64. Zärtlichkeit und Zorn

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„Wir sind natürlich alle sehr erfreut, euch nach eurer sicher sehr kräftezehrenden Gefangenschaft wieder im Lager willkommen zu heißen.“ Karis stöhnte innerlich, während er den Beteuerungen des Königs von Surda lauschte, wie sehr er sich freue ihn wieder bei ihnen zu haben. Bekundungen, die so ehrlich gemeint waren, wie die Aussage, dass der Himmel grün war. 
Das Entkommen des Schattenläufers hatte für viel Jubel im Lager der Varden gesorgt, als die vereinten Streitmächte der Varden, Surdaner und Zwerge einige Stunden, nachdem die Schlacht entschieden war, bei ihnen angekommen waren. In der Zwischenzeit hatten die beiden jüngeren Reiter, die Elfen und das Heer der Urgals einem seltenen Ereignis beiwohnen dürfen. 
Einem liebevollen Augenblick zwischen Karis und seinem Seelengefährten. 
Als Sereth seinen befreiten Reiter erspäht hatte, nachdem die Drachen und die Citharki, Ecros Chimären verjagt oder getötet hatten, war er in ein ohrenbetäubendes Gebrüll ausgebrochen und war so schnell ihn seine Schwingen tragen konnten auf seinen Seelengefährten zugestürzt. Was als nächstes geschehen war, hatte die anwesenden Urgals etwas verblüfft. Sie kannten sowohl den Schattenläufer, als auch den weißen Drachen nur als stolze und unnahbare Krieger, aber die Freundschaft und Sanftheit, die die beiden ausstrahlten, als Sereth die Pranke beschützend um seinen Seelengefährten schloss, als ob er ihn nie wieder loslassen wollte, überraschte sie. 
Ebenso wie die Reaktion des Schattenläufers daraufhin, der seinen Seelengefährten liebevoll am Kinn kraulte. Alle Anspannung und Erschöpfung schien von den beiden abzufallen und selbst die Wunden, die die Körper der beiden zierten, schienen in der Freude die die beiden ausstrahlten an Bedeutung zu verlieren.
Die anwesenden Reiter und Elfen waren weniger verwundert, ob dieses Schauspiels. 
Eragon und Murtagh wussten aus eigener Erfahrung, wie tief das Band zwischen Drache und Reiter ging und eine solche Freude ob eines Wiedersehens nach so schwierigen Umständen war mehr als verständlich. Und auch wenn die Elfen nicht aus eigener Hand wussten, wie sich dieses Band anfühlte, so waren sie doch vertraut genug mit dem alten Orden gewesen um ein gewisses Einsehen in die Verbindung zwischen Drache und Reiter zu haben. Deshalb beobachtete alle Parteien, wie Drache und Reiter sich begrüßten und dabei alle anderen um sich herum beinahe vollkommen zu vergessen schienen. 
Erst Bloedhgarms Ankunft oder vielmehr das aufgeregte Fiepen eines kleinen Drachenmädchens unterbrach den Augenblick. Sereths Augen wurden groß, als er seine blauweiß-schillernde Tochter sah, die aufgeregt mit den Flügeln schlagend auf ihn zusprang. Hinter ihr der Wolfkatzenelf mit dem zweiten Ei, welches in einem makellosen Weiß schimmerte in den Händen. Mit großen Augen, hob Sereth seinen Kopf. Auch Saphira, die gerade eben noch ihren Nistpartner mit warmen Blick beobachtete hatte, wirkte auf einmal wie gefesselt vom Anblick der Kleinen. Stumm gab Karis allen Anwesenden einen Wink, sich etwas zurückzuziehen. Dieser Augenblick gehörte den Eltern und ihrem Küken. Bloedhgarm hatte noch schnell das weiße Drachenei zu Füßen der stolzen Drachenmutter gelegt, bevor er ebenfalls der Aufforderung nachgekommen war. Auch Dorn hatte sich zurückgezogen. Zwar er sehr neugierig auf den Anblick des neuen Drachenmädchens, aber er besaß genug Taktgefühl um sich zurückzuhalten. 
So hatten alle Anwesenden die Dracheneltern beobachtet, wie sie ihr Junges kennengelernt hatten. Während Sereth es liebevoll immer wieder sanft anstupste, schien Saphira ihr Glück noch gar nicht fassen zu können. Immer wieder stieß sein ein sanftes Summen aus, während sie beobachtete, wie ihr Nistpartner mit ihrer Tochter spielte. In diesen liebevollen Augenblick platzte der Bote der Varden, der sie über die Ankunft des Heeres informierte. Nach kurzem Nachdenken, entschlossen sich die drei Reiter sowohl Murtagh, als auch Dorn und die beiden Dracheneltern mit ihrem Nachwuchs hierzulassen, während der Rest sich zu den Varden begab.
Auch fünf Mitglieder der Elfengarde blieben bei dem ehemaligen Sklaven des Königs um für die Sicherheit der Drachen zu sorgen. 
Während der Bote mit dem Pferd zurückritt, liefen die Reiter, die Elfen und die Urgals unter der Führung von Nar Garzhvog zu Fuß zurück, dabei legten sie jedoch ein Tempo vor, mit dem sie den Boten bald zurückließen. Die etwas kleineren Gehörnten, die nicht so schnell waren wie ihre muskulöseren Artgenossen, trabten langsamer hinter ihnen her. Erst als sie die ersten Zeltreihen der Varden erreichten, wurden sie langsamer, bis sie sich schließlich in gemäßigtem Tempo durch die Menge schoben. Sie mussten sich nicht lange durch die Menschenmenge kämpfen. 
Da sie ihre Drachen nicht bei sich hatten, dauerte es einen Moment, bis die Varden sie erkannten, doch dann machten ihnen die Soldaten schleunigst eine kleine Gasse frei, die zu Nasuadas rotem Kommandozelt führte. 
Die schmachtenden Blicke einiger Frauen aufgrund seines immer noch unbedeckten Oberkörpers ignorierte der Schattenläufer dabei geflissentlich. 

Der Weiße SchattenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt