39. Die Tricks des weißen Schattens

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Sorry Leute,
Da die meisten Kapitel 38 (Brennender Himmel in Gold, Rot und Weiß) immer noch nicht lesen können, habe ich es in einem extrabuch aufgeschrieben. Ihr findet es auf meiner seite.

LG Saphirastern 💙

Peitschend schlug Karis der Wind entgegen, als er dem Erdboden entgegenraste. Flüchtig ging Karis der Gedanke durch den Kopf, dass ein Sturz aus dieser Höhe, auf festen Grund ihn vermutlich trotz seiner Schutzzauber zerschmettern würde. Aber diesen Gedanken verdrängte er sofort wieder. Als die magische Druckwelle seinen Seelengefährten erfasst hatte, hatte er keine Zeit zum Nachdenken gehabt. Ihm war in diesem Moment nur eine Sache durch den Kopf gegangen. Dieser Zauber war zu gewaltig gewesen, um von einem einzelnen Reiter zu stammen, folglich musste der goldene Drache die Explosion verursacht haben. Es gab nicht viele Ursachen, die einen Drachen befähigten, seine Magie gezielt einzusetzen. In so einer Situation war die wahrscheinlichste Möglichkeit, die Tatsache, dass sein Reiter ernsthaft verletzt worden war und der goldene Riese versucht hatte, seine Feinde lange genug außer Gefecht zu setzen um seinen Seelengefährten in Sicherheit zu bringen.Darum hatte Karis schnell reagiert.
In dem Moment, in dem die Druckwelle Sereth ergriffen hatte, hatte der Schattenläufer mit einer schnellen Bewegung, die Riemen an seinem Sattel durchtrennt und war vom Rücken seines Seelengefährten gesprungen. Er hatte noch mitbekommen, wie sein Drache von einer mächtigen Kraft erfasst, durch den Himmel geschleudert worden war, dann war auch schon der goldene Riese, an ihm und seinem davongewirbelten Seelengefährten, vorbeigerauscht. Flüchtig war dem Schattenläufer durch den Kopf gegangen, dass der dreibeinige Riese sie wegen der Tarnzauber nicht gesehen hatte, mit denen sie ihre Körper verborgen hatten. Doch das war jetzt nebensächlich. Karis legte seinen Körper so, dass er stromlinienförmig lag, wodurch die Geschwindigkeit, mit der er dem Erdboden entgegenschoss, sich noch weiter vergrößerte. Dennoch wurde der Abstand zwischen ihm und dem alten Drachen immer größer.
Mit kräftigen Flügelschlägen stürzte Sereths Artgenosse, dem Erdboden entgegen. Sein ganzes Denken, schien von dem Gedanken erfüllt zu sein, die belagerte Stadt unter ihnen so schnell wie möglich zu erreichen. Wie Karis jetzt erkannte, hing sein Reiter kraftlos in den Schlaufen an seinem Sattel. Sein erster Eindruck schien sich zu bewahrheiten. Der Reiter des alten Drachen schien im Kampf mit Murtagh schwer verwundet worden zu sein und bei dem verzweifelten Versuch seinen Seelengefährten zu retten, hatte der goldene Riese unbewusst die Magie seines Volkes freigesetzt.
Doch darüber konnte Karis sich später Gedanken machen. Auch wenn er durch den zunehmenden Abstand, nicht den Gesundheitszustand des Reiters erkennen konnte, so konnte er anhand der zunehmend hektischer werdenden Flügelschläge seines Seelengefährten, doch erkennen, dass die Verletzung ihm schwer zu schaffen machte. Er bezweifelte, dass die beiden es nach Gil ead schaffen würden, bevor der alte Elf seiner Verletzung erlag. Daher musste Karis den beiden helfen. Aber die Frage blieb, wie er den Drachen auf sich aufmerksam machen sollte.
Rufen war keine Möglichkeit. Der Gegenwind pfiff ihm so scharf ins Gesicht, er würde die Worte aus Karis Mund reißen, und sie ungehört in der Luft verklingen lassen. Den geistigen Kontakt zu suchen wäre ebenfalls unklug. Nicht nur waren Murtagh, Dorn und die Eldunari, die die Gedanken des von Galbatorix versklavten Reiters und seines Drachen verteidigten, immer noch zu nahe, auch war der goldene Drache so von der Sorge um seinen Reiter gefangen, dass er jede Form von geistiger Kontaktaufnahme nicht einmal bemerken würde.
Daher blieb Karis nur eine Möglichkeit.
Er musste den dreibeinigen Drachen verlangsamen, bevor er so weit entfernt war, dass es dem Schattenläufer unmöglich sein würde zu ihm aufzuschließen. Mit einer ruckartigen Bewegung, die ihm bei dem starken Gegenwind beinahe, die Halswirbel ausgerenkt hätte, wandte er den Kopf nach oben und warf einen Blick auf den Luftkampf wischen Dorn und Sereth.
Der kleinere rote Drache, stürzte sich immer wieder auf seinen größeren Artgenossen und versuchte durch seine größere Wendigkeit in seinen Rücken zu gelangen, sodass sein Reiter in der Lage wäre das Ganze mit einem gezielten Schlag zu beenden. Aber was dem älteren Drachen an Wendigkeit fehlte, machte er durch Erfahrung wett. Immer wieder unterbrach er Dorns Flugbahn mit gezielten Schwüngen seines mit Metall bewehrten Schweifs oder versetzte dem jüngeren Drachen Schläge mit den knochigen Spitzen seiner Flügel, wodurch der jüngere Drache zurückweichen musste, aber nicht stark verletzt wurde.
Beruhigt, dass sein Seelengefährte keine Probleme hatte und der Reiter des Imperiums beschäftigt war, sandte Karis seinen Geist aus.
Zwar überwachten die Eldunari, die Sereths Gegner bei sich trug die Umgebung ihres Besitzers auf geistige Angriffe, aber einer der Vorteile der Astrallevitation, die Karis anzuwenden gedachte, war die Tatsache, dass bei der Verschmelzung der Gedanken mit einem Gegenstand ohne Bewusstsein, diese sehr schwer für ein ungeübtes Bewusstsein aufzuspüren waren. Daher wagte Karis es, seine geistigen Fühler auszustrecken und verschmolz förmlich mit dem Wind. Flüchtig nahm er war, wie die Luft um ihn herum wehte, wie sich Luftwirbel bildeten und wie der Wind unter den Flügeln des goldenen Drachen in einiger Entfernung nach unten hinten gedrückt wurde.
Dann streckte er die Hand aus.
Schon bei den ersten Versuchen, die er mit der Astrallevitation, unternommen hatte, hatte er festgestellt, dass es ihm leichter fiel, sich die Bewegung des Objekts vorzustellen, mit dem er seinen Geist verschmolz, wenn er gleichzeitig eine ähnliche Bewegung mit der Hand durchführte. So als würde er den zu bewegenden Gegenstand dirigieren. Jetzt ergriff er, mit seinen Gedanken, den Luftstrom unter den Flügeln des goldenen Riesen, während er gleichzeitig, mit seiner zu einer Klaue geformten rechten Hand, eine nach hinten reißende Bewegung machte. Schlagartig bildete sich unter dem rechten Flügel des goldenen Giganten ein Luftwirbel. Durch die plötzlich veränderten Flugbedingungen ins Trudeln gebracht, brüllte der Drache überrascht auf. Er musste kräftig mit den Flügeln schlagen, um wieder ins Gleichgewicht zu kommen, doch bevor er seinen Sturzflug fortsetzen konnte, hatte Karis ihn erreicht.
Obwohl er seinen Fall, kurz bevor er den goldenen Rücken erreichte, mit Magie abbremste, schlug er hart auf. Seine Beine knickten ein und Karis musste sich kurz abrollen. Ein Manöver, welches ihn bei einem kleineren Drachen vermutlich wieder, von dem geschuppten Rücken, hätte purzeln lassen. So jedoch landete er gewandt wieder auf den Beinen und konnte zum ersten Mal einen Blick auf den Reiter des goldenen Riesen werfen. Der alte Elf, bei dem es sich um Eragons und Saphiras Lehrmeister handeln musste, sah nicht gut aus. Von der rechten Schulter, bis zu der linken Hüfte war sein Oberkörper aufgeschlitzt, sein Mund war leicht geöffnet und seine Augen geschlossen, während er kraftlos in den Schlaufen seines Sattels hing. Jedoch konnte der Schattenläufer keinen genaueren Blick auf den Letzten des alten Ordens werfen, den in dem Moment in dem er wieder sicher auf den Beinen stand, wirbelte der gigantische Kopf des goldenen Drachen zu ihm herum und fixierte ihn mit einem durchbohrenden Blick. Ein tiefes Knurren grollte in der Kehle des Giganten, auf dessen Rücken Karis gelandet war.
Wut und Überraschung waren in seinen Augen zu erkennen, doch noch wesentlich ausgeprägter war die Sorge um seinen Seelengefährten, die Sereths Reiter darin sehen konnte. „Ich bin nicht hier um dir oder deinem Reiter zu schaden, ich will euch helfen." Der alte Drache stieß ein überraschtes Schnauben aus. Karis spürte, wie sich an der Grenze seines Geistes ein mächtiges Bewusstsein aufbäumte. Eindeutig wollte der alte Drache sich davon überzeugen, dass der Unbekannte auf seinem Rücken tatsächlich auf seiner Seite war, indem er seinen Geist studierte.
Aber da war er an den Falschen geraten. Karis verstärkte den geistigen Schutzwall, den er um seine Gedanken gelegt hatte und rief in der alten Sprache: „Das würde ich an eurer Stelle nicht versuchen." Unerschrocken erwiderte der Schattenläufer den Blick des alten Drachen. „ Im Moment stehen ich und mein Seelengefährte auf eurer Seite, aber wenn ihr mich angreift, könnte es sein, dass ich Zweifel an dieser Entscheidung bekomme."
Die Warnung, die unterschwellig in diesen Worten mitschwang, brachte den goldenen Riesen dazu, zu knurren, doch als seine Reiter auf seinem Rücken keuchend zusammenzuckte, wodurch ein neuer Schwall Blut aus seiner Brustwunde schoss und sein ohnehin bereits verunreinigtes Kettenhemd besudelte, wandte er sich wieder besorgt seinem Seelengefährten zu. Auch sein Bewusstsein, dass Karis Geist belagert hatte, wich. Sereths Reiter verstand das als stumme Aufforderung. Geschmeidig bewegte er sich über den Rücken des goldenen Drachen bis er direkt vor dem zusammengesunkenen Körper seines Reiters stand. Prüfend musterte er die von Zar roc verursachte Wunde. Schon auf den ersten Blick konnte er erkennen, dass es für seine Astrallevitation zu spät war. Eine simple Verschmelzung mit dem Fleisch des alten Elfen, um die Wunde zu verschließen würde bei weitem nicht genügen.
Als Murtagh, seinem Gegner sein Schwert über den Brustkorb gezogen hatte, hatte er auch einige der inneren Organe erwischt, was dazu geführt hatte, dass im Inneren einige Substanzen, die normalerweise von den Organen fein säuberlich von dem Blutkreislauf getrennt wurden, freigesetzt worden waren und so für eine üble Infektion, im Inneren des Körpers, gesorgt hatten. Zwar wäre auch diese Vergiftung durch Astrallevitation heilbar, indem man einfach alle schlechten Substanzen aus dem Bauchraum entfernen würde und danach die entsprechenden Heilzauber wirken würde, aber das würde zu lange dauern. In Anbetracht der Größe der Wunde, war es Karis ohnehin bereits ein Rätsel, das der alte Reiter noch am Leben war.
Vermutlich teilte sein Seelengefährte seine Kraft mit ihm. Aber darüber konnte er sich später Gedanken machen. Nachdem er den alten Drachen gebeten hatte, möglichst ruhig zu fliegen, ging er vor dem zusammengesackten Körper des letzten Reiters des alten Ordens in die Knie und legte seine rechte Hand auf die Wunde. Noch einmal ging er im Geist die Formeln durch die er benötigen würde, dann begann er. Zauber um Zauber legte er um die Wunde. Ein sanfter schwarzer Schimmer begann sich fein wie Nebel von seiner Hand zu lösen und legte sich sanft auf die Wunde. Ohne Unterlass wirkte er Magie, während der schwarze Glanz immer stärker wurde und sich die Wunde langsam zu schließen begann. Als Karis nach einigen Minuten verstummte, spürte er wie das Bewusstsein des goldenen Drachen an seinem geistigen Schutzwall rüttelte. Diesmal war jedoch kein Angriff zu spüren. Vorsichtige Hoffnung schwang darin mit, ebenso wie eine unterschwellige Frage.
Mit einem Lächeln erhob der Schattenläufer sich wieder. Kurz verzog er das Gesicht, als seine Knie von der minutenlangen unbequemen Sitzposition, kurz protestierten, ehe er die Frage von Saphiras Lehrmeister beantwortete. „Dein Reiter wird wieder genesen. Diese Verletzung wird ihn nicht mehr beeinträchtigen." Grenzenlose Freude und Dankbarkeit fluteten den Geist des alten Drachen. Für einen kurzen Moment, völlig das Schlachtfeld um sich herum vergessend, stieß er ein freudiges Brüllen aus, das so laut war, dass Karis die Zähne klapperten. Auch der alte Reiter war von dem Gebrüll überrascht. Der Schattenläufer hatte eigentlich damit gerechnet, dass der alte Elf sich, trotz der magischen Heilung, noch einige Tage ausruhen müsste, doch als das Gebrüll seines goldenen Seelengefährten den Himmel erschütterte, hob er den Kopf.
Für einen kurzen Moment musterte er verwirrt seine Umgebung. Einen Moment konnte Karis die Überraschung in seinen Augen erkennen, als er ihn auf dem Rücken seines Drachen erblickte, dann das Verständnis, als sein Seelengefährte seine Erinnerungen mit ihm teilte und ihm übermittelte, dass der Schattenläufer ihn geheilt hatte. Dann wichen die Gefühle aus dem Antlitz des Elfen und sein Blick wurde neutral. „Glaedr hat mir erzählt, dass ihr mir das Leben gerettet habt. Meinen Dank dafür." Karis zuckte mit den Schultern. „Ich hatte keine große Wahl. Eragon hätte es mir wahrscheinlich übel genommen, wenn ich zugelassen hätte, dass seine beiden Lehrmeister getötet werden."
Der alte Elf nickte. „Ich verstehe." „Außerdem", fügte Karis hinzu, „wollte ich Murtagh die Erfahrung ersparen noch jemanden auf dem Gewissen zu haben, nur weil er unter Galbatorix Kontrolle steht." Hatte er den ersten Teil noch leichthin gesagt, war er bei dem Teil mit dem von Galbatorix versklavten Reiter, wieder ernst geworden. „Ihr sprecht, als ob ihr damit persönliche Erfahrungen gemacht habt?", erkundigte sich der alte Elf vorsichtig. Ein Schatten glitt über Karis Gesicht.
„Ich kann verstehen, dass ihr aufgrund der Umstände unter denen wir uns kennenlernen, eine Menge Fragen habt, aber ihr werdet euch noch etwas gedulden müssen. Ich bin durchaus bereit euch und eurem Seelengefährten meine Lebensgeschichte zu erzählen, aber erst wenn ich und Sereth die Angelegenheit mit Murtagh und Dorn bereinigt haben." Der Reiter des goldenen Drachen neigte den Kopf. „Ich verstehe. Eragon hat mir erzählt, dass ihr vorhabt Morzans Sohn und seinen Seelengefährten von Galbatorix Einfluss zu befreien." Obwohl der letzte Teil mehr eine Frage als eine Feststellung war, nickte Karis. „Damit geht ihr ein großes Risiko ein. Es ist sehr schwierig sich im Kern seines Wesens so stark zu ändern, dass sich der wahre Name ändert", warnte der alte Elf. „Keine Sorge", erwiderte der Schattenläufer, „wir haben einen Plan."
Doch bevor er erläutern konnte, was er damit meinte, versetzte das schmerzerfüllte Brüllen eines Drachen den Himmel in Aufruhr.
Ruckartig wirbelte Karis herum. Wie jeder Drachenreiter würde er den Schmerzlaut seines Seelengefährten überall erkennen. Mit blitzenden Augen, richtete er seinen Blick auf den Kampf zwischen Dorn und Sereth, der immer noch in etlichen Flügelschlägen Entfernung über ihnen tobte. Was er dort sah, ließ das Blut in seinen Adern gefrieren. Dorn und sein Reiter hatten offensichtlich das freudige Brüllen Glaedrs gehört und hatten versucht an Karis Seelengefährten vorbei zu gelangen um ihn anzugreifen und als der weiße Drache dazwischen gegangen war, hatte der Reiter des roten Drachen ihm sein Schwert, tief in die rechte Schulter gerammt. Sereth schwebte immer noch zwischen seinem kleineren Artgenossen und dem größeren goldenen Drachen, aber Murtaghs rotes Schwert ragte aus seiner Schulter und ganz offensichtlich hatte er Schmerzen, währen dunkles Drachenblut über seinen rechten Vorderlauf lief.
Mit einem zornerfüllten Fauchen, das jedem Drachen Ehre gemacht hätte, entblößte Karis seine spitzen Reißzähne. In dem Moment, in dem er den roten Schimmer an Sereth Wunde gesehen hatte, hatte sich das Schwert wie von selbst gelöst und war in die Hand seines Besitzers zurückgekehrt. Karis musste sich eingestehen, dass er in diesem Moment einen nicht unbeträchtlichen Zorn auf den Reiter des roten Drachen verspürte. Wenn es um seinen Seelengefährten ging, verstand er keinen Spaß. Zwar überwog noch immer das Mitgefühl für den versklavten Reiter, aber er kam nicht umhin, den Gedanken, ihre beiden Gegner gewaltsam zu Boden zu zwingen, immer verlockender zu finden.
Kurz schüttelte er den Kopf um wieder klar denken zu können. Streng rief er sich ins Gedächtnis, dass weder der Reiter des roten Drachen, noch sein Seelengefährte für ihre Handlungen verantwortlich waren.
Mit nachdenklichem Blick, wandte er sich wieder zu dem alten Elfen und dem goldenen Riesen, die das Ganze, ebenfalls besorgt, beobachtet hatten. „Ich würde vorschlagen, dass ihr und euer Seelengefährte euch aus dem weiteren Luftkampf zurückzieht. Trotz der Tatsache, dass ich euch geheilt habe, seid ihr immer noch geschwächt. Außerdem besitzt ihr eure Waffe nicht mehr und wenn zwei größere Drachen, die nicht daran gewöhnt sind zusammen zu kämpfen, zu zweit einen kleineren Drachen bekämpfen, ist es wahrscheinlicher, dass sie einander verletzen, als ihr Ziel." Man konnte förmlich sehen, wie es hinter der Stirn des erfahrenen Reiters arbeitete. Sein Stolz rang mit der Erfahrung, die er im Lauf seines, ohne Zweifel, langen Lebens gesammelt hatte. Schließlich nickte er. „Ihr habt Recht. Ich fühle ich mich in der Tat noch geschwächt." Anerkennend neigte Karis vor dem letzten Mitglied des alten Ordens den Kopf. „Es bedarf sehr viel Mut, sein Schwert wenn man es erst einmal gezogen hat, wieder in die Scheide zurückzuschieben. Ihr habt meinen Respekt dafür, dass ihr euch nicht von falschem Stolz blenden lasst, Älfakyn." Freundlich lächelnd reichte der alte Elf Sereths Reiter die Hand. „Mein Name ist Oromis, Schattenläufer."
Karis zögerte einen Moment, bevor er die ausgestreckte Hand ergriff, doch nachdem er sie geschüttelt hatte, wandte er sich schnell an den goldenen Drachen, der während seines Gesprächs mit seinem Reiter, den Kampf über ihnen im Auge behalten hatte.
„Könntet ihr mich da hoch werfen?" Sicher, dass er ihn falsch verstanden hatte, blinzelte Glaedr ungläubig. Schließlich fragte sein Reiter unsicher: „Wie meint ihr das?" Etwas genervt erwiderte Karis: „Ich meine damit, ob euer goldgeschuppter Seelengefährte genug Kraft in seiner verbliebenen Vorderklaue hat, um mich zu meinem Drachen zu schleudern." „Das wäre aber ein sehr gewagtes Manöver." Immer noch unsicher blickten der alte Elf und sein Seelengefährte sich an. „Selbst zur Zeit des alten Ordens gab es nicht viele, die ein solches Kunststück gewagt hätten." „Ich weiß", erwiderte Karis ungerührt, „darum hatten Sereth und ich auch oft das Überraschungsmoment, wenn wir gegen eure alten Kameraden gekämpft haben." Fest sah er zuerst Oromis, dann dem goldenen Drachen in die Augen. „Also würdet ihr mich bitte da hoch befördern, damit ich zusammen mit meinem Seelengefährten das vollenden kann, weswegen wir hierhergekommen sind?"
Glaedr nickte. Die Entschlossenheit, die bei den letzten Worten in den Augen, des Schattenläufers gelodert hatte ihn überzeugt. Mit einer ruckartigen Kopfbewegung, bedeutete er dem jüngeren der beiden Reiter auf seinem Rücken, sich an dem Älteren vorbeizuschieben, damit er ihn mit der Klaue packen konnte. Als sich die großen goldgeschuppten Krallen um ihn schlossen, kam Karis nicht umhin, sich für einen kurzen Augenblick, an die vielen vorherigen Male zu erinnern, als ihn Drachen des alten Ordens in ihren Klauen gehabt hatten. Solche Geschehnisse waren bisher immer mit Schmerz und Kampf verbunden gewesen. Das war das erste Mal, dass ihn ein Drache des alten Ordens in der Klaue hielt, ohne die Absicht ihn zu zerquetschen, zu verbrennen, oder ihn zu zerschmettern.
Aber bevor er sich noch mehr Gedanken über die absurde Änderung der Umstände machen konnte, hörte er für einen kurzen Moment die Stimme des alten Elfen, die von irgendwo jenseits seines goldgeschuppten Käfigs zu ihm sprach. "Wenn ihr euer Ziel erreicht habt und der Kampf beendet ist, müssen Glaedr und ich mit euch und eurem Seelengefährten sprechen. Es gibt eine Menge, was wir euch sagen wollen." Obwohl der letzte des alten Ordens das nicht sehen konnte, nickte Karis. „Einverstanden. Es gibt auch eine Menge, was ich mit euch besprechen möchte."
Darauf hörte er ein lautes Schnaufen von draußen, dass nur von dem alten Drachen stammen konnte. Im nächsten Moment flog er durch die Luft.
Dieser Flug war ganz anders als der Fall von Sereths Rücken, als er versucht hatte den goldenen Riesen einzuholen. Anstatt sich einfach zu entspannen und die Schwerkraft wirken zu lassen, spürte Karis in jedem Moment wie die unsichtbare Kraft, die alles mit dem Erdboden verband, mit der Kraft rang mit der, der Seelengefährte des letzten Reiters des alten Ordens ihn in den Himmel geschleudert hatte. Die enormen Fliehkräfte, die dabei entstanden, bewirkten dass sich Karis Gesichtszüge verzogen und seine Augen tränten, so dass seine Sicht komplett verschwamm.
Doch gerade als der Schwung mit dem er in die Luft geworfen worden war, nachließ, tauchte vor seinem vor Tränen getrübten Blickfeld ein weißer Schleier auf, der ihn mit scharfen Klauen sanft packte. Sofort erkannte Karis den Umriss seines Seelengefährten, als sich dessen Krallen vorsichtig um seinen Körper schlossen. Kaum das er von dem Wind geschützt in der Kralle seines Freundes lag wischte er sich einmal mit der behandschuhten Hand über sein Gesicht um sein Sichtfeld zu klären, wobei er darauf bedacht war sich nicht aus Versehen mit den Widerhaken an seinen Handschuhe, selbst zu verletzen.
Nachdem er wieder sehen konnte, trat er mit einigen gezielten Bewegungen gegen die weißen Schuppen, die ihn umgaben und brüllte: „Und wie läuft es mit unserem Plan?" Er erhielt keine Antwort, doch ein plötzlicher Richtungswechsel seines Seelengefährten, der ihn hart gegen eine Seite der Klaue schleuderte, offenbarte ihm, dass der weiße Drache gerade damit beschäftigt war, seinem jüngeren Artgenossen auszuweichen und folglich keine Zeit hatte, ihm zu antworten.
Doch gerade als der Schattenläufer sich überlegte, wie er seinem Seelengefährten helfen konnte, geschah etwas womit Sereths Reiter nicht gerechnet hatte. Mit einem Ruck wurde die Klaue in die Luft geschleudert und sie öffnete sich. Karis schrie überrascht auf, als er für einen kurzen Moment schwerelos in der Luft schwebte, bevor er vom weißgeschuppten Flügel seines Freundes getroffen und unsanft auf dessen Rücken befördert wurde.
Trotz der Überraschung war Karis geistesgegenwärtig genug um sich an den Riemen, die an seinem Sattel befestigt waren festzuhalten.
Während sein Drache mit kräftigen Flügelschlägen durch die Luft glitt und dabei dem kleineren roten Drachen, der wie sein Reiter jetzt erkannte, knapp hinter ihm war, auswich, hievte Karis sich nach vorne, bis er wieder sicher in seinem Sattel saß. Nachdem er die Riemen festgezogen hatte, schlug er einmal mit der Faust gegen den schwarzen Stahl, der seinen ganzen Sattel umschloss. Ein dröhnender Ton, wie von einer großen Glocke erschallte, als Karis fluchend seinem Drachen zurief: „Warn mich gefälligst, wenn du das nächste Mal vorhast, mich so durch die Luft zu schleudern." Sereth warf seinem Reiter einen kurzen Blick zu der so viel besagte wie, „was war daran denn anders, als die Luftakrobatik, die du vorgeführt hast?" Kurz funkelte Karis noch in die Augen seines Seelengefährten, ehe die Strenge von seinen Zügen schmolz und einem schelmischen Lächeln Platz machte. „Hast ja Recht."
Doch der kurze Moment der Unbeschwertheit, der beiden Seelengefährten wurde unterbrochen, als plötzlich eine laute Stimme durch den Himmel schallte. „Sososo, ihr seid also der Drache und der Reiter, die es in alten Zeiten geschafft haben, sich ganz alleine gegen den Orden der Drachenreiter zu stellen und zu überleben. Sehr beeindruckend." Süß und sanft wie dickflüssiger Honig umschmeichelte die Stimme des Königs von Alagaesia Karis Ohren. Trotzdem bemühte sich Sereths Reiter um einen klaren Kopf. Kalt erwiderte er: „Welche Ehre. Der König von Alagaesia selbst, sinkt dazu herab mit dem einfachen Volk zu sprechen. Womit haben wir das nur verdient?" Bei den letzten Worten tropfte seine Stimme vor Sarkasmus.
Ein Seitenhieb, der aber völlig bedeutungslos zu werden schien, als Galbatorix erneut das Wort ergriff. Bedauern und Mitgefühl drangen aus dem Mund von Dorns Reiter, den der König von Alagaesia als Sprechrohr benutzte: „Weshalb begegnet ihr mir mit solcher Feindseligkeit? Es war nicht ich, der euch eine solch dunkle Zeit beschert hat. Nein, der alte Orden, die Organisation, die ich zerstört habe, war es, die euch gejagt, verwundet und verflucht hat." Für einen kurzen Moment verstummte Galbatorix, während der rote Drache langsam näher flog. „Solltet ihr nicht lieber auf meiner Seite stehen? Vergesst nicht, die Verbündeten die ihr euch gewählt habt, verkörpern praktisch die Ideale, der Reiter, die euch einst gejagt haben. Wäre es daher nicht angemessener, wenn ihr auf meiner Seite stehen würdet? Wollt ihr wirklich, zu denen halten, die die in den Himmel loben, die euer Leben mit Qualen gefüllt haben?"
Karis kam nicht umhin einen gewissen Wahrheitsgehalt in den Worten des Königs zu erkennen. Vom rein logischen Standpunkt aus, war nicht daran zu rütteln, dass einer der Hauptgründe, des Kampfes der Varden und ihrer Verbündeten gegen den König war, dass dieser die alten Reiter und Drachen ausgelöscht hatte. Eine Tat, die die jahrelange Jagd des alten Ordens nach dem Schattenläufer und seinem Seelengefährten beendet hatte. „Außerdem", fügte Murtagh mit der Stimme des Königs von Alagaesia, der Karis zögern bemerkt hatte, hinzu: „würde es euch mit meiner Hilfe wesentlich leichter fallen, euch diesen Schattenelfen, den ihr schon so lange jagt, von Hals zu schaffen." Obwohl Karis Gedanken sich immer noch anfühlten, als wären sie von Galbatorix honigsüßen Worten verklebt worden, stutzte er. „Ich dachte Ecros würde in euren Diensten stehen?", fragte er mit seltsam träger Stimme. „Das war einmal.", entgegnete die falsche Stimme aus Murtaghs Mund. „Ich habe es vorgezogen unser Bündnis zu beenden, woraufhin er bei Nacht und Nebel aus Uru baen geflohen ist." Er wartete einen kurzen Moment, während seine Worte auf seine Gegenüber wirkten, dann fuhr er eindringlich fort.
„Damit ist er jetzt auch mein Feind. Wenn ihr auf meiner Seite stehen würdet, würde ich euch alle meine Quellen zur Verfügung stellen um ihn zu finden und noch mehr. Ihr könnten auf meine volle Unterstützung beim Kampf mit ihm zählen. Du hast schon gesehen, wie mächtig ich Murtagh machen konnte, was würdest du sagen, wenn du hörst, dass du noch wesentlich mächtiger sein könntest. So mächtig, dass du niemals wieder fürchten musst, dass jemand dich und deinen Seelengefährten bedrohen könnte." Noch einmal schwieg die Stimme des Herrschers, während seine Worte wie süßes Gift in den Verstand des Schattenläufers sickerten.
„Alles was du dafür tun musst, wäre dich mir anzuschließen. In Uru baen könntet ihr ein sicheres und behütetes Leben führen. Ihr müsstet nur gelegentlich ausfliegen, wenn ich eure Dienste benötige. Sonst könnt ihr ein ruhiges Leben führen. Und ist es nicht das was ihr schon immer verdient habt und was ihr hättet haben können, wenn diese ignoranten Narren, die die Varden so vergöttern, nicht gewesen wären."
Obwohl sich alles in Karis dagegen sträubte, kam er nicht dagegen an, die schimmernde Zukunft, die ihm der Herrscher Alagaesias ausmalte, vor seinem inneren Auge zu sehen. Ein Leben in Frieden und Akzeptanz. Niemand der ihn oder seinen Seelengefährten danach beurteilte, wie sie aussahen, oder woher sie kamen. Und trotz des hartnäckigen Kerns seiner Seele, der ihm ununterbrochen zuflüsterte, das er wenn er diesen Schritt tat, genau zu dem wurde, was er immer an seinem alten Lehrmeister verabscheut hatte, kam er nicht umhin die Vorstellung des Königs sehr reizvoll zu finden. Im nächsten Moment donnerte wütendes Gebrüll durch den Himmel. Sereth hatte den Kopf herumgeworfen und ohne den kleineren roten Drachen zu beachten, der inzwischen direkt vor ihnen in der Luft schwebte, fixierte sein violettes Auge seinen Reiter.
Der strenge Blick des Drachen war wie ein Schlag in die Magengrube. Die Enttäuschung die darin lag, traf Karis bis ins Mark und riss ihn unsanft aus dem hypnotisierten Dämmerzustand, in den Galbatorix sanfte Stimme ihn versetzt hatte. Zufrieden, dass er die Aufmerksamkeit seines Reiters erregt hatte, stieß Sereth ein Brummen aus. Doch er beließ es nicht bei einem tadelnden Blick. Um seinem Reiter endgültig aus der Illusion zu reißen, in die ihn Galbatorix Schlangenzunge getaucht hatte, veränderte er seinen geistigen Schutzwall. Da es in unmittelbarer Nähe zu dem Herrscher von Alagaesia zu riskant gewesen wäre direkten Kontakt zu dem Geist seines Reiters aufzunehmen, war dies die einzige Möglichkeit Karis mitzuteilen was ein solches Bündnis bedeuten würde.
Für gewöhnlich wählte er für die Barrieren um sein Bewusstsein, ähnlich wie sein Reiter ein starkes Gefühl, welches er in sich wachsen ließ, bis es ihn vollständig ausfüllte, doch jetzt wählte er eine Erinnerung. Eine Erfahrung, die er zusammen mit seinem kleinen Schatten, kurz nach dem Ende des Krieges zwischen dem alten Orden und den Abtrünnigen erlebt hatte. Damals hatten sie die Überreste des einstigen Herrschaftsgebiets des alten Ordens, die Insel Vroengard, erkundet.
Zwar hatten sie, wegen des unsichtbaren Giftes, dass bei dem Kampf zwischen den alten Reitern freigesetzt worden war, nicht lange dort verweilen können, doch das Bild, das sie damals erblickt hatten, hatte sich in Sereths Seele gebrannt.
In den Ruinen der einstigen Hochburg, von der heute nur noch von Moos und Staub bedeckte Felstrümmer übrig waren hatten sie etwas erblickt, was für den weißen Drachen die Verkörperung von Galbatorix Willkür, Grausamkeit und Wahnsinn war. Dutzende, wenn nicht hunderte von jungen Reitern und Drachen. Zu jung um an der entscheidenden Schlacht teilzunehmen, hatten sie in der Festung des alten Ordens Schutz gesucht, nur um nach dem Sieg der Abtrünnigen dort abgeschlachtet zu werden. Noch heute konnte Sereth die stumme Verzweiflung spüren, wenn er sich an die hilflos ausgestreckten Hände, der kleinen Reiter erinnerte, die verzweifelt versucht hatten ihre schuppigen Seelengefährten zu beschützen. Oder die Hilflosigkeit der Drachen, die schon alt genug gewesen waren, um ihre Reiter zu tragen, und die versucht hatten zu entkommen, nur um einige Flugmeilen von dem Massaker in der Ordensburg entfernt, eingefangen und vom Himmel geholt zu werden.
Mit zerschmetterten Schwingen hatten sie an der Küste Vroengards gelegen, ihre im Tod so zerbrechlich wirkenden Körper von den Wellen umspült und ihre kleinen Seelengefährten, die bleich und bewegungslos auf ihren Rücken hingen.
All das baute Sereth in seinen Schutzwall ein. Er wusste, dass sein Seelengefährte, egal wie massiv er sich hinter seinen geistigen Barrieren verschanzte, immer wieder einen Blick auf die geistigen Verteidigungen in seiner Umgebung warf, um sich ein Bild vom Geisteszustand seiner Mitstreiter und Gegner zu machen. Schon oft hatte der weiße Drache ihm auf diese Weise eine Nachricht übermittelt, ohne dadurch das Risiko einzugehen, während eines Kampfes seinen Schutzwall zu öffnen.
Und auch heute zeigte diese Methode schnell Wirkung. Sereth spürte, wie in seinem kleinen Schatten, bei dem Anblick dieser Erinnerung, die alten Gefühle hochkochten. Wie der Zorn und der Abscheu, den er damals empfunden hatte, das süße Gift, das der selbsternannte Herrscher Alagaesias in seine Ohren geträufelt hatte, aus seinen Gedanken verdunstete. Und wie sich eiskalte Entschlossenheit, daraus kristallisierte.
Kurz rieb Karis über die Schuppen, an Sereths Hals. Mehr konnte er in Anbetracht der Lage nicht tun um seine Dankbarkeit auszudrücken, dennoch stieß der weiße Drache ein versöhntes Summen aus „Manchmal wäre ich wirklich ebenso verloren ohne dich, wie der Schattentöter ohne deine Nistpartnerin, mein Großer." Kurz verloren die beiden Seelengefährten sich in dem Moment der Zuneigung, ehe sie sich wieder dem Drachenmörder im Körper von Dorns Reiter zuwandten.
„ihr habt mir ein verlockendes Angebot gemacht, Hoheit." Eiskalt und klar wie ein Gebirgsbach, schallte Karis Stimme durch den Himmel. „Ich gebe zu noch vor wenigen Jahren hätte ich euer Angebot vermutlich angenommen, doch mein Seelengefährte hat mich daran erinnert, welche Folgen, eine solche Entscheidung, mit sich bringen würde." Die Stimme des Schattenläufers wurde schärfer. Wie gesplittertes Glas, rasselten seine Worte auf den König nieder. „Schon zur Zeit eures Krieges mit dem alten Orden habt ihr gezeigt, dass ihr keine Grenzen bei der Verfolgung eurer Ziele kennt und dass ihr bereit seid alles zu tun um eure kranken Vorstellungen einer freudigen Zukunft wahr werden zu lassen." Die Bilder der ermordeten Reiterschüler brannten bei diesen Worten hinter Karis Augen. Und das Leid das er damals gesehen hatte, schwang in seiner Stimme mit, als er fortfuhr: „Ich war schon einmal Prügelknabe, Sklave und Opfer eines Wahnsinnigen, der meinte das Recht zu haben, das Leben anderer auf krankhafte Art und Weise zu manipulieren. Und ich habe nicht die letzten 100 Jahre überlebt, um erneut in die Dienste eines ebenso geisteskranken Individuums zu treten. Ganz gleich, was ihr mir dafür bietet."
Schlagartig wich jede Art von Wärme aus der Stimme des Drachenmörders. Hasserfüllt, brannte seine Stimme in Karis Ohren, als der Herrscher Alagaesias das Wort ergriff. „Ihr seid solche Narren. Ihr hättet die ersten unter meinen Dienern sein können, stattdessen entscheidet ihr euch dafür, meine Feinde zu sein. Ein törichter Fehler, doch was will man von einer, durch einen Schatten verkrüppelten Entschuldigung, für einen Reiter anderes erwarten." „Wo wir schon von Krüppeln sprechen, Galbatorix, wie tief muss ein Reiter eurer Meinung nach sinken, um zu versuchen, den eigenen Seelengefährten, das Wesen, das einem so nahe steht, wie nicht einmal die eigene Mutter, durch ein geistig verwirrtes und wahnsinniges schwarzes Ungeheuer zu ersetzen?"
Das war ein Schlag unter der Gürtellinie, dessen war sich Sereths Reiter nur zu bewusst. Doch er musste den König reizen, damit er unvorsichtig wurde und er den Reiter dessen Körper, ihm immer noch als Marionette diente, befreien konnte.
Sein Plan schien aufzugehen.
Jede Vorsicht vergessend schrie Galbatorix geradezu, mit hasserfüllter Stimme: „Dafür wirst du bezahlen. Niemand wagt es mich derart zu beleidigen." Murtaghs Körper riss die rechte Hand mit dem Drachenmal in die Höhe und ein schwarzschillernder Strahlenkranz umspielte seine Finger. Im nächsten Moment ging ein Ruck durch den Körper des weißen Drachen. Überrascht schlug Karis Seelengefährte mit den Flügeln, doch so sehr er sich auch bemühte, er kam nicht eine Flügelweite von der Stelle. Wie von unsichtbaren Schnüren gebunden hing er in der Luft. Zwar konnte er sich noch immer ohne Probleme bewegen, doch er kam keinen Flügelweite von der Stelle.
Genau darauf hatte Karis abgezielt. Da die Magie von Dorns Reiter eigentlich rot war, war das für den Schattenläufer ein klarer Hinweis, dass der Herrscher Alagaesias selbst in diesem Moment durch seinen Sklaven Magie wirkte. Kurz war Sereths Reiter irritiert, ob der Ähnlichkeit der Farbe ihrer Magie, doch Zeit sich darüber Gedanken zu machen hatte er nicht. Zwar musste sich sein Gegner, aufgrund der enormen Entfernung auf die Eldunari stützen, die sich in Dorns Satteltaschen befanden, was den Kraftverbrauch enorm erhöhte, doch der König war so in seiner Wut gefangen, dass er gar nicht darauf achtete. Sein ganzes Bestreben war darauf ausgerichtet den Reiter zu bestrafen, der es gewagt hatte, die Bindung zwischen ihm und seinem ersten Drachen, geringzuschätzen.
Das schwarze Glänzen in Murtaghs Handfläche erreichte seinen Höhepunkt. Mit einem donnernden Aufschrei, der klang als würde er die Stimmbänder des jungen Reiters, den Galbatorix benutzte, zerfetzen, entließ der Herrscher Alagaesias den Zauber. Ein schwarz knisternder Energiestrahl schoss auf Karis zu. Der Zauber wies, abgesehen von der Farbe, eine verblüffende Ähnlichkeit mit dem Zauber auf, mit dem Murtagh auf den brennenden Steppen König Hrothgar getötet hatte. Nicht nur dass er ebenso direkt auf die Brust seines Opfers zuschoss, der Drachenmörder hatte den Energiestrahl, ähnlich wie sein Schüler damals, mit einer Energiemenge gewirkt, die jede Form von Schutzzauber, nahezu mühelos überwinden würde. Genüsslich beobachtete Murtaghs Herr durch die Augen seines Sklaven wie sein Zauber sein Werk vollbrachte.
Der Energiestrahl schlug direkt in Karis Brust ein.
Und glitt wirkungslos durch die Illusion des Reiters der sich auf Sereths Rücken befand. Fassungslos beobachtete Galbatorix, was sich vor den Augen seines Sklaven abspielte. Er konnte nicht glauben, was sich gerade zugetragen hatte. Doch er bekam keine Gelegenheit, sich darüber Gedanken zu machen. In dem Moment, in dem der Zauber des Königs fehlgeschlagen war, hatte Sereth begonnen, sich wie ein tödlicher Zyklon, um die eigene Achse zu drehen. Zwar sorgten die unsichtbaren Fesseln ihres Gegners immer noch dafür, dass er sich dabei kein Stück von der Stelle bewegte, doch darauf kam es ihm auch gar nicht an. Mit kräftigen Flügelschlägen drehte er sich immer schneller, bis er genügend Schwung aufgebaut hatte.
Dann entrollte er mit einer peitschenden Bewegung, seinen mächtigen Schweif, an dessen Ende sich sein von einem Tarnzauber verborgener Reiter aufhielt. Wie von einem Steinschleuder geworfen, wurde Karis von dem Schweif emporgewirbelt und raste direkt auf den roten Drachen und seinen Reiter zu, aus deren Zügen, da sie Karis nicht sehen konnten, das blanke Unverständnis sprach.
Kurz bevor er die beiden erreichte, ließ Sereths Reiter den Tarnzauber von seinem Körper fallen. Der Schreck blitzte ihn aus den beiden auf ihn gerichteten Augenpaaren an, doch für eine Gegenmaßnahme, blieb ihnen keine Zeit mehr. Schon eine Sekunde später prallte Karis, mit der Gewalt eines Katapultgeschosses, gegen den Körper von Dorns Reiter. Obwohl die Schutzzauber, mit denen die beiden Reiter sich umgeben hatten, verhinderten, dass einer von ihnen durch den Aufprall Schaden nahm, so waren die Riemen an Murtaghs Sattel dem Ansturm in keinster Weise gewachsen.
Mit einem ritschendem Geräusch, rissen sie unter der Spannung und Dorns Reiter kugelte, zusammen mit dem Schattenläufer, über den Rücken des roten Drachen. Karis der die ganze Situation, hatte kommen sehen, fand zuerst seine Füße wieder und versetzte dem Körper des jüngeren Reiters einen Tritt, der diesen gefährlich nahe an den Rand des Rückens seines Seelengefährten brachte.
Doch Murtagh fing sich wieder. Noch immer starrten Galbatorix Züge, Karis aus dem Antlitz von Morzans Sohn entgegen. Hasserfüllt durchbohrte seine Augen, Karis Gesicht, während er, mit der rechten Hand Zar roc umklammerte. Der Schattenläufer ließ sein Schwert in der Scheide stecken. Zwar war jeder Muskel in seinem Körper angespannt, um auf einen Angriff seines Gegenüber schnell reagieren zu können, doch nach außen hin, blieben sowohl seine Gesichtszüge, als auch seine Haltung völlig entspannt. In einer lässigen Haltung, hatte er seine Hände vor der Brust verschränkt und beobachtete locker wie sein Gegner näher kam. Kurz bevor dieser ihn erreichte, bemerkte er nebenbei: „Das wird nichts bringen."
Für einen kurzen Moment huschte Verwirrung über Murtaghs Gesicht, doch der König Alagaesias brachte seine Züge schnell wieder unter Kontrolle und fragte: „Was meint ihr damit?" Abschätzig musterte Karis seinen Gegenüber: „Ich meine, dass ihr doch wohl kaum annehmen könnt, dass ihr mich mit dem Schwert besiegen könnt. Ihr, ein alternder Zausel, der sich vor dem Krieg, den er begonnen hat, in seiner Festung verkriecht und andere die Drecksarbeit für ihn machen lässt."
Für einen kurzen Moment war Galbatorix baff. Mit so einem Gegner hatte er es noch nie zu tun gehabt. Während des Krieges mit dem alten Orden, hatte er mit vielen Feinden gekämpft und bis er sich seine Krone gesichert hatte, hatte er auch einige Auseinandersetzungen bestritten. Dabei war er vielen Feinden begegnet. Die meisten hatten ihn gefürchtet und ihn lediglich mit dem Mut der Verzweiflung bekämpft, die wenigsten hatten ihn so gehasst, dass sie keine Furcht verspürt hatten, doch einem Gegner, der ihn für so schwach hielt, dass er nicht einmal sein Schwert gegen ihn erhob, war er noch nie gegenübergestanden.
Das konnte er nicht dulden.
Murtaghs Gesicht verzerrte sich zu einer Maske aus kaltem Zorn und zum zweiten Mal innerhalb kürzester Zeit, vergaß der König alle Vorsicht und kannte nur noch das Ziel, seinen Gegenüber zu vernichten. Mit wuchtigen Schlägen drang er auf Karis ein. Immer wieder sauste Zar rocs blutrote Klinge auf den Schattenläufer herab. Gewandt wich Sereths Reiter den meisten Schlägen aus, oder fing sie geschickt mit den Armschienen seiner Panzerhandschuhe ab, die er speziell für diesen Zweck verstärkt hatte.
Zudem unterließ er es nicht, immer wenn er erfolgreich einem von Galbatorix Angriffen entgangen war, eine neue Spitze gegen den König vorzubringen. Schon nach kürzester Zeit kochte der Herrscher Alagaesias, der Karis aus den Augen des jüngeren Reiters hasserfüllt anstarrte, vor Wut.
So wich Sereths Reiter immer wieder geschickt nach hinten aus, bis er sich unversehens am Ende von Dorns Körper wiederfand. Hinter ihm lag nur noch der Schweif des jungen Drachen, wohingegen der einzige Weg nach vorne ihm von dem Wahnsinnigen, im Körper eines jungen Reiters versperrt war, dem jetzt wo seinem Gegner alle Fluchtwege abgeschnitten waren, ein höhnisches Grinsen, seine Gesichtszüge entstellte. Geschickt wich Karis einem gerade geführten Schwertstoß aus, der ihn beinahe in die Tiefe befördert hätte, doch ihm war klar, dass er dieses Spiel jetzt bald beenden musste, ansonsten würde es blutig werden.
Mit einem gehässigen Grinsen, beobachtete Galbatorix seinen in die Ecke gedrängten Gegner. „Na, findet ihr immer noch, dass ich es nötig habe, mich in meiner Festung zu verkriechen?" Seine Stimme tropfte förmlich vor Genugtuung.
Doch Karis Reaktion war eine gänzlich andere als erwartet. „Und ob. Aber ich muss sagen, mein Respekt vor den Abtrünnigen ist gerade mächtig gestiegen. Die müssen sehr stark gewesen sein, wenn sie es geschafft haben einen Versager wie euch solange an der Macht zu halten." Diese verächtliche Antwort die Karis dem König ins Gesicht schleuderte, brachte Galbatorix dazu, dass er das Gesicht des Reiters, den er als Marionette benutzte zu einer zornigen Grimasse verzog. Mit einem wütenden Fauchen, hob er das rote Schwert um den letzten Stoß zu führen und bemerkte zu spät das hinterhältige Lächeln, das in den Augen seines Gegners glomm.
Er wirbelte herum, doch es war schon zu spät. Durch die Beleidigungen und die geschickten Ausweichmanöver seines Gegners abgelenkt, hatte Galbatorix nicht bemerkt, wie die magischen Fesseln um den weißen Drachen des Schattenläufers, zu bröckeln begonnen hatten. In dem Moment, in dem er zu dem Giganten herumgewirbelt war, hatte sich dieser von den letzten Resten seines Zaubers befreit. Mit lautem Gebrüll stürzte Sereth auf seinen jüngeren Artgenossen zu. Von dem plötzlichen Angriff überrascht, konnte Dorn nicht mehr ausweichen und die beiden Drachen kollidierten mit einem Geräusch, wie zwei Felsbrocken, die aufeinander donnerten.
Die Urgewalt, mit der die beiden Riesen aufeinander krachten, schleuderte die beiden Reiter von dem Rücken des kleineren der beiden Kontrahenten.
Während Murtaghs Körper hilflos in die Tiefe segelte, spürte Karis schon nachdem er wenige Meter durch die Luft geflogen war, wie starke sichelförmige Klauen seine Schultern umschlossen und seinen Fall verlangsamten. Dünn lächelnd hob er den Kopf. Seine Schultern schmerzten, von dem festen Griff mit dem der rotbraune Citharki Donner ihn festhielt. „Genau zum richtigen Zeitpunkt." Nachdem er ihm kurz in Gedanken seine Dankbarkeit übermittelte, wandte er seine Aufmerksamkeit kurz dem roten Drachen zu, von dessen Rücken es ihn und Murtagh geschleudert hatte. Verzweifelt versuchte dieser, zu seinem Reiter zu gelangen, welcher immer noch hilflos in die Tiefe stürzte. Doch sein größerer Artgenosse, ließ das nicht zu. Sereth hielt Dorns Nacken mit seinen mächtigen Kiefern umschlossen, und umklammerte seinen Oberkörper mit seinen Pranken, sodass sein Gegner sich kaum bewegen konnte.
Das hielt den jüngeren Roten, aber nicht davon ab, immer wieder, im verzweifelten Versuch sich freizukämpfen, mit seinen Krallen über den Körper von Karis Seelengefährten zu fahren. Da er durch die festen Griff seines Gegners jedoch lediglich an die von massiven schwarzen Stahlplatten verdeckten Körperteile herankam, zeigten diese Angriffe wenig Wirkung. Hilflos musste Dorn mitansehen, wie sein Seelengefährte in die Tiefe stürzte. Zufrieden, dass Sereth seinen jüngeren Artgenossen im Griff hatte, richtete auch Karis seinen Blick wieder auf den fallenden Reiter.
Inzwischen war Murtagh dem Boden gefährlich nahe gekommen. Eigentlich hatte Karis angenommen, dass der jüngere Reiter, noch über genügend magische Reserven verfügte, um seinen Sturz mühelos abzubremsen, doch das magische fesseln von Sereth und Glaedr schien mehr Kraft gekostet zu haben, als der Schattenläufer angenommen hatte. Zwar war das von Vorteil, denn das bedeutete, dass es wesentlich leichter sein würde ihn gefangen zunehmen, aber auf der anderen Seite bedeutete das auch, dass der jüngere Reiter in den Tod stürzte. Doch gerade als Karis sich anschickte, dem zweiten Citharki, welches sich immer noch in den Wolken verbarg den Befehl geben wollte, ihn aufzufangen, verlangsamte sich sein Fall plötzlich. Wie von einer leichten Brise getragen, wurde der Sturz des jüngeren Reiters sanfter und verlangsamte sich immer mehr, bis er in einer eleganten Kurve zu Boden schwebte.
Sein Landeplatz war gut gewählt. Einige Meilen außerhalb von Gil ead und auch außerhalb der Reichweite der Elfenarmee, von denen sich immer noch einige, vor den Toren der Stadt aufhielten, während der Großteil ihres Heeres sich bereits den Weg zur Stadtfestung freikämpfte. Dort stand Murtagh und blickte zu Karis empor, der immer noch von Donner festgehalten, herabschwebte. „Also gut", war das letzte was Karis durch den Kopf ging, bevor er auf dem Boden ankam, „Dann wird es sich auf dem Boden entscheiden." Mit einer entschlossenen Bewegung, zog er sein Schwert. Die aschegraue Klinge von Zwielicht funkelte im Licht der Sonne. Jetzt war die Zeit für Tricks und Täuschungen vorbei. Hinter ihm erhob sich Donner wieder in die Luft, während er entschlossen auf seinen Gegner, der die wahnsinnigen Gesichtszüge des Drachenmörders auf seinem Antlitz trug, zutrat.

Das bislang längste Kapitel. Hoffe es gefällt euch.

LG Saphirastern 💙

Der Weiße SchattenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt