Ein kalter feuchter Hauch streifte Karis Gesicht, als sein Seelengefährte durch eine Wolkenwand flog. Die weiche Masse streifte seinen Körper und hinterließ einen nassen Film auf seiner Haut, der ihn seinen alten Lehrmeister zum wiederholten Mal verfluchen ließ. Das einfache schwarze Wams und die dunkelbraune Weste die er trug hielten ihn zwar angemessen warm, aber sie schützten ihn nicht so effektiv vor den Elementen, wie es sein Mantel vermocht hatte. Das war ihm zwar schon bewusst gewesen, bevor er zwecks eines Patrouillenfluges auf den Rücken seines Seelengefährten gestiegen war, aber in Anbetracht der Umstände hatte er keine große Wahl gehabt. Er wollte seinem Seelengefährten endlich offenbaren, was genau, beziehungsweise wer genau ihm in der Festung Belatonas begegnet war.
Und es war am besten, wenn er das möglichst nicht in der unmittelbaren Nähe der Varden tat. Er erinnerte sich nur zu gut daran, was damals geschehen war, als seine Seelengefährte ihn nach seinem letzten Treffen mit der einarmigen Elfe gefunden hatte. Er hatte blutend und mit einem seelenlosen Gesichtsausdruck auf einem Baumstumpf in Ellesmera gesessen. Sein Verstand und seine Seele völlig ungeschützt, seine Umgebung völlig ignorierend und in seinen Instinkten ertrunken, hatte er an dem abgerissenen Arm der Elfe genagt. Sein halb-wahnsinniger Zustand, hatte Sereth veranlasst, geduldig in einigen Schritten Entfernung zu liegen, wohl wissend, dass er im Moment nicht ansprechbar, dafür aber sehr aggressiv sein konnte.
Daher hatte er, auch wenn es ihn geschmerzt hatte, ihn so zu sehen, beschlossen, darauf zu warten, dass sein Reiter von sich aus erzählen würde, was ihm widerfahren war.Es hatte einige Zeit gedauert, bis er sich wieder soweit in der Wirklichkeit befunden hatte, dass er seinem Seelengefährten die ganze Geschichte hatte erzählen können. Die Bilder die er mit ihm geteilt hatte, hatten sich für immer in den Geist des weißen Riesen gebrannt. Nyrias Verrat und die daraus resultierende Verletzung hatten tiefe Narben auf der Seele seines Reiters hinterlassen, aber dessen Zorn war nichts im Vergleich zu der alles verzehrende Wut, die sein Seelengefährte empfunden hatte, als er aus ihm herausbekommen hatte, was ihm widerfahren war.
Die Bäume in dem Teil Du Weldenvardens waren zersplittert unter seinem hasserfüllten Feuer. Die Gräser gefroren zu winzigen Nadeln, und die wenigen unglücklichen Tiere die nicht mehr rechtzeitig geflohen waren, erstarrten in ewigem Winter. Ihre Körper erstarrt, ihre Augen gebrochene Spiegel und ihre Leben ausgelöscht in einem Wimpernschlag. Dieser Anblick und die Emotionen, die seinen Seelengefährten durchströmt hatten, waren so erschreckend gewesen, dass sie Karis endgültig aus seiner Lethargie gerissen hatten. Trotz der Tatsache, dass er sehr wohl wusste, dass der Drache nur um seinetwegen in solche Raserei verfallen war, war er damals nicht umhingekommen zu ersten Mal Angst vor dem weißen Drachen zu empfinden. Darum hatte er beschlossen, die Erinnerung an die Elfe tief in seiner Seele zu vergraben und sie nie wieder hervorzuholen, um nie wieder eine solche Reaktion in dem weißen Drachen hervorzurufen.
Und jetzt im Moment war er im Begriff, genau das zu tun.
Karis musste sich kurz etwas fester an den Sattel klammern, als der weiße Drache durch eine Unregelmäßigkeit in der Luft flog und den Rhythmus seiner Flügelschläge anpassen musste. Sereth hatte gewusst, dass sein Reiter etwas vor ihm verbarg. Natürlich hatte er es gewusst. Die Verbindung zwischen den beiden war über das letzte Jahrhundert hinweg immer weitergewachsen. Über die Phase, wo sie effektiv etwas voreinander verheimlichen konnten, waren sie längst hinweg.
Natürlich waren sie beide mittels mentaler Schilde und erheblicher geistiger Konzentration, in der Lage Geheimnisse zu bewahren, aber die bloße Tatsache, dass einer von ihnen etwas verbarg, konnte keiner von ihnen mehr vor dem anderen verstecken.
Doch im Laufe des letzten Jahrhunderts hatten sie ebenso gelernt, ihrem Seelengefährten uneingeschränkt zu vertrauen. Auch wenn sie spürten, dass der jeweils andere etwas in seinem Geist vergrub, von dem er wusste, dass es der andere nicht wissen sollte, dann vertrauten sie darauf, dass der andere diese Entscheidung, die keinem von ihnen leicht fiel, in ihrer beider Interesse getroffen hatte. Und das er sie mit dem jeweils anderen teilen würde, wenn die richtige Zeit dafür gekommen war.
Daher hatte Sereth geduldig gewartet, als sein Reiter aus Belatona zurückgekehrt war. Obwohl er gespürt hatte, dass es etwas gab, das seinem Reiter auf der Seele lastete. Doch so geduldig er damals gewesen war, inzwischen fiel es ihm schwer so ruhig zu bleiben. Dieses Geheimnis steckte wie ein Stachel in der Seele seines Reiters und schon im ersten Moment, als er ihn wiedergesehen hatte, hatte er gespürt, dass ihm dieses Geheimnis Unfrieden bescheren würde, doch als er hatte nachfragen wollen, hatte der Anblick seiner Tochter ihn effektiv abgelenkt. Es würde ihn nicht überraschen, wenn sein Reiter dieses Treffen absichtlich so arrangiert hatte. Sein kleiner Schatten konnte manchmal wirklich intrigant sein, wenn er wollte.
„Und reden wir jetzt über das, was dich belastet seit du aus Belatona geflohen bist?" Innerlich stieß Karis ein Seufzen aus. Trotz der Tatsache, dass er auf diesem Patrouillenflug seinem Seelengefährten die Wahrheit offenbaren wollte, hatte er den Großteil des Fluges, während sie knapp unterhalb der Wolkendecke dahingeglitten waren, die Schuppen des Drachen verborgen durch das Weiß des Himmels, in Gedanken versunken verbracht. Er hatte einfach nicht gewusst, wie er es in Worte fassen sollte und jetzt wo er die Zelte der Varden in einigen Hundert Meter Entfernung erkennen konnte, wie sie die Mauern der geschändeten Stadt umringten, realisierte er, dass sie eigentlich fast wieder zu nah am Heerlager der Varden für seinen Geschmack.
Aber das ließ sich jetzt wohl leider nicht mehr ändern. Er konnte nur hoffen, dass sie hoch genug waren um keinen allzu großen Schaden anzurichten. Tief atmete er die klare Luft ein, die sie umgab und schauderte kurz innerlich ob der Kälte, bevor er seinen Geist öffnete. Er begann in der Zelle, wie Ecros und Nyria erschienen waren, wie die Elfe sich zu erkennen gegeben hatte, wie sie ihn mit den Eiern alleine gelassen hatten, das Schlüpfen der Tochter seines Seelengefährten und seine Flucht.
Sein erneutes Aufeinandertreffen mit der Elfe später auf seinem Weg nach draußen, bis er mit seinem Treffen mit Murtagh und Flammwyn abschloss. Eine Weile geschah nichts, nachdem der Gedankenstrom versiegt war. Sereths Geist war wie ein spiegelglatter See, dessen Oberfläche nichts darüber preisgab, was sich unter der Oberfläche befand. Es war, als ob jede Form von Emotion und Ablenkung aus dem Denken des weißen Drachen verschwunden war. Doch das täuschte. Schon bei den ersten Erinnerungen hatte Sereth sich stark zurückhalten müssen.
Der Anblick der spitzohrigen Hexe, die seinen Reiter verletzt hatte, hatte ein Bild in ihm wach gerufen, dass er nie wieder hatte sehen wollen. Dieselbe Erinnerung, die seinen Seelengefährten davon abgehalten hatte, seine Erlebnisse sofort mit ihm zu teilen, nur aus einem anderen Blickwinkel. Das Bild von seinem Reiter wie er seelenlos auf einer Lichtung saß und an einem ausgerissenen Arm knabberte, war tief in seine Seele eingedrungen, doch noch weitaus tiefere Narben hatten die Empfindungen hinterlassen, die er damals empfangen hatte.
Die bodenlose Trauer und Verzweiflung, die ihn damals aus dem Geist seines kleinen Schattens geflutet hatten, hatten ihm den Atem verschlagen.
Es war, als würde er durch einen Wolke aus klebrigem schwarzem Rauch fliegen, die bei jedem Atemzug den er tat, in seine Luge eindrang und ihn immer weiter von innen ausfüllte, bis sein Brustkorb zu bersten drohte. Diese Empfindung war schrecklich gewesen. Und sie hatte etwas in dem weißen Riesen wach gerufen. Einen Instinkt, so alt wie die Verbindung von Drache und Reiter. Kein Reiterdrache tolerierte es, wenn sein Seelengefährte so tief verletzt wurde, wie es seinem kleinen Schatten wiederfahren war. Er wollte seine Krallen in das Elfenweib schlagen, er wollte seine Zähne in ihre Kehle graben und mit ansehen, wie langsam das Leben aus ihrem Körper wich und er wollte sie langsam in seinem Feuer baden, bis sie Stück für Stück zerbarst.
Er bekam gar nicht mit, wie die Erinnerungen an das damalige Ereignis sein Denken beeinflussten. Die Luft um die beiden Seelengefährten wurde immer kälter und dichte Atemwölkchen wurden sichtbar, die aus dem Mund der beiden Seelengefährten strömten, während vergrabene Emotionen in dem weißen Drachen empordrängten. Bilder fluteten seinen Geist, erfüllten sein Denken und ohne dass es ihm bewusst wurde, setzte er am Himmel dicht unter der Wolkendecke seine Magie frei. Es war kein loderndes ungezügeltes Feuer, wie das, das er beim letzten Mal freigesetzt hatte, es war keine berstendes Krachen, wie einer der sich bewegenden Gletscher, die man im hohen Norden beobachten konnte, nein, dieses Mal war die Magie, die aus dem weißen Riesen strömte sanft, weiß und weich.
Aber nicht weniger tödlich!
Mit großen Augen, beobachtete Karis wie die Luft um sie herum sich mit kleinen Wölkchen füllte. Sie waren hauchzart, wie der erste Schnee des Jahres und tanzten um sie herum wie zarte Flöckchen, die keiner Fliege etwas zu leide tun konnten. Aber, wie er schon früh in seinem Leben gelernt hatte, sollte man bei der Magie, ebenso wenig wie bei einem Zweikampf nach dem äußeren Schein gehen. Als er flüchtig die Hand nach einer der kleinen schwebenden Flocken ausstreckte, zog er sie ruckartig zurück, als die Kälte sich in seine Hand brannte und wie flüssiges Gift seinen Arm hinaufkroch. Leise fluchend beobachtete er die kleine Blume aus Eis, die sich auf seiner Fingerspitze gebildet hatte, bevor er schnell seine Umgebung studierte.
Glücklicherweise hatte die Entladung aus Drachenmagie, sich nicht so weit ausgebreitet, wie er angenommen hatte. Der Schnee rieselte unter ihnen zu Boden, wo er eine zarte Spur aus Eisblumen hinterließ und glücklicherweise schien Sereth sich nicht von der Stelle bewegen zu wollen. Seine Flügelschläge hielt er aus reiner Gewohnheit aufrecht, sodass er in Gedanken versunken einige 100 Meter von dem Heerlager entfernt unter der Wolkendecke schwebte.
Mit einem geflüsterten „Brisingr", erzeugte sein Reiter eine kleine schwarze Flamme, die die Eisblume auf seiner Fingerkuppe schmolz, bevor er die kleine Wunde heilte. Danach wandte er sich dem weißen Drachen unter sich zu. Sereth war noch immer in Erinnerungen versunken, doch der magische Schneeschauer, den er hervorgerufen hatte, begann offensichtlich an seinen Kräften zu zehren. Noch waren seine Flügelschläge kräftig, doch Karis konnte die zunehmende Anspannung spüren, die seinen Seelengefährten ergriff, auch wenn dieser sie noch nicht wahrnahm. Stattdessen ließ er sich in blutrünstigem Tonfall, grollend über die Elfe aus.
„Diese Schatten-herzige Lethrblaka - Darmgeburt ist noch am Leben? Wenn ich sie in die Krallen bekomme, werde ich....." In schillerndsten Farben glitt der Drache durch die Anzahl an Beleidigungen, die er im Laufe der Jahrhunderte von seinem Reiter aufgeschnappt hatte. In minuziöser Feinarbeit zählte er auf, was er am liebsten mit der spitzohrigen Hexe anstellen würde, sollte sie ihm jemals vor die Schnauze kommen und ließ sich darüber aus, wie krank diese sein müsse, wenn sie sich in den Dienst eines Schattens stellte.
Unter normalen Umständen hätte Karis an der Schimpftirade seines Drachen wahre Freude gehabt und würde einfach abwarten, bis sein Seelengefährte sich angemessen abreagiert hatte, um ihn wieder anzusprechen, aber in diesem Fall war das keine Option. Er spürte deutlich, wie der Drache immer weiter in Hass und Zorn versank, während seine Flügelschläge immer matter und kraftloser wurden.
Er musste schnell handeln, bevor sein Seelengefährte sich noch ernsthaft gefährdete.
Langsam und vorsichtig nahm er Kontakt zu dem weißen Riesen auf. Damals hatte Sereth, Karis aus seinem Tief der Verzweiflung geholt und heute würde er dasselbe für ihn tun. Fast augenblicklich nahm er den Strudel aus Zorn und Hass war, der seinen Freund gefangen hielt. Der Wirbel aus negativen Emotionen, ließ keinen konzentrierten Gedanken seitens des Drachen zu und auch Karis fiel es schwer sich nicht davon mitreißen zu lassen. Vor allem, da es sich bei vielen der Emotionen, die er auffing um alte Gefühle handelte, welche ursprünglich von ihm stammten und die Sereth nur mit ihm geteilt hatte.
Zuerst versuchte er die Gedankenstimmen, die das Bewusstsein seines Seelengefährten, wie die verschiedenen Lagen einer Panzerung umgaben zu durchbrechen, doch schon beim ersten Versuch stellte er fest, dass das unmöglich war. Der Schutzwall aus dunklem Eis, den der Wirbel bildete, stand der diamantenen Härte seiner Schuppen in nichts nach und war nahezu undurchdringbar. Zwar hätte Karis mit genügend Zeit sicher einen Weg hineingefunden, indem er seine schwarzen Scherben verwendete, aber die negativen Empfindungen, die er dafür nutzte standen dem eigentlichen Ziel dieser Kontaktaufnahme beträchtlich im Weg.
Daher entschied er sich für einen andere Methode. Langsam und vorsichtig ließ er positive Erinnerungen in sich aufsteigen. Momente der Freude und des Glücks, die die beiden Seelengefährten miteinander geteilt hatten. Kleine Perlen aus Licht in einem Ozean aus Finsternis, ließ er in sanften Wogen gegen den Wirbel aus negativen Gedanken schwappen. Eine Nacht in einer Höhle, nachdem sie Ecros verlassen hatten. Sie hatten aneinander gekuschelt dagelegen und nichts anderes getan, als die Gesellschaft des jeweils anderen zu genießen.
Die kleinen Momente des stillen Verständnisses, die sie über das letzte Jahrhundert hinweg miteinander geteilt hatten und die ihnen zeigten, dass es niemanden in dem ganzen Land gab, der sie so sehr verstand, wie der andere Teil ihrer Seele.
Das erste Treffen mit seiner und Saphiras Tochter, die erste Begegnung mit seiner Angebeteten ebenso wie der Anblick dreier naseweiser Drachenküken, denen sie vor vielen Jahren begegnet waren. Sie tollten ausgelassen über dem Meer und spritzten einander mit Gischt voll. Eines in fließendem Silber, wie ein Fluss in der Sonne, das zweite in einem satten Bronzeton und das dritte in einem hellen Orange.
Gefolgt von zahllosen Momenten des Beisammenseins der beiden Seelengefährten, die dem Reiter selbst nach der Finsternis, die die beiden hervorgebracht hatte, ein warmes Gefühl zu bescheren vermochten. All das ließ er in das Bewusstsein seines Seelengefährten fließen und setzte es den negativen Gedanken entgegen, die seinen Seelengefährten gefangen hielten. Er spürte langsam aber sicher wie die Empfindungen in dem weißen Drachen zu schwanken begannen. Der Strudel verlor an Fahrt, als sich Zorn und Schmerz in dem sanften goldenen Glanz der den Drachen flutete, aufzulösen begannen. Nur ein kleiner hartnäckiger Kern verharrte wie eine Zecke in dem Geist.
Diese Tatsache irritierte den Schattenläufer einen Moment, bis er den Grund dahinter erkannte. Er stieß ein lautes Seufzen aus, was ihn unwillkürlich husten ließ. Die Luft um ihn herum war immer noch unmenschlich kalt. Kurz schüttelte es ihn kräftig, bevor es ihm gelang, sich wieder zu konzentrieren. Er hätte es wissen sollen. Die Ursache, dieses nagenden Zorns waren Schuldgefühle die der weiße Riese bereits seit damals mit sich herumtrug. Schuldgefühle, ob der Tatsache, dass er seinen Reiter nicht hatte beschützen können. Dass er es zugelassen hatte, dass dieses Elfenweib ihn sowohl körperlich, als auch seelisch verstümmelt hatte, war etwas das dem weißen Riesen seit damals auf der Seele lastete.
Kurz löste Karis die geistige Verbindung und ließ seinen Blick orientierungslos durch die Gegend schweifen.
Er hätte nicht gedacht, dass diese alten Schuldgefühle noch immer so stark in dem Drachen waren. Seine nächsten Schritte musste er sich jetzt genau überlegen. Für den nächsten Teil brauchte er konkrete Tatsachen, das war nichts das er mit übermittelten Gefühlen lösen konnte, da diese Emotionen auf konkreten Bildern ihrer Vergangenheit basierten. Darum dachte er für einen Moment nach, wobei er mit zunehmender Sorge die immer schwächer werdenden Flügelschläge des Drachen registrierte.
Aber Sereth schien in seinem Zorn gar nichts von seiner zunehmenden Schwäche mitzubekommen. Schließlich hatte sich Karis genug gesammelt um seinen Seelengefährten erneut anzusprechen. „Du konntest nichts dafür." Klar wie ein Bergsee schnitt seine Stimme durch die letzte Schicht der inneren Verteidigung seines Drachen.
„Ich hätte damals nicht auf dich gehört. Wir waren beide so von Ecros Gefangenschaft geprägt, dass wir uns nach dem kleinsten Bisschen Nähe und Zuneigung gesehnt haben. Du hättest nichts sagen oder tun können, um mich von meinem damaligen Pfad abzubringen."
Seine Stimme war völlig ruhig und stand in totalem Gegensatz zu dem Orkan, der gerade noch in dem weißen Drachen getobt hatte und noch immer konnte Karis vereinzelte Böen aus Zorn den Geist seines Seelengefährten durchstreifen spüren. „Aber ich hätte aufmerksamer sein müssen.", argumentierte der weiße Drache bockig und hörte sich dabei an wie ein trotziges Kind. Ein Tonfall, den Karis von seinem inzwischen weit über 100 Jahre alten Seelengefährten überhaupt nicht mehr gewohnt war. Der Drache schien mit aller Macht die Schuld an dem damaligen Ereignis bei sich suchen zu wollen.
Karis seufzte innerlich. „Wenn du schon jemandem die Schuld an diesem Desaster geben willst, dann suche sie bei mir. Ich habe ihr immerhin nicht nur mein Herz geöffnet, sondern auch noch die Waffe geschenkt, mit der sie mich verletzt hat."
Beim letzten Satz schlug sich Karis innerlich gegen die Stirn. „Und die sie jetzt wieder hat.", stöhnte er innerlich. „Und deinen Mantel hat sie auch.", fügte Sereth hilfreich hinzu, was ihm einen beleidigten Schlag gegen eines seiner Hörner einbrachte. „Vielen Dank für die Erinnerung." Kurz stieß der Drache ein amüsiertes Kichern aus. Doch der Schattenläufer konnte ihm nicht böse sein. Viel zu sehr genoss er es, dass die dunkeln Wolken nach und nach aus der Gedankenwelt seines weißen Seelenbruders verschwanden und sich sein Geist immer mehr lichtete.„Danke, kleiner Schatten."
„Dafür nicht, Frostschwinge, das weißt du doch."
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Der Weiße Schatten
FanfictionEin weißer Drache und sein Reiter retten Eragon am Helgrind das Leben und helfen ihm zurück zu den Varden zu gelangen. Doch über ihre Vergangenheit hüllen sich die beiden in Schweigen und auch ihre Fähigkeiten geben den Varden und ihren Verbündeten...