Lifesaver

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"Hey! Habt ihr schon gehört? Des Teufels Sohn kommt heut wieder zur Schule."
Auch von Kyungsoo gab es kein freundliches Hallo nach den Ferien.
Ich hätte es wenigstens von ihm erwartet, nachdem wir uns sechs Wochen nicht gesehen hatten.
"Der Teufel bist ja immer noch du." zog Chen den vor uns auf dem Schulgebäude auf.
Kyungsoo ignorierte die Bemerkung geflissentlich und bekam von mir nur einen fragenden Blick.
Kyungsoo erinnerte mich von seinem aussehen an eine kleine Eule, auch seine Augen sprachen dafür, in einem früheren Leben war er bestimmt mal eine gewesen, so wie er manchmal drauf war.
Von ruhig und gemächlich zu einem Kampfvogel, der Mäuse auffraß wie Gummibärchen.
"Man Soo. Er ist doch erst nach Geojedo gezogen nachdem Chanyeols Familie nach Seoul ist." erinnerte Chen Kyungsoo, der Erkenntnis zeigte und mit den Augen rollte, als hätte er es selber besser wissen müssen.
"Jedenfalls, Teufelchen Junior ist wieder am Start und mit ihm sein Hofstaat." sprach Kyungsoo unbeirrt weiter und verzog wenig begeistert das Gesicht, während ich noch immer nicht schlauer in dem Thema Chanyeol wurde.

Der viel zu helle Schulhof um mich herum bracht mich dazu meine Augen zusammenzukneifen.
Ich konnte es kaum erwarten, bis es wieder Winter war.
Chen harkte sich bei mir unter, als hätte er gemerkt, dass es bei mir wieder schwer mit dem sehen wurde, als die Sonne durch graue Wolken strahlendweiß durchschien und mir das Sehen fast unmöglich machte.
"Soll ich deinen Stock aus dem Rucksack holen?" fragte Kyungsoo mich.
Er stand vor mir, doch ich nahm nicht viel, bis auf seine dunkleren Sachen von ihm wahr.
Ich schüttelte den Kopf. Solange ich dunkel von hell noch ein wenig unterscheiden konnte bräuchte ich keine Hilfsmittel.
Ich vertraute meinen Freunden genug, dass sie meine Augen sein konnten, wenn es darauf ankommen musste.
"Chen sieht für mich." grinste ich und zwinkerte hinter den Gläsern meiner Sonnenbrille.
"Wie war übrigens Europa." war mein Sichtproblem gleich wieder abgeschrieben.
"Sonnig. Nicht so sonnig wie hier, aber sonnig." antwortete ich Kyungsoo, den ich nur lachen hörte.
"Aber in Hamburg hat es geregnet, da konnte ich wenigstens mal etwas von der Stadt sehen. Im Dungeon jedoch ist Suho dann verzweifelt." erzählte ich weiter.
Ein kleiner Vorteil an meiner Seheinschränkung war, dass ich im dunkeln super sehen konnte da sich hell deutlich von schwarz hervor hob.
"Er hat geschrien wie ein Mädchen, als da irgendwelche Leute aus den Ecken gesprungen sind, die ich schon erkannt hab bevor sie herausgesprungen sind."
"Du hättest ihn ja auch vorwarnen können." kam es von Chen neben mir.
Ich schüttelte den Kopf. "Dann hätte ich ja Suho und mir komplett den spaß genommen." begründete ich und nahm im Hintergrund die viel zu leise Schulklingel war.

Chen hatte sie ebenfalls gehört und zog mich vorsichtig über den schneeweißen Schulhof, zu dem Eingang der Schule, der einfach zu erkennen war, da er sich wie ein schwarzes Loch auftürmte und die Schüler, die hereinströmten, verschlang.

Stimmengewirr machte sich breit, als ich mit Chen und Kyungsoo durch die Gänge zu unserem Klassenraum lief.
Überall erzählte man sich von satten gelben Sandständen und leuchtend blauem Meerwasser.
Farben die ich zwar hörte, aber mit denen ich nichts anzufangen wusste.
Man konnte mir sagen, dass der Himmel blau war, für mich wäre er immer einen Ton grauer, als die Wolken, die ihn verdecken würde.
Man konnte mir sagen, dass die Sonne gelb ist, für mich würde sie der weiße und starke Grund sein, dass ich, wenn sie scheint, nur wenig sah und nur die dunkelsten Flecken ausmachen konnte.
Farben hatte man oft versucht mit zu erklären, sie mir mit Gegenständen bewusster zu machen, aber es würde nichts daran ändern, dass ich nie etwas mit lila oder pink oder grün anfangen würde.

"Hast du ihn schon gesehen?" murmelte Chen Kyungsoo über meinen Rücken hinweg zu.
"Ne, aber der fällt mit seinen Eiffelturmstelzen sicherlich auf. Vielleicht kommt er auch erst gar nicht. Nachdem was war würde ich auch nicht freiwillig in die Schule meiner Heimat gehen." zurückmurmelte Kyungsoo.
Ich seufzte nur und reagierte auf Chens "Achtung Treppen.", als er nach links abbog.
"Aber was ist wenn Sehun und Kris mit ihm schon im Raum sitzen?" wollte Kyungsoo wissen.
"Solange sie Baek nicht angreifen können die auf dem Schulklo kiffen, bis sie selber zu Pflanzen werden." plüsterte Chen sich auf und ließ mich in der Mitte beider leise lachen.
"Meinetwegen können sie auch aus dem Fenster springen." meinte Kyungsoo schüppisch.
"Und da fragst du dich, wieso Chen dich als Teufel bezeichnet?" fragte ich sarkastisch, doch Kyungsoo piekste nur in meine Seite.
"Einmal rechts und wir sind im Raum." gab Chen an und geleitete mich durch die Tür zu unserem neuen Klassenraum in der obersten Etage, des Schulgebäudes.
Toll.
Ich hasste Treppen, hatte aufgehört zu zählen, wie oft ich die Stufen runtergefallen bin, weil ich nicht sehen konnte, wo sie zu Ende waren.

Colourfull DesireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt