37. Gespräche vor der Schlacht

340 15 1
                                    


Angespannt blickte Karis auf den handflächengroßen Spiegel, der in seiner Hand ruhte und auf dem sich die Züge des Schattentöters abzeichneten. Er hatte gerade an einem seiner Artefakte gearbeitet, als einer seiner Schutzzauber, der ihn vor der Traumsicht schützte, aktiviert worden war. Dabei handelte es sich allerdings nicht um einen gewöhnlichen Gegenzauber, wie ihn die meisten Magier verwendeten. Schließlich war jedem Magier klar, dass es mit einer ausreichenden Menge an Energie möglich war, jeden magisch geschaffenen Schutz zu durchbrechen. Daher hatte Karis seinen Schutzzauber gegen die Traumsicht schon vor einigen Jahren umstrukturiert und ihn mit dem Spiegel, den er jetzt in Händen hielt verbunden.
Dadurch wurde jedes Mal, wenn jemand versuchte ihn mit der Traumsicht zu beobachten, das Bild auf den Spiegel umgeleitet, den Karis meistens in seiner Tasche mit sich trug. Der Vorteil daran war, dass dieser Zauber für den Anwender der Traumsicht nahezu unaufspürbar war. Solange der Spiegel sich in Karis Tasche befand, blieb das Bild aufgrund der mangelnden Beleuchtung schwarz, weshalb die meisten Angreifer davon ausgingen, dass er von einen magischen Schutzwall blockiert wurde. Wenn er dann versuchte diesen zu durchbrechen, verschwendete er einen beträchtlichen Teil seiner Energie dafür, gegen einen Zauber anzukämpfen, der gar nicht da war, während Karis, der durch ein klingendes Geräusch, welches der Spiegel jedes Mal von sich gab, wenn er jemand durch ihn eine Verbindung aufbaute, gewarnt wurde, dass jemand versuchte ihn zu erreichen, sich besonders still verhielt.
Für den Fall, dass der Anwender der Traumsicht eine Variante gewirkt hatte, die es ihm ermöglichte sowohl zu sehen, als auch zu hören, was vor sich ging.
Aber heute hatte, er als sein Spiegel sich bei ihm gemeldet hatte, das Gegenteil gemacht. Er hatte bereits damit gerechnet, dass der Reiter der Varden, sich bei ihm melden würde. Schon mehrmals hatten die Mitglieder der Elfengarde versucht, durch die geistige Verbindung der Citharki mit ihm Kontakt aufzunehmen. Und als er am vorigen Tag Brionna gesehen hatte, hatte sie ihm mitgeteilt, dass die Elfen über seine Anwesenheit im Umland von Gil ead informiert worden waren. Dem Elfenmagier Bloedhgarm war es gelungen durch die Augen eines der Citharki, einen Blick auf Karis und Sereth, zu werfen und er hatte die Umrisse der Stadt erkannt, die sich dabei in ihrem Hintergrund erhoben hatte.
Doch wo genau er sich aufhielt hatte er nicht erkennen können und seitdem wehrte Karis jede Möglichkeit zur Kontaktaufnahme ab. Auch Brionna, die er an manchen Tagen sah, traf er am anderen Ufer des Isenstar. Dadurch konnte sie, wenn die Elfenkönigin, die sie, nach dem Erhalt der Informationen, schon mehrmals zusammen mit den Spähern ausgeschickt hatte, glaubhaft in der alten Sprache versichern, dass sie keine Ahnung hatte, wo er sich aufhielt. Zwar war ihr etwas unwohl dabei, ihrer Königin eine solche Halbwahrheit zu erzählen, doch Karis hatte war es gelungen sie zu beruhigen, indem er ihr in der alten Sprache versichert hatte, dass er alles nach dem Kampf mit dem Reiter des roten Drachen aufklären würde. Kaum einen Tag nach den vergeblichen Versuchen der Kontaktaufnahme der Elfenarmee, hatte sich der jüngere Reiter bei ihm gemeldet.
„Hallo, Eragon. Wo seid ihr beiden gerade?"
Aus dem Winkel aus dem Karis den Schattentöter in seinem Spiegel sehen konnte, schloss Karis, dass der jüngere Reiter sein Bild in einer Wasserschale heraufbeschworen hatte. Den abgesehen von Eragon konnte der Schattenläufer lediglich die Sterne sehen, die über seinem Kopf schwebten. „Saphira und ich sind inzwischen wieder auf dem Rückweg zu den Varden. Aber wir haben gestern Abend eine Nachricht von Arya erhalten, die besagt, dass du und Sereth an dem Tag an dem Saphira nach Farthen Dur aufgebrochen ist, schon kurz nach ihr die Varden verlassen habt."
„Stimmt", erwiderte Karis ungerührt, „Und ich bin sicher Saphira har dir auch mitgeteilt, warum." „Das hat sie. Und ebenso wie Saphira, kann ich eure Entscheidung verstehen und hoffe, dass ihr Erfolg haben werdet. Aber das ist eigentlich auch nicht der Grund, weswegen wir uns bei euch melden." Für einen kurzen Augenblick wandte der jüngere Reiter seinen Blick von dem Spiegel ab. Der Schattenläufer vermutete, dass er kurz mit seiner Drachendame sprach, den kurz bevor sein Gesprächspartner seine Augen wieder ihm zuwandte, erklang ein zustimmendes Schnauben aus dem Spiegel.
Karis konnte sehen wie der jüngere Reiter sich anspannte, als er wieder zu sprechen begann. „Als wir in Ellesmera bei unseren Lehrmeistern waren, haben wir ihnen von euch erzählt. " „Und was haben sie gesagt?" Angespannt wartete Karis auf die Antwort des Schattentöters. Wenn es sich bei den Lehrern des jüngeren Reiters um Elfen handelte, die so alt und erfahren waren, dass man ihnen zutraute, einen Drachenreiter zu unterrichten, dann war es durchaus möglich, dass diese ihn erkannt hatten. Und wenn sie dem Schattentöter erzählt hatten, was damals vorgefallen war, dann würde es für ihn und Sereth schwer werden sie von ihrer Unschuld zu überzeugen. Immerhin stand ihr Wort gegen das des alten Ordens, der wenn auch von dem Abtrünnigen manipuliert, viel Gutes in Alagaesia bewirkt hatte. Der Schattenläufer bezweifelte, dass seine Aussage gegen die Version, der damaligen Drachenreiter ankommen würde.
„Beruhige dich, kleiner Schatten. Ich denke du interpretierst zu viel in seine Aussage hinein.", brandete die dunkle Stimme seines Seelengefährten in Karis Gedanken. Der weiße Drache, der der Unterhaltung bis jetzt keine große Beachtung geschenkt hatte, hob den Kopf. Karis Stimme war nicht mehr als ein Flüstern. „Wie meinst du das." Ohne den Blick von dem Spiegel in seiner Hand zu lösen, sandte der Reiter seines Drachen, einen fragenden Gedanken. „Wäre die Angelegenheit, wie du befürchtest, dann wäre Eragon wesentlich zorniger und enttäuschter. Du weißt, dass ihr Zweibeiner für mich alle gleich ausseht, aber wenn ich ihn durch deine Augen betrachte, scheint er weder das eine, noch das andere zu sein." Nachdenklich musterte Sereths Reiter, das Bild des Schatttentöters, das sich in seiner Handfläche abzeichnete.
Sein weißer Seelengefährte hatte Recht. Der jüngere Reiter wirkte nicht wirklich verärgert, vielmehr schien er recht verunsichert zu sein. „Meine Lehrmeister in Ellesmera haben mir erzählt, dass es zur Zeit des alten Ordens eine Bedrohung für den Orden gegeben haben soll, die verhindert hat, dass sich die ganze Aufmerksamkeit des alten Ordens auf Galbatorix richtet. Ein mächtiger Schatten soll damals Jagd auf einzelne Reiter und Drachen gemacht haben. Und aus dem Bild von dir und Sereth, das ich ihnen aus meiner Erinnerung gezeigt habe, haben sie euch wiedererkannt." Auch wenn der Reiter der Varden sich zu Anfang bemüht hatte, seiner Stimme einen festen Klang zu geben, konnte Karis doch deutlich die Unsicherheit hören, die bei den letzten Worten darin mitschwang. „Und du möchtest jetzt wissen, inwieweit diese Geschichte der Wahrheit entspricht?", vollendete Karis den Gedankengang des jüngeren Reiters.
Eragon nickte. Plötzlich wurde der Hintergrund hinter dem Schattentöter blau. Karis brauchte einen Moment bis er erkannte, dass die saphirblaue Drachendame des jüngeren Reiters sich hinter ihrem Seelengefährten positioniert hatte, um ebenfalls einen Blick in den Spiegel zu werfen. Anscheinend war sie an der Geschichte ebenso interessiert, wie ihr Reiter. Verständlich, immerhin war ihr Nistpartner von dieser ebenso betroffen, wie Karis.
Nachdenklich kratzte sich der Schattenläufer am Hinterkopf.
„Das ist nicht so leicht zu erklären. Um eines gleich vorneweg zu sagen, ich habe nie Jagd auf die Mitglieder des alten Ordens gemacht und abgesehen von den Abtrünnigen, habe ich auch nie einen von ihnen getötet." Er hatte in der alten Sprache gesprochen, um jegliche Missverständnisse zu vermeiden. Sereths Reiter konnte förmlich sehen, wie das Gesicht des jüngeren Reiters sich, bei diesen Worten, unwillkürlich entspannte. Eragon stieß erleichtert die Luft aus. „Das hatte ich bereits vermutet. Ich glaube, dass damals Kialandi dem Orden, falsche Informationen hat zukommen lassen, damit du zum Sündenbock für viele von Galbatorix Grausamkeiten geworden bist."
Überrascht hob Karis eine Augenbraue. „Wie kommst du denn darauf." „Als ich meinem Lehrmeister in Ellesmera aus meinen Erinnerungen ein Bild von dir und Sereth gezeigt habe, hat er dich sofort als die Bedrohung erkannt, die damals gegen den alten Orden gekämpft hat. Damals hat es aber immer geheißen, dass du den Geist deines Drachen verwirrt hast, um ihn zu kontrollieren. Aber Saphira hat dem sofort widersprochen, immerhin hat sie ihren Nistpartner geprüft, bevor sie bereit war sich zu paaren und einen geknechteten Brutpartner hätte sie niemals akzeptiert." Die blaue Drachendame, deren Kopf immer noch hinter ihrem Reiter schwebte, stieß ein zustimmendes Schnauben aus. „Daraus habe ich geschlossen, dass an der Geschichte etwas faul sein musste. Außerdem hat der Zeitpunkt eures Erscheinens uns misstrauisch gemacht. Gerade in dem Moment in dem der ganze Orden sich auf die Suche nach dem Mörder von Shruikans Reiter machen wollte, taucht eine neue Bedrohung auf, die sie davon ablenkt. Das hat einfach zu gut gepasst."
Anerkennend nickte Karis dem jüngeren Reiter zu. „Ich bin wirklich beeindruckt, Schattentöter. Ich bin damals nicht so schnell dahinter gekommen, dass Galbatorix mich nur benutzt hat. Und Gewissheit hatte ich erst als ich vor einigen Jahren Kialandi und Formora getötet habe. Bevor ich die beiden damals erledigt habe, habe ich ihre Erinnerungen erforscht. Der Reiter den der damalige Ältestenrat ausgesandt hatte, war ein junger menschlicher Reiter, der eine Schwäche für Formora gehabt hat. Sie hat diese Gefühle ausgenutzt und ihm eingeredet, dass sie ihn erhören würde, wenn er den neuen Schatten für sie töten würde. Als er mich dann gefunden hatte, hat der arme Tropf mich, in dem verzweifelten Versuch, sich seiner Angebeteten als würdig zu erweisen, sofort angegriffen, ohne mir auch nur die Gelegenheit zu geben mich vorzustellen, oder zu erklären, wieso ich so aussah."
Hilflos hob Karis die Schultern. „Was hätte ich damals anderes machen sollen, als den Reiter und seinen Drachen so schnell und schmerzlos wie möglich, außer Gefecht zu setzen und dann zu verschwinden." „Warum hast du nachdem du sie überwältigt hast, nicht gewartet bis sie wieder zu sich gekommen sind und ihnen dann deine Situation erklärt?", wollte Saphiras Reiter wissen. „Weil ich damals sehr verschüchtert war. Ich hatte gerade erst meine Freiheit wiedergefunden und als dieser Reiter mich grundlos angegriffen hat, habe ich Panik bekommen. Wir hatten damals gerade eine schwere Zeit hinter uns und nach dem unprovozierten Abgriff waren wir ziemlich durcheinander."
Bei den letzten Worten war Karis Stimme leiser geworden. Der Schattentöter konnte erkennen, dass der ältere Reiter mit düsteren Erinnerungen rang, daher wartete er einen Moment, bevor er fragte: „Was ist euch denn widerfahren?" Ruckartig hob Sereths Reiter den Blick. Kurz schüttelte er den Kopf um die Schatten der Vergangenheit, die wie Spinnweben seine Gedanken verklebten, abzustreifen, ehe er unwirsch erwiderte: „Sagen wir einfach, es war eine Zeit die uns noch lange verfolgen wird."
Dann jedoch meinte er sanfter: „Die genauen Einzelheiten werde ich euch erzählen, nachdem ich Murtagh und Dorn gefangengenommen habe. Das ist eine längere Geschichte und ich will sie nur einmal erzählen." Verständnisvoll nickte Eragon dem älteren Reiter zu. „Ich verstehe. Aber eine Frage habe ich noch. Wenn ihr vorhabt, in den nächsten Tagen an der Seite der Elfen zu kämpfen, weshalb habt ihr noch keinen Kontakt zu ihnen aufgenommen? Mit ihrer Hilfe wäre es sicher bedeutend einfacher, meinen Halbbruder und seinen Drachen zu befreien." „Ganz einfach", Karis hielt inne, als ihm die Bedeutung der letzten Worte des Schattentöters klar wurde. „Wieso Halbbruder?"
Etwas verlegen strich sich der Saphiras Reiter durch die Ansätze eines Bartes, der sich auf seinem Gesicht bemerkbar machte. „Ich habe in Ellesmera erfahren, dass Murtagh und ich dieselbe Mutter, aber nicht denselben Vater haben. Mein Vater war Brom." Überrascht hob Karis eine Augenbraue. Und auch Sereth stieß ein verwundertes Schnauben aus. „Brom hatte einen Sohn." Die Verblüffung des weißen Drachen klang in Karis Geist wieder, ehe sie zu Amüsiertheit wurde. „Kein Wunder, dass er nach seinem Sieg über Morzan, nicht mehr gegen den König gekämpft hat. Er wollte ein Auge auf sein Küken haben." Karis stimmte seinem Seelengefährten zu. Einen kurzen Moment teilte er die Amüsiertheit seines Seelengefährten, ehe er an den Schattentöter gewandt fortfuhr: „Das freut mich für dich. Du bist bestimmt froh Morzans Erbe los zu sein."
Saphiras Reiter nickte. Er wollte gerade den Mund öffnen um etwas zu erwidern, als er stutzte. „Woher weißt du, dass ich dachte, dass Morzan mein Vater wäre? Ich habe dir das nicht erzählt und bei den Varden war das kein allgemein bekanntes Wissen." „Ähm"; verlegen fuhr sich Karis durch die Haare, „Es könnte sein, dass ich dich und Nasuada manchmal belauscht habe. Aus Versehen, natürlich." Spöttisch grinsend erwiderte der jüngere Reiter seinen Blick. „Natürlich." „Natürlich.", wiederholte Karis unbehaglich, während sein Drache hinter ihm bemüht war sich seine spöttische Freue ob des Unbehagens seines Reiters nicht anmerken zu lassen. „Ich würde euch doch niemals absichtlich belauschen. Wie dem auch sei", bemühte der Schattenläufer sich das Thema zu wechseln.
„Du wolltest vorhin wissen, weshalb ich noch keinen Kontakt zu den Elfen aufgenommen habe." Eragon, der jetzt wieder ernst wurde nickte. „Sie verabscheuen den Gedanken, dass ein Drache und sein Reiter gezwungen sind für Galbatorix zu kämpfen genauso wie wir. Und mit ihrer Hilfe würde es dir sicher wesentlich leichter fallen, sie gefangen zu nehmen." Etwas hilflos hob Karis die Schultern. „Daran zweifle ich nicht. Es gibt da nur ein Problem, dass geklärt werden müsste, bevor ich an ihrer Seite kämpfen könnte."
Einen Moment blickte der jüngere Reiter ihn verwirrt an, bis er plötzlich den Blick abwandte und seine Seelengefährtin ansah, deren Kopf immer noch über ihm schwebte. Nach kurzer Zeit leuchtete Erkenntnis in seinem Gesicht auf und als er seinen Blick wieder auf den Schattenläufer richtete, meinte dieser trocken. „Ohne unsere Drachen wären wir Reiter manchmal hoffnungslos verloren, was?" Gleichzeitig stießen Sereth und Saphira ein zustimmendes, aber freundschaftliches Schnauben aus.
„Stimmt.", erwiderte Eragon. „Zum jetzigen Zeitpunkt würde es mehr schaden, als helfen, wenn du dich offen im Lager der Elfen zeigen würdest." Karis nickte grimmig. „Ich kenne die Einstellung der Elfen. Selbst die, die sich den anderen Völkern nicht als überlegen ansehen, besitzen die Einstellung, dass ihr Volk über eine gewisse natürliche Weisheit besitzt, welche sie davor bewahrt, dass sie schlimmes Unrecht begehen. Würden sie erfahren, dass ihr Volk zusammen mit dem alten Orden zwei Jahre lang einen Unschuldigen gejagt hat, wäre das ein verheerender Schlag für die Moral ihres Volkes." Auch Eragon hatte einen grimmigen Gesichtsausdruck aufgesetzt.
Ihm war anzusehen, dass ihm der Gedanke nicht gefiel, ein solches Geheimnis vor den Völkern zu verbergen, aber sah den Sinn hinter Karis Absicht. „Darum haben Sereth und ich mich dazu entschlossen Murtagh und Dorn erst einmal alleine zu stellen und erst nachdem wir die beiden gefangen genommen haben Kontakt zu den Elfen aufzunehmen. Wenn sie dann meine Geschichte erfahren, haben sie Zeit, bis sie vor Uru baen stehen um mit der Wahrheit fertig zu werden." „Das scheint mir auch das Beste zu sein.", bestätigte der jüngere Reiter die Einschätzung des Älteren. „Hast du schon eine Ahnung wann die Elfen angreifen werden?" „Morgen früh, beim ersten Sonnenstrahl werden sie die Stadt angreifen. Sie wollten zuerst noch auf Verstärkung aus Ellesmera warten. Auch wenn ich keine Ahnung habe, wer das sein soll."
Karis brach ab, als bei den letzten Worten, ein verschmitztes Lächeln über das Gesicht des Schattentöters huschte. „Aber du anscheinend schon." Eragon nickte. „Sagen wir einfach du wirst in der kommenden Schlacht nicht so allein dastehen, wie du es gewohnt bist." Argwöhnisch verengten sich die Augen des älteren Reiters. „Dann nehme ich an, wir erwarten deine Lehrmeister?" Als der jüngere Reiter das bejahte, stieß der weiße Drache ein amüsiertes Schnauben aus. „Das wird interessant. Wir hatten noch nie ein Mitglied des alten Ordens auf unserer Seite."
Einen Moment lang blickte Karis irritiert zu seinem Drachen, ehe die Erkenntnis sich in ihm ausbreitete. Ein Lächeln glitt über sein Gesicht, als er sich wieder an den Schattentöter wandte, der ihn aus dem Spiegel, fragend anblickte. „Warum lächelst du so?" „Weil Sereth gerade etwas aufgefallen ist. Bei euren Lehrmeistern handelt es sich anscheinend um einen Reiter und einen Drachen, aus der Zeit des alten Ordens." Verblüfft tauschte Eragon einen Blick mit seiner Drachendame, ehe er antwortete. „Woher wisst ihr das?" „Dafür gab es mehrere Anzeichen.", erklärte Karis. „Zum ersten Mal ist Sereth bei Saphiras Luftkampf mit Dorn aufgefallen, dass sie einige der Flugmanöver beherrscht hat, die wir damals als der alte Ordens uns gejagt hat, aus erster Hand beobachten konnten. Und sie hat sie tadellos ausgeführt. Selbst eine Drachendame die sich am Himmel so heimisch fühlt wie deine Seelengefährtin, wäre nicht in der Lage solche Flugtechniken auf eigene Faust zu entwickeln und in der kurzen Zeit zu perfektionieren." Während Saphira bei diesem Kompliment geschmeichelt zwinkerte, blickte ihr Reiter skeptisch. „Aber sie hätte diese Flugtechniken doch aus den Erinnerungen der Elfen haben können, bei denen wir unterrichtet worden sind?"
Karis schüttelte den Kopf und auch Saphira und Sereth stießen ein verneinendes Knurren aus. „So funktioniert das nicht, Schattentöter. Zwar hätte ein Elf deiner Drachendame ein Flugmanöver beschreiben können, das er einmal bei einem Drachen des alten Ordens beobachtet hat und er hätte es ihr auch aus seinen Erinnerungen zeigen können, aber niemals hätte er es ihr so gut erklären können, dass sie es zu einer solchen Meisterschaft in ihrer Flugtechnik bringt. Nur ein Wesen, dass das Gefühl von Freiheit in der Luft und dem Wind unter seinen Flügeln kennt, wäre in der Lage ihr dieses Wissen zu vermitteln." Aus dem abwesenden Gesichtsausdruck des Schattentöters schloss Karis, dass seine Drachendame ihm gerade dasselbe wie er erklärte, deshalb wartete er einen Moment, ehe er fortfuhr. „Und außerdem war da noch die Technik zur Energiegewinnung aus dem Leben um mich herum, die du mich gelehrt hast. Du sagtest, selbst unter den Mitgliedern des alten Ordens war dieses Wissen nicht vielen bekannt. Also wer außer einem Ältesten des alten Ordens hätte es dich lehren sollen."
Ertappt fuhr sich der jüngere Reiter durch die Haare. „Ich schätze, da ist alles Leugnen zwecklos." „Stimmt", entgegnete Karis trocken. „Dann nehme ich an, wir lernen morgen eure Lehrmeister kennen. Morgen sollte nämlich die Verstärkung der Elfen hier ankommen und Königin Islanzadi hat beschlossen im Morgengrauen den Angriff zu beginnen." Der jüngere Reiter nickte. Sein Gesicht war jetzt wieder todernst. „Dann wird es sich morgen entscheiden." Karis nickte. „Ich melde mich wieder bei dir wenn die Schlacht vorbei ist." Mit einer flüchtigen Bewegung wollte er die Verbindung trennen, als die Stimme des Schattentöters ihn innehalten ließ. „Warte noch kurz." Verwirrt blickte Karis den jüngeren Reiter an. „Was ist denn noch?" „Ich wollte nur fragen, jetzt wo du weißt, dass mein Lehrmeister ein Mitglied des Ordens ist, der dich gejagt hat, ...naja,..ob du einen gewissen Groll gegen ihn hegst?"
Nachdenklich tauschte Karis einen Blick mit seinem Seelengefährten, bevor er antwortete. „Ich würde lügen, würde ich behaupten, dass alles vergessen ist, aber ich kann dir zumindest zusagen, dass ich ihn nicht angreifen werde, solange er mir keinen Grund dafür gibt. Und dass ich auf jeden Fall, nach der Schlacht mit ihm sprechen muss." „Ich schätze das ist fair." Resigniert hob der jüngere Reiter seine Schultern. „Außerdem hat mein Lehrmeister gesagt, dass er sich ohnehin mit dir unterhalten wollte." Ironisch lächelnd erwiderte Karis die Geste. „Also sollten wir alle den morgigen Tag überlegen, wird es mir ein Vergnügen sein, mir die Version meiner qualvollen Vergangenheit, aus der Sicht eines Mitglieds des alten Ordens anzuhören." Und noch ehe Eragon etwas erwidern konnte, brachte Karis das Bild des jüngeren Reiters in seinem Spiegel zum Verschwinden. „Also, Morgen." Wallte die samtige Stimme seines Seelengefährten durch seinen Geist. „Ja, Morgen!"

Der Weiße SchattenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt