick. „Doch es steht mir nicht zu euch darüber zu unterrichten." „Aber wem, dann?", wollte Eragon wissen. „Mir.", der goldene Drache, der sich zumindest äußerlich, ebenfalls von der erschütternden Nachricht erholt zu haben schien, hielt Eragons Blick gefangen. „Die Ursache für Galbatorix Stärke, liegt in den Herzen der Drachen."
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Der Weiße Schatten
FanfictionEin weißer Drache und sein Reiter retten Eragon am Helgrind das Leben und helfen ihm zurück zu den Varden zu gelangen. Doch über ihre Vergangenheit hüllen sich die beiden in Schweigen und auch ihre Fähigkeiten geben den Varden und ihren Verbündeten...