54. Ströme aus Blut

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Von grimmiger Vorfreude erfüllt, betrachtete Ecros die Türme und Mauern der Stadt, die sich in einiger Entfernung schwarz gegen das silbrige Glitzern des Jiet-Stroms, abzeichnete. Der Fluss glitzerte im Mondschein und helle Feuer flackerten über die Zinnen und tauchten die wachhabenden Soldaten in ein grelles Licht. Verächtlich beobachtete er die Verteidigungsmaßnahmen, die die Menschen dieser Stadt gegen den Vormarsch der Varden getroffen hatten. Zu jeder Tages - und Nachtzeit rollten Proviantwagen in die Stadt und schon seit einigen Tagen strömten ganze Bataillone von Soldaten aus Uru baen heran um die Anzahl der Verteidiger zu erhöhen.
Außerdem waren zahlreiche Bogenschützen zusätzlich zu den Wachposten, zwischen den Zinnen postiert um jede feindliche Annäherung sofort zu erspähen und die Wachen an den Toren anzuweisen diese zu schließen.
Der Schattenelf stieß ein spöttisches Schnauben aus, als er mit der Betrachtung der Verteidigung der Stadt fertig war. All diese Maßnahmen würden den Menschen dennoch nichts nützen. Schon gegen die Varden hätten sie damit keinen Erfolg gehabt und auf die Streitmacht, die er am heutigen Tag ins Feld zu führen gedachte, würde sie erst recht keinen großen Eindruck hinterlassen. Mit selbstsicherer Miene wandte er sich ab und ließ seinen Blick über die Horden von Chimären wandern, die sich hinter ihm zu einem ungeordneten Haufen aufgestellt hatten. Die Dunkelheit der Nacht verhüllte ihre meist schwarzen Körper vor den Augen ihrer noch ahnungslosen Opfer, wohingegen er kein Problem hatte, jedes noch so kleine Detail seiner Schöpfungen zu erkennen. Noch immer klebte einigen von ihnen das Blut des Proviantzugs an den Klauen und Zähnen, den sie vor wenigen Tagen förmlich zerrissen hatten. Auch mit den Soldaten, die als Wachen mit gesandt worden waren hatten seine Kreaturen kurzen Prozess gemacht.
Kurz rieselte ein wohliger Schauer über den Rücken des Schattenelfen, als er an die köstlichen Schmerzensschreie eines der Soldaten dachte, der zusammen mit dem Flehen um Gnade seiner Kameraden einen geradezu melodischen Klang erzeugt hatte. Kurz flackerte ein gehässiges Grinsen über sein Gesicht. Selbstverständlich war das Gesuch des Mannes ungehört verstrichen.
Er war langsam unter Qualen verblutet, nachdem eine der Chimären mit dem Körper eines vierarmigen Höhlenbären seine Beine angeknabbert hatte. Rasch rief sich Ecros wieder zur Ordnung. Jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt um in köstlichen Momenten der Vergangenheit zu schwelgen. Heute war ein besonderer Tag. Heute würde er die wahre Stärke seiner Chimären testen. Einzelne Proviantwagen, Flüchtlingskolonnen und kleinere Bataillone Soldaten niederzumetzeln konnte man, so befriedigend es auch war, kaum mit der Eroberung einer Stadt vergleichen.
Da Ecros zu so einem frühen Zeitpunkt noch keine seiner Chimären durch Übereifer verlieren wollte, fixierte er die Stadt vor ihm jetzt mit einem konzentrierten Blick. Immerhin war es eventuell möglich, dass der Herrscher dieser Stadt magische Fallen und andere hinterhältige Tricks vorbereitet hatte, für den Fall einer Belagerung. Doch schon eine flüchtige Begutachtung der Umgebung offenbarte Karis altem Lehrmeister, dass seine erste Einschätzung zutreffend gewesen war.
Im näheren Umkreis der Stadt gab es keine Anzeichen für eine Manipulation der Elemente oder magischer Fallen. Offenbar verließen die Verteidiger sich ganz auf die natürliche Standhaftigkeit ihrer Stadtmauern und die Stärke ihrer Soldaten.
Was für ein törichtes Verhalten. Wenn der Schattenelf eine Stadt uneinnehmbar machen wollte würde er an jedem möglichen Angriffspunkt seiner Festung, magische Fallen postieren. Er würde seine Feinde für jeden Fußbreit den sie errangen, mit ihrem Blut bezahlen lassen. Ein grausiges Keckern drang über seine Lippen bei der Vorstellung, welche Wunden man mit den richtigen Fallen schlagen konnte, ohne selbst Hand anlegen zu müssen. Mit einem Lächeln wie flüssige Glasscherben, warf er einen letzten Blick auf die schlafende Stadt.
„Wer weiß.", dachte er sich, von grimmiger Vorfreude erfüllt, „Vielleicht bekomme ich schon bald die Gelegenheit diese Fantasie wahr werden zu lassen."
Mit einer flüssigen Bewegung zog er sein Schwert. Der graue Stahl blitzte in der Nacht und die Sterne funkelten auf dem verzierten Metall der zur Klinge hin gekrümmten Fledermausflügel, die die Parierstange bildeten. Diese edle Klinge hatte er schon zu der Zeit, als er seinen Schüler ausgebildet hatte besessen. Jedes Mal, wenn er sie schwang, klangen ihm die Schmerzensschreie, die sie dem undankbaren Halbschatten entlockt hatten, wie süßester Gesang in den Ohren.
Ein wohliger Schauer lief Ecros über den Rücken als er an die zahllosen Lehrstunden und das dunkle Blut, das damals geflossen war, zurückdachte. Diese Waffe war wirklich ein Meisterstück, das sowohl für die präzisen Arbeiten einer Befragung, als auch für die brutalen eines Kampfes wie geschaffen war.
Aber er hatte seit damals Waffe noch verbessert. Die Klinge war inzwischen mit zahlreichen Schutzzaubern versehen, ebenso wie die Parierstange, die selbst das Aufeinandertreffen mit einer Drachenreiterklinge überstehen würden. Außerdem hatte er das Metall mit zahlreichen verschiedenen Giften bearbeitet, die eine verheerende Wirkung entfalteten, wenn sie erst einmal in die Blutbahn des Opfers eindrangen. Und nicht zuletzt hatte er noch eine weitere Funktion eingebaut. Auf einen simplen Befehl in der alten Sprache hin, begann die Klinge in einer atemberaubenden Geschwindigkeit zu vibrieren. Diese Fähigkeit verstärkte die Schärfe der Klinge noch um ein vielfaches und ermöglichte es dem Schattenelf die graue Klinge nahezu mühelos durch jedes Hindernis zu treiben.
Mit einer befehlenden Geste reckte er das dunkle Schwert in die Höhe. Dutzende Chimären verstanden die Aufforderung und schwangen sich in die Lüfte.
Ihre schlanken, drachenähnlichen Körper waren aufgrund ihrer dunklen Färbung kaum gegen den Nachthimmel abzusehen. Und das sirrende Geräusch, welches ihre vier Flügel verursachten, ging im leisen Rauschen des Windes fast vollständig unter, als sie emporstiegen. Kurz glomm ein Funke Amüsiertheit in dem Schattenelfen auf, als er sich erinnerte, wie die bärtigen Wichte, die im Beor-Gebirge hausten, sich vor einigen Jahrzehnten gewundert hatten, weil der Wildbestand der Fanghur plötzlich drastisch gesunken war.
Ganz plötzlich und aus ihrer Sicht grundlos waren diese geschuppten Flugechsen beinahe über Nacht aus ihrem Gebiet verschwunden. Ecros hatte sie damals von seinen Chimären jagen lassen. Er hatte hunderte zu Zuchtzwecken gefangengenommen, dutzende getötet und anhand toter Kadaver ihre Anatomie studiert. Und auf das Ergebnis war er mehr als stolz. Die einst so stolzen Herren über den Himmel im Beor-Gebirge hatten nichts von ihrer Macht verloren, als sie beinahe lautlos durch die Lüfte auf die ahnungslose Stadt zurasten. Im Gegenteil, der Schattenelf hatte sie noch verbessert. Die Flugechsen besaßen jetzt noch ein zusätzliches Paar Flügel hinter dem Ersten für eine bessere Manövrierfähigkeit und Wendigkeit in der Luft.
Außerdem hatte er ihre Muskelstruktur verändert. Ihre Beinmuskulatur war dünner und schlanker als bei ihren natürlichen Artgenossen um ihre Geschwindigkeit zu erhöhen, wohingegen der Schwanz breiter und mit Dornen besetzt worden war. Zusätzlich hatte er das Wachstum ihrer Krallen unnatürlich beschleunigt und es vergleichsweise angepasst, dass jetzt jede einzelne solang wie eine Messerklinge und dünn wie eine Nadel war. Dennoch waren sie hart wie Urgalhörner und durchschnitten Fleisch und Knochen ebenso mühelos wie einen prall gefüllten Weinschlauch. Doch als Ecros ihre flinken Bewegungen in der Luft wahrnahm kam er nicht umhin, auch ihren Schwachpunkt zu bemerken. Sie waren schlicht schwächer als ihre natürliche Form. Ihre ganze Organstruktur war auf schnelle und präzise Angriffe ausgelegt.
Doch hatte das den Nachteil, dass ihre Muskeln nicht mehr dafür konzipiert worden waren, um etwas das schwerer als ein Mensch war zu tragen. Doch für den ersten Teil von Ecros Angriffsplan war das unerlässlich. Dabei sollten die Flugechsen die Soldaten auf den Zinnen angreifen und den Platz um das Tor frei räumen. Dann sollten sie fünf von seinen Beorn-Chimären dorthin tragen, welche verhindern würden, dass die Soldaten in der Lage waren die Tore zu schließen. Die Grundlage seiner Beorn-Chimären bildeten die sogenannten Höhlenbären, die ebenso wie die Fanghur, die er gefangen genommen hatte einst Bewohner des Beor-Gebirges gewesen waren.
Die Zwerge hatten das Gebirge sogar nach ihnen benannt.
Aber ebenso wie bei den Fanghur hatte der Schattenelf auch bei den Bären das organische Material deutlich verändert. Sie verfügten jetzt über vier Arme mit jeweils dolchlangen elfenbeinfarbenen Krallen, zusätzlich zu ihren Hinterläufen, zottiges dunkelgraues Fell, das in kleinen Nadeln von ihren Körpern abstand und aus ihren Schädeln ragten dicke schwarze Hauer, ähnlich wie bei einem Wildschwein. Ihre immense Stärke übertraf die ihrer wilden Verwandten noch bei weitem, wodurch diese Kolosse selbst einem Drachen im Kampf gefährlich werden konnte.
Doch sie waren schlicht weg zu behäbig, um schnell genug von ihrem jetzigen Standort zu den Stadttoren zu gelangen und sie daran zu hindern sie zu schließen. Deshalb hatte Ecros seinen letzten Trumpf gespielt. Auch wenn die Fanghur den größten Teil seiner Luftstreitmächte bildeten, so hatte er doch noch eine Reserve, die durchaus in der Lage war die Beorn zu tragen.
Als die Fanghur in der Luft zu kreisen begannen, wobei sie mit der Dunkelheit des Himmels über den Stadtmauern perfekt verschmolzen und auf seinen Befehl zum Angriff warteten, stieß er ein gellendes Kreischen aus.
Wie der Schrei eines verwundeten Tieres, schallte er über die Ebene auf der er sich befand und mit seinen Schöpfungen wartete.
Auf seinen Befehl hin lösten sich einige seiner Kreaturen, aus den hinteren Reihen und kamen langsam nach vorne gelaufen. Als dem Schattenelfen ihr natürlicher Geruch nach Tod und Verwesung entgegenschlug, der sich mit dem beißenden Geruch, der allen seines Schöpfungen anhaftete mischte, musste er fast lächeln. Das waren ihm noch immer die allerliebsten. Elf Chimären von derselben Art, gegen die sein ehemaliger Schüler noch vor kurzem gekämpft hatte, standen vor ihm.
Diese Kreaturen waren mehr als stark genug um die ehemaligen Höhlenbären anzuheben und in die Stadt zu bringen. Mit einer stummen Geste gab er den Befehl. Die Lethrblaka-ähnlichen Kreaturen schlugen einige Male mit den Flügeln, bis sie eine gute Flughöhe erreicht hatten, bevor sie sich auf die Beorn-Chimären stürzten. Ihre Krallen gruben sich in das zottige Fell ihrer Verbündeten und zerrten sie in die Luft. In nicht wenig Fällen floss dabei sogar Blut, als sich zehn der Lethrblaka auf die fünf Bären warfen. Doch die gewaltigen Kreaturen ignorierten die rote Flüssigkeit und auch die Schmerzen, die ihre Körper durchzuckten einfach. Die Letzte der Lethrblaka-Chimären dagegen hatte sich noch nicht bewegt und wartete regungslos auf ihren Herrn.
Schnell stieg Ecros auf die Kreatur auf. Mit donnernden Flügelschlägen erhob sich die kleine Gruppe in die Lüfte, wobei die zehn Chimären, die ihre bärenartigen Artgenossen tragen mussten deutlich langsamer waren, als die auf der sich ihr Meister befand. Nahezu lautlos flog der Schwarm auf die Stadt unter ihnen zu.
Und dann ließ er die Hölle, über die schlafende Stadt unter ihnen, hereinbrechen. Mit einem schrillen Schrei stürzten die Fanghur herab. Ihre langen nadelspitzen Krallen bohrten sich in Hälse, Schultern und Köpfe der Soldaten auf den Zinnen. Ihre kräftigen Kiefer durchbrachen Panzerungen und Helme und selbst aus der sicheren Höhe stieg dem Schattenelf der verführerische Geruch von frisch vergossenem Blut in die Nase, das gewaltsam aus seinem natürlichen Behältnis entfernt wurde. Die wachhabenden Soldaten konnten gar nicht schnell genug reagieren. In Windeseile hatten die Flugechsen jeden Krieger auf den Zinnen über dem Tor niedergemetzelt, ebenso wie die Wachen an dem Eingang. Mit blutbefleckten Schädeln und leerem Blick säumten ihre Leichen die Zinnen und die Straße. Und gerade als ein dumpfer Glockenton die Stille der Nacht durchdrang und die verbliebenen Soldaten der Stadt alarmierte, setzten die Lethrblaka zur Landung an.
Mit dumpfen Krachen kamen die Beorn-Chimären auf dem Boden auf, als ihre geflügelten Artgenossen ihre Fracht abluden und auch Ecros ließ sich hinter den vierarmigen Bären zu Boden gleiten. Seine Schöpfungen hoben witternd dir Köpfe, als sie den Boden berührten. Sie erhoben sich auf ihre Hinterbeine und ihre von mächtigen Hauern gesäumten Köpfe zuckten erregt, als sie den Duft frischen Blutes wahrnahmen, den die vielen Leichen hinterließen, die das Massaker der Fanghur zurückgelassen hatte. Ein einziges Chaos herrschte inzwischen auf den Straßen. Die Proviantwagen, die noch vor kurzem vehement versucht hatten in die Stadt zu gelangen, waren verlassen und alle die, die noch vor kurzer Zeit so mühevoll versucht hatten in den Schutz der Stadtmauern zu gelangen, strebten inzwischen in die entgegengesetzte Richtung.
Und noch immer schossen die geflügelten Echsen herab und packten Männer, Frauen und selbst Kinder die aufgrund des plötzlichen Tumults ihre Häuser verlassen hatten. Mit schrillem Kreischen erhoben sie sich mit ihrer Beute entweder wieder in die Luft um sie in sicherer Höhe zu verzehren oder ließen sie einfach wieder fallen nachdem sie ihre Klauen und Zähne in das weiche Fleisch gegraben und große Stücke herausgerissen hatten.
Ecros lachte entzückt, als er die dumpfen Aufschläge wahrnahm, die die leblosen Körper von sich gaben, nachdem die Chimären sie fallen ließen.
Von einigen war noch ein klägliches Winseln und Wimmern zu hören. Doch das kümmerte ihn wenig. Ihm war es nur recht, wenn es Überlebende gab. Er wollte diese Stadt nicht nur erobern. Er wollte ein Denkmal setzen. Er würde sowohl den Varden, als auch dem König zeigen, zu was er fähig war. Und dazu würde er diese Stadt nicht einfach erobern. Er würde ihre Seele und die jedes einzelne Einwohners zerstören.
Kurz wurde er abgelenkt, als nur wenige Meter neben ihm ein Kadaver auf dem Boden auf klatschte. Mit einem flüchtigen Blick stellte er fest, dass es sich bei dem Körper wohl um einen jungen Mann handelte. Der Bursche war übel zugerichtet. Die Klaue eines Fanghur hatte sein rechtes Auge durchstoßen und auch die Rippen waren übel gebrochen. Ecros konnte erkennen, dass einige von ihnen die Haut durchstoßen hatten und klaffende Wunden in seinem Fleisch verursachten. Und auch seine Beine waren in einem unnatürlichen Winkel verbogen. Spöttisch beobachtete Ecros wie der junge Mann mit schmerzverzerrter Miene, pfeifend Luft einsog. Dass dieser Existenzielle nicht mehr lange leben würde war offensichtlich.
Der Schattenelf war gerade dabei sich an den Qualen seines Opfers zu erfreuen, als ihn ein plötzlicher Aufschrei aus der Betrachtung des Mannes riss.
Ruckartig riss er den Kopf herum und betrachtete die Lage um sich herum. Zufrieden stellte er fest, dass seine Chimären inzwischen ihre Position am Tor eingenommen hatten. Ihre massigen Gestalten bildeten einen dichten Wall vor dem Zugang in der Stadtmauer und machten es den Soldaten unmöglich zu dem Fallgitter zu gelangen und es zu schließen. Doch jetzt näherte sich den Ungetümen eine Einheit von ca. 100 Soldaten.
Die Krieger, die das Wappen der Stadt, eine grüne Esche auf schwarzem Grund, auf ihren Rüstungen und Schilden trugen, stürmten tollkühn mit erhobenen Schwertern auf Ecros Schöpfungen zu.
Mit einigen schnellen Schritten begab er sich hinter seine Schöpfungen und betrachtete mit hämischem Gesichtsausdruck, wie die Truppe auf seine Kreaturen zu rannte. Mit dem Mut der Verzweiflung gingen sie auf die Chimären los, doch die wenigsten unter ihnen bekamen überhaupt die Gelegenheit einen Streich zu führen. Die mächtigen Kiefer schnappten immer wieder zu und zermalmten rücksichtslos alles was zwischen ihre Fänge geriet und auch ihre massigen Körper waren eine einzige Waffe. Immer wieder beobachtete der Schattenelf, wie sich einer von ihnen einfach zu Boden fallen ließ und dabei mehrere Soldaten unter sich zerquetschte. Ihre Bäuche waren von dieser Angriffsart schon mit dickem Blut befleckt und kleine Knochensplitter, sowie Teile von zerquetschten Innereien hatten sich in dem dichten Fell verfangen.
Doch am meisten Schaden richteten ihre schrecklichen Pranken an. Immer wieder sausten sie auf die kleineren Soldaten herab und Ecros konnte beim hindurchspähen zwischen seinen Chimären erkennen, wie ihre Körper einfach unter den Schlägen zertrümmert wurden. Eine seltsame Erregung durchfuhr ihn, als er beobachtete, wie durch die enorme Wucht ihre Knochen zersplitterten und einzelne Fragmente die Menschen von innen durchbohrten.
Blut spritzte ebenso wie Innereien, aus der aufgeplatzten Haut und ihre Schädel zerbarsten unter der enormen Kraft der vierarmigen Beorn-Chimären.
Beinahe schon genießerisch beobachtete er das Blutbad, das seine Schöpfungen anrichteten, als er plötzlich einen sachten Druck an der Rückseite seiner Schulter spürte. Irritiert drehte er sich um und blickte in das Gesicht eines grauhaarigen Soldaten, dessen Schwert gerade an einem seiner Schutzzauber abgeprallt war. Der Krieger hatte seinen Helm verloren und Blut lief ihm über das Gesicht, doch seine Augen funkelten entschlossen, als er zu einem erneuten Hieb ansetzte.
Der für menschliche Verhältnisse, erfahrene Krieger hatte es geschafft sich an den Chimären vorbei zu schleichen und sich entschieden ihren Meister anzugreifen. Eine kluge Idee, wenn er nicht eine Tatsache übersehen hätte. Das Schwert des Schattenelfen durchbohrte den Körper des Soldaten, bevor dieser überhaupt mitbekam, dass es sich nicht mehr in seiner Scheide befand.
Fassungslos starrte er einen Moment auf die dunkle Klinge, die aus seinem Fleisch ragte, als Ecros sich nahezu ihm beugte und mit gehässigem Grinsen flüsterte: „Ein kluger Gedanke, den Kopf des Feindes anzugreifen, aber du solltest lernen zu erkennen, wenn dir ein Gegner überlegen ist." Mit einem reißenden Geräusch zog er das Schwert aus dem Körper. Der Soldat sackte tot zu Boden. Ein letzter Schauer durchzog seinen Körper und ein erneuter Schwall Blut pulste aus der Wunde in seiner Brust, dann lag er still.
Der Schattenelf wandte den Blick ab und richtete ihn wieder auf seine Schöpfungen, die immer noch unter den Soldaten wüteten. Dutzende Leichen lagen mit zerschmetterte Gliedern zu ihren Füßen. Doch neue Verstärkung war inzwischen aus dem Stadtinneren heran geeilt. So viele, dass der Schattenelf sie nicht zählen konnte, schwemmten zwischen den Häusern hervor und kamen mächtigen Wellen gleich auf sie zu. Noch immer stürzten sich die unnatürlichen Versionen der Fanghur und Lethrblaka vom Himmel herab und rissen einige etliche Menschen empor, doch die schiere Anzahl der Soldaten glich das mühelos aus. Und dann hatten sie die fünf riesigen Bären vor dem Tor erreicht. Wie Klippen im Meer spalteten sie die Truppen auf. Ihre mächtigen Hiebe trieben sie auseinander, doch auch die unbeschreibliche Kraft der riesigen Geschöpfe konnte nicht verhindern, dass zahlreiche Soldaten einfach an ihnen vorbeirannten, direkt auf den Schattenelfen zu, in dessen Rücken das offene Tor lag, aus dem die angreifenden Soldaten namenlose Schwärze anstarrte. Im ersten Moment schien es so, als ob die Dunkelheit im Rücken des Schattenelfen Gestalt annehmen. Immer wieder waren einzelne Konturen darin zu erkennen, die das Licht der Sterne verschluckten. Die Krieger hatten Ecros beinahe erreicht, als es geschah. Die zweite Welle von Ecros Schöpfungen erreichte die Stadt.

Der Weiße SchattenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt