8. Eine Geschichte am Lagerfeuer I.

507 25 0
                                    

Es war der Abend des zweiten Tages nachdem die Gruppe aus einem Drachen und zwei Reitern den Helgrind verlassen hatte und Eragon konnte nur staunen ob der Geschwindigkeit die der weiße Drache bisher gezeigt hatte. Der jüngere der beiden Reiter kam nicht umhin zu bemerken, dass er auf dem Hinweg mit Saphira wesentlich länger gebraucht hatte, doch als er diese Tatsache während des Flugs einmal lobend erwähnte, lachte Karis nur und Sereth erklärte ihm amüsiert, dass das lediglich eine Folge des Größenunterschieds war. Immerhin war Sereth fast anderthalb mal so groß wie Eragons Drachendame. Daher musste er nicht so oft mit den Flügeln schlagen und musste sich nicht so anstrengen um eine bestimmte Geschwindigkeit zu erreichen. Deshalb hatten sie in den Zwei Tagen auch kaum Pausen gemacht. Eragon nickte. Das hatten ihm während seiner Ausbildung seine Lehrer in Ellesmera bereits erklärt, doch durch die vielen unerwarteten Ereignisse, die im Verlauf des letzten Tages geschehen waren, war es nur zu verständlich, dass ihm das kurzzeitig entfallen war. Doch gerade als er eine weitere Frage stellen wollte, ging plötzlich ein Ruck durch den Körper des weißen Drachen und er ging überraschend in einen Tiefflug bevor er mit hörbaren Krachen auf einer Lichtung, die am Ufer eines kleinen Flusses lag, landete, dessen andere Seite von dichten Laubbäumen gesäumt war. Fragend sah Eragon zu Karis, der sich bereits ohne ein Wort zu dem jüngeren Reiter an den Abstieg machte. Da er nicht so wirkte als würde er dem jüngeren Reiter von sich aus den Grund für diese unerwartete Pause nennen rief Eragon ihm zu „Warum landen wir hier?" Nachdem Karis die Riemen gelöst hatte, die ihn mit dem schwarzen Sattel des Drachens verbanden, drehte er sich zu dem jüngeren Reiter um und antwortete: „Wir haben uns sehr beeilt um zum Helgrind zu gelangen und während der kurzen Zeit, in der ich den Berg erklommen und dir geholfen habe, konnte sich Sereth nicht vollständig von den Strapazen dieser Reise erholen." Ich verstehe.", antwortete Eragon und wollte noch etwas anfügen, doch Sereths dunkle Stimme unterbrach ihn: „Auch wenn ich durchaus noch weiterfliegen könnte, wäre es unklug. Im Licht des Mondes sind meine Schuppen sehr gut sichtbar und auch wenn ich noch jeden Soldaten den Galbatorix uns nachschickt entkommen könnte, würde ich es bei diesem Grad der Erschöpfung gern vermeiden, mir ein Wettfliegen mit dem roten Drachen des Königs zu liefern. Außerdem brauchen wir uns nicht so zu hetzen. Wir sind nicht mal mehr einen knappen Tagesflug von den Varden entfernt." Karis nickte zustimmend. „Während du und Saphira unterwegs nach Dras Leona wart, sind die Varden weiter in Richtung Feinster marschiert, deshalb sind wir jetzt näher als bei eurer Abreise von ihnen. Zudem finde ich, dass so eine Pause eine gute Gelegenheit ist um miteinander zu reden. Ich kann mir vorstellen, dass du nach dem was du am Helgrind von meinen Fähigkeiten gesehen hast einige Fragen hast und da du meine Bedingungen akzeptiert hast, wäre ich sogar bereit dir ein paar Antworten zu geben. Tatsächlich hatte Eragon während des Fluges das ein oder andere Mal den Mund aufgemacht um den Schattenläufer die ein oder andere Frage zu stellen, doch hatte ihm Karis Aussage, dass er keine Fragen zu seiner Vergangenheit beantworten würde, noch in den Ohren geklungen und so hatte er es unterlassen. Aber da ihn Karis jetzt dazu aufgefordert hatte, entschloss er sich ihm einige der Fragen zu stellen die ihm auf der Seele brannten, seit er erfahren hatte, dass es sich bei seinem Weggefährten um einen Reiter handelte. Doch bevor er seine Frage stellen konnte, ergriff Karis der inzwischen von Sereths Rücken geglitten und gerade damit beschäftigt war einen Kreis aus Steinen zu legen indem man ein Lagerfeuer machen konnte, noch einmal das Wort: „Könntest du bitte etwas Feuerholz holen, Ich richte solange das Lager her." Eragon nickte bevor er sich auf den Weg in Richtung des Waldes machte, in Gedanken schon völlig bei den Fragen, die er dem älteren Reiter stellen wollte.

„Wenn du nicht Galbatorix dienst, warum hast du dich dann nicht eher den Varden oder ihren Verbündeten offenbart? Mit deiner Hilfe hätten sie das Imperium viel früher herausfordern können." Während seiner Suche nach Feuerholz, waren Eragon viele Fragen durch den Kopf gegangen die er dem Schattenläufer stellen wollte. Nicht zuletzt auch die Frage, wie es ihm am Helgrind möglich gewesen war einen so präzisen Zauber zu wirken ohne auf die alte Sprache zurückzugreifen. Doch nachdem er mit dem gesuchten Brennholz zu der Lichtung auf der Karis inzwischen das Lager aufgebaut hatte und jetzt mit dem Vermischen zweier merkwürdig leuchtender Flüssigkeiten beschäftigt war. Nachdem Eragon zum Lager zurückgekehrt war, hatte sich diese Frage einfach in den Vordergrund gedrängt. Es ergab für den jungen Reiter einfach keinen Sinn. Karis wirkte auf ihn nicht wie jemand dem das Leid das Galbatorix über Alagaesia gebracht hatte egal wäre, dennoch hatte er sich nicht offen gegen den König gestellt. Was für ein gewisses Desinteresse, an der Situation in der sich die einzelnen Völker befanden, sprach. Daher war Eragon der Meinung, dass diese Frage geklärt werden müsste, damit er sich ein Bild über den Charakter seiner neuen Verbündeten machen konnte. Während die beiden leuchtenden Flüssigkeiten sich unter Eragon staunenden Blicken vermischten bis sie eine sanfte bläulich leuchtende Farbe annahmen erhob Karis die Stimme. „Ganz einfach Schattentöter.", antwortete Karis ihm gelassen, während er die leuchtende Flüssigkeit wieder in einer Satteltasche verstaute. „In der Vergangenheit hat es einige Zwischenfälle gegeben, die mein Vertrauen zu den Völkern Alagaesias erschüttert haben. Daher haben Sereth und ich beschlossen alleine gegen Galbatorix zu kämpfen. Wir hielten uns die meiste Zeit über verborgen und warteten auf den richtigen Zeitpunkt um zuzuschlagen. Und wie man anhand der verräterischen Zwillinge sieht, die bei der Schlacht auf den brennenden Steppen gestorben sind, war unsere Vorsicht durchaus sinnvoll. Dennoch war deine Rettung heute nicht das erste Mal als wir in das Schicksal dieses Landes eingegriffen haben." „Wie meinst du das?", fragte Eragon verwirrt. „Wenn ein fremder Drache und sein Reiter gegen Galbatorix oder seine Abtrünnigen gekämpft hätten, hätten die Varden doch davon gehört." Bei diesen Worten musste Karis schmunzeln, dennoch hob er nicht den Blick als er von den Satteltaschen zurücktrat und sich wieder an das Lagerfeuer setzte und erwiderte stattdessen fröhlich: „Das muss nicht unbedingt so sein, Schattentöter. An vielen Siegen der Varden war ich zum Beispiel unerkannt beteiligt. Auch wenn du Recht hast, dass Sereth sich nicht offen in Schlachten einmischen kann, fällt meine Teilnahme in einer Schlacht zum Glück nicht so deutlich auf." „Dann hast du schon öfter an der Seite der Varden gekämpft?", fragte Eragon ungläubig. Karis Lächeln wuchs, ob des ungläubigen Tonfalls den der andere Reiter inzwischen angeschlagen hatte noch an. „Selbstverständlich. Ich habe in mehr als drei Schlachten an Ajihads Seite gekämpft ohne, dass er erkannt hätte wer ich bin. Auch an der Schlacht gegen die Urgals habe ich teilgenommen." „Die letzte Schlacht in Farthen Dur? Da wo ich Durza getötet habe?", unterbrach der jüngere Reiter ihn überrascht. „Ja.", erwiderte Karis knapp. „Ich war neugierig auf den neuen Drachen, der aus dem Ei geschlüpft ist, das Brom mit meiner Hilfe gestohlen hat." „ Mit deiner Hilfe?", unterbrach Eragon ihn erneut. „Brom hat nie erwähnt, dass er Hilfe hatte und auch bei den Varden hat es immer geheißen, er hätte das alleine geschafft." „Hat er ja auch.", antwortete Karis gut gelaunt. „Aber hat es dich nie gewundert, dass Brom in Gil ead nur auf Morzan getroffen ist, obwohl zu diesem Zeitpunkt noch drei der Abtrünnigen am Leben waren?" Überrascht hob Saphiras Reiter eine Augenbraue, doch noch bevor er eine weitere Frage stellen konnte fuhr sein Gegenüber schon fort: „Nachdem Brom herausgefunden hatte, dass Morzan und das Drachenei in Gil ead waren, hat er mich mit der Traumsicht kontaktiert. Er gehörte zu den wenigen in Alagaesia die wirklich wussten wer ich bin. Es gibt zwar einige die mich kennen, aber nur drei oder vier Wesen aus Fleisch und Blut in Alagaesia wissen, dass ich ein Reiter bin. Brom hat mich damals gebeten dafür zu sorgen, dass Kialandi und Formorra, die neben Morzan die letzten der 13 Abtrünnigen waren, nicht nach Gil ead gelangen, damit er ihn alleine stellen konnte. Ich war damals ein bisschen unsicher ob ich ihm den Kampf gegen den ersten der Abtrünnigen alleine überlassen konnte, aber seine Entschlossenheit hat mich schließlich doch überzeugt. Außerdem war das für uns geradezu ein Glücksfall. Ich habe dir doch erzählt, dass Sereth und ich immer auf eine günstige Gelegenheit gewartet habe um Galbatorix zu schaden?" Eragon nickte schwach. „ Leider sind die Abtrünnigen im Laufe der Jahre immer misstrauischer geworden. Nachdem die alten Reiter alle besiegt waren hat Galbatorix nämlich keinen Sinn mehr darin gesehen seine Macht zu teilen, daher waren die Abtrünnigen gegen die wir gekämpft haben meistens nicht stärker als gewöhnliche Reiter. Aber das hat sie auch sehr viel vorsichtiger werden lassen, die letzten drei haben sich so selten außerhalb ihrer Festungen aufgehalten, das es nahezu unmöglich war an sie heranzukommen. Und wenn sie ihre Burgen oder die Städte die sie in Galbatorix Namen verwalteten, doch einmal verließen, dann nur mit einer großen Garde von Kriegern und Magiern." Das musste Eragon erst mal verdauen. Von Broms Kampf mit Morzan hatte er zwar schon gehört aber, dass zur selben Zeit noch ein anderer Kampf zwischen Drachen und Reitern stattgefunden hatte, war ihm völlig neu. Noch dazu hatte Karis behauptet es ganz allein zwei der Abtrünnigen getötet zu haben, während zurzeit des Krieges zwischen dem alten Orden und Galbatorix Reitern keiner von ihnen besiegt worden war. Trotz der Fähigkeiten die Eragon bei dem älteren Reiter beobachtet hatte, bezweifelte Eragon das. Um sicher zu gehen, dass er ihn richtig verstanden hatte, fragte er daher noch einmal nach. „Willst du damit sagen, dass du es mit zwei Verrätern zur gleichen Zeit aufgenommen hast?" „Nein.", schnaubte Karis, von der bloßen Vorstellung belustigt. „Wir haben sie nacheinander angegriffen."

Der Weiße SchattenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt