52. Judys Kindheitstrauma

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Judys Sicht

,,Weißt du, als Nick fast neun Jahre alt war, hatte er ein prägendes Ereignis. Er..."
,,Ja, das hab ich ihr schon erzählt...", winkte Nick ab.
,,Das hatte ich auch schon mal...", murmelte ich darauf los..

Es herrschte Stille.
,,Was hattest du auch schon?", hakte Nick ungewiss nach.
Als ich meinen Blick erhob, erkannte ich, dass mich Nick verwirrt musterte und seine Eltern, die mich abwartend anschauten.

Oh man... Jetzt muss ich das auch noch erzählen.
,,M-Mir ist sowas Ähnliches passiert.", fuhr ich zögerlich fort. ,,Aber das ist gar nicht so wichtig, deshalb...", lehnte ich dümmlich ab.

,,Nein, jetzt musst du es uns sagen, Judy.", forderte Nick misstrauisch.

,,Nick, bedränge sie doch nicht.", wollte seine Mutter, Katherine.
,,Nein, jetzt will ich es wissen.", winkte er ab.

Ich atmete tief durch.

Das kann ich doch nicht einfach sagen! Denn es war Gideon, ein Fuchs, der mich attackierte. Aber nun habe ich gar keine andere Wahl mehr.

Ich bin so dumm.

,,A-Als ich neun Jahre alt war, wusste ich schon ganz genau, dass ich später einmal Polizistin werden wollte. Aber da gab es einige Kinder, die nicht an mich glaubten, sie machten sich über mich lustig. Und, als ich sah, wie ein gemeiner Junge einige meiner Freunde drohte und ihre Karten klaute, habe ich sie verteidigt und dabei wurde ich von ihm attackiert...", den letzten Teil sprach ich langsam aus.

,,Ach wirklich? Das hört sich grauenvoll an.", bemitleidete mich Nicks Mutter.
,,Wirklich, Judy? Das hast du mir ja noch nie erzählt.", sagte Nick in einem vorwurfsvollem Unterton und blickte mich irritiert an.
Entschuldigend sah ich ihn an.

,,Und wer war dieser Junge noch gleich?", fragte er nach.

,,Das ist doch nicht so..."

,,Nein. Judy, sag.", unterbrach er mich ernst.

,,G-Gideon Grey."

Das hörte sich aber nicht wie eine Antwort, sondern eher wie eine Frage an.

Nick runzelte verwundert die Stirn.
,,Das war ein Fuchs, oder?", hakte er entgeistert nach.

Ich nickte zögerlich.

Er seufzte und wendete enttäuscht den Blick ab.

,,Wieso hast du mir das nicht erzählt?", wollte Nick verletzt wissen.

,,Tut mir Leid, Nick. I-Ich konnte es nicht...", entschuldigte ich mich bekümmert.

,,Und wieso nicht?"

Es war mir wirklich unangenehm darüber zu reden. Vor allem, weil Nicks Eltern dabei waren.

,,Ich wusste nicht, wie du reagieren würdest...", nuschelte ich und guckte schuldbewusst zu Boden.

,,Was?", fragte er verständnislos und wollte, dass ich meine Aussage wiederhole.

,,Tut mir Leid, Nick, ich wusste nicht wie du reagieren würdest!", wiederholte ich nun lauter.

Daraufhin sah er mich für einige Augenblicke entsetzt an. Im nächsten Moment stand er plötzlich auf und lief die Treppen hoch.

Sehnsüchtig blickte ich ihm hinterher.

,,Nick!", rief ich und stand auf.
,,Tut mir Leid.", entschuldigte ich mich bei seinen Eltern.
,,Nicht doch, geh nur.", erwiderte Katherine besorgt.
,,Er ist wahrscheinlich in seinem Zimmer. Die Treppe hoch, das dritte Zimmer links.", erklärte mir Gerald.
,,Danke.", war mein letztes Wort, bevor ich mich auf die Suche machte.

Ich betrachtete das Haus ein wenig, als ich die Treppe hochlief.
An der Wand hingen etliche Bilder von Nick, seinen Eltern und seiner Schwester.

Ich erinnerte mich an den Moment, als ich tatsächlich gedacht habe, dass seine Schwester seine Freundin wäre.

Ich schüttelte peinlich berührt den Kopf.

Man konnte sofort erkennen, dass es sich auf einigen Bildern um Nick handelte.

Ich ging weiter und sah letztendlich eine Tür, die bis zur Hälfte offen stand. Vorsichtig lugte ich hinein und sah ihn auch schon, wie er gedankenverloren aus einem Fenster guckte und sich mit den Ellenbogen an der Fensterbank stützte.

Leise wagte ich ein paar Schritte hinein.

,,Wieso wolltest du es mir nicht erzählen?", hörte ich ihn plötzlich fragen und schreckte kurz auf.
Schwermütig seufzte ich und kam näher auf ihn zu.

,,Ich weiß nicht... Ich wollte nicht, dass du..."
,,Dass ich was?", fiel er mir in den Satz.

Mir haben absolut die Worte gefehlt.
Stattdessen schwieg ich.

,,Judy, ich dachte wir beide erzählen uns alles. Wie hattest du gedacht, wie ich reagieren würde? Dass ich ausraste?  Weißt du denn nicht mehr, wie ich bin?", wollte er bedrückt wissen.
,,Du hast mich irgendwie enttäuscht, Judy.", fügte er hinzu.

Ich schüttelte kummervoll den Kopf.
,,Entschuldigung... Ich... Wollte nicht, dass du weißt, dass ich ein verstörendes Ereignis hatte, mit einem Fuchs. Ich meine, anfangs konnte ich es dir nicht erzählen...", ich suchte nach den passenden Worten, doch sie fielen mir einfach nicht ein. ,,I-Ich weiß nicht, wie ich dir das erklären soll."

Er senkte seinen Blick. ,,Weißt du, ich habe Angst, dass du dich vielleicht doch noch vor mir fürchtest.", erklärte er trübselig.
,,Was? Auf keinen Fall! Es war nur...", ich hielt inne, bevor ich anfing zu berichten: ,,Du erinnerst dich an den Moment, als ich auf dieser Pressekonferenz reden musste?"

Er nickte wehmütig.

,,Und dann plötzlich h-hast du mich gefragt, ob ich Angst vor dir hätte.", schilderte ich stockend und schloss verkrampft die Augen. ,,Kurz danach, bin ich zurückgeschreckt und... Ja, du weißt ja noch wie das war. Jedenfalls erinnerte mich das stark an mein Kindheitstrauma. Und ein Kindheitstrauma wird man nicht einfach so los, deshalb..."
,,Also hast du doch noch Angst vor mir?", unterbrach er mich ein weiteres Mal.

Ich zog eine verkrampfte Miene. ,,Nein, Nick. Das habe ich nicht!", erwiderte ich perplex.
,,Das verstehe ich nicht.", gab er mir gleichgültig zu wissen.
,,Eigentlich müsstest gerade du genau wissen, wie das ist.", sagte ich vorwurfsvoll.
,,Wie meinst du das denn jetzt?", wollte er verständnislos wissen und sah mich verblüfft an.
,,Du selbst hattest ja auch einmal ein Kindheitstrauma."

Wir schwiegen uns gegenseitig an.

Das passt ja alles super zusammen. Nick hatte ein Trauma, bei dem es darum geht, dass man einen Fuchs angeblich nicht trauen kann. Und ich hatte ein Trauma, bei dem ich von einem verletzt wurde.

Es herrschte nur eine unangenehme Stille zwischen uns. Niemand wusste, was man in einer Situation wie dieser sagen sollte. Nun bekam ich tatsächlich Angst. Und zwar Angst davor, dass wir plötzlich anfangen würden zu streiten.

Aber ich wusste eigentlich schon, was mir Sorgen machte. Es war eine dumme Sorge, aber eigentlich doch gar nicht mal so irrelevant...

Ich vergrub mein Gesicht in meinen Pfoten.

Ich hörte Nick schwer seufzen. Er beschloss anscheinend einen Schritt auf mich zu zugehen und legte seine Pfote auf meinen Arm.
,,Hey, tut mir Leid. Es ist dumm jetzt darüber zu streiten."

Ich lächelte erleichtert.

,,Aber, hey. Was bereitet dir eigentlich wirklich Sorgen?", fragte er nun interessiert.
Nick erließ keine Widerrede mit seinen Blick, der meinen quasi durchbohrte.

Ich biss mir nervös auf die Unterlippe.

Zoomania: More than a friendship, less than a relationshipWo Geschichten leben. Entdecke jetzt