The Word don't Stop Spinning

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Durch ein viel zu lautes Türknallen wurde ich mitten in der Nacht aus meinem Schlaf gerissen, den ich eigentlich ziemlich nötig hatte, seit ich unentwegt über die Geschichte um Chanyeols und meine Familie gegrübelt hatte.
Anders als andere in meine Alter konnte ich nicht die halbe Nacht auf Youtube oder Instagram verbringen, da ich quasi Blind war, nachdem mir meine Kontaktlinsen herausgenommen wurden.
Müsste ich in der Nacht auf Toilette, müsste ich mächtig krach machen, damit mein Vater mir ins Bad helfen konnte.
Es war echt nicht toll abhängig von allem zu sein, auch wenn ich in der Nacht besser sehen konnte, als am Tag.

"Der Deal in Europa ist geplatzt!" donnerte die unerwartete Stimme meiner Mutter durch das Haus.
Auch wenn sie wohl nicht zu mir kommen und mir einen guten Nacht Kuss geben würde, verschanzte ich mich nur noch mehr in meine Decke.
Seit sie mich geschlagen hatte, hatte ich sie nicht mehr gesehen und hätte sie am liebsten auch nie wieder vor meinen Augen gehabt, aber so wie es das Schicksal haben wollte, waren wir Blutverwandt und nun müsste ich sie jeden Tag wieder ertragen.
"Und rate mal, wer ihn sich eingekrallt hat!" wetterte sie weiter meinen Vater an, der offensichtlich auch noch wach war.
Kurz war es ruhig.
"Ein ganzes Dutzend an Unternehmen war an der kleinen Fischerrei in Norwegen interessiert, nachdem sie Insolvenz angemeldet hat. Jeder von denen kann sie bekommen haben, sie hat halt eine günstige Lage."'
Appa ließ sich von Mutters Ausraster nicht mitreißen und blieb die übrige Ruhe in Person.
"Dann wird es dich wohl auch nicht übrraschen, dass die Parks sie bekommen haben." trumphte sie auf.
Wieder war es ruhig.
"Jetzt versucht er schon aus dem Knast heraus seine Dinger zu drehen, wenn nicht sogar noch über seinen verkommenen Sohn und seine Hure an Frau." fauchte Mutter weiter und klang so aufbrausend und wütend wie eh und je.
"Weder Kisae, noch Chanyeol haben Kontakt zu ihm und ich verbiete es mir, dass du so über die beiden redest." schlug mein Vater nun zurück und lehnte sich gegen meine Mutter auf, die nur abfällig auflachte.
"Willst du etwa, dass sie uns alles weg nehmen? Die Fischerrei, die Aloe Vera Plantage? Willst du das alles verlieren, nur weil Herr von und zu Park meint, er müsste krumme Dinger aus dem Knast heraus drehen?" wurde sie nun lauter.
"Das einzige krumme Ding was gedreht wurde, ist auf deinem Mist gewachsen und das weißt du ganz genau. Ich würde es dir sogar gönnen, wenn wir das Unternehmen meiner Familie verlieren, da genau das der Grund ist, weshalb du mich doch damals überhaupt heiraten wolltest." stellte Appa klar.
"Ich hätte auch gut ohne dich auskommen können." schmiss er weiter Karten auf den Tisch.
"Ich habe damals nichts falsches getan, habe nur enttarnt und an die Öffentlichkeit bringen lassen, was man hätte wissen sollen, und das war nicht nur der Fischhandel und das Aloe Vera!"
Die Stimme meiner Mutter zitterte bereits, während mein Vater sich nicht aus der Ruhe bringen ließ.

"Seoyoung, du hast ihnen etwas untergejubelt, was nie da war. Kisae und ihr Mann haben immer fairen Handel betrieben, da gab es nie eine andere Einkommensquelle.
Du warst es, die Jaesungs Unternehmen hat den Bach runtergehen lassen..."
Eomma unterbrach ihn.
"Und du hast mich mit dieser Schlampe betogen..." Appa unterbrach sie.
"Was damit rein gar nichts zu tun hat. Hör auf abzulenken.
Du bist schuld daran, dass Kisae mit ihrem Sohn nun dem ganzen Spott auf der Insel ausgesetzt ist, du sulst dich auf kosten einer mal intakt gewesenen Familie in Geld und Macht, die dir nicht zusteht." versuchte mein Vater klar zu stellen, während ich erschütternd feststellte, dass ich nun wesentlich mehr herausgefunden hatte als noch in den letzten Wochen und auf gewisse weise auch lieber froh wäre, würde ich noch nicht das Wissen, was ich eben belauscht hatte.
Meine eigene Mutter hatte die Schuld daran, dass Chanyeols Vater im Knast hockte, dass Chanyeol und seine Mutter von allen gehasst wurden, dass seine Familie nun am Boden war, kaum noch etwas hatte und man immer noch darum kämpfte dass der Vater wieder frei kam.
Okay, mein Vater hatte sich, was ich ganz nebenbei erfahren hatte, einen Seitensprung erlaubt, aber darauf war ich ihm nicht wirklich böse.
Schwerer auf meiner Seele wog die Tat meiner Mutter.
Sie hatte eine Familie zerstört und das anscheinend nur um an Geld zu kommen und das ohne Rücksicht auf Verluste, was definitiv nur sie tun konnte.
"Übrigens, bist du total um sonst nach Norwegen, es stand bereits Jahre vor der Insolvenz fest, dass die Fischerrei an die Parks gehen soll. Nur wusste man damals noch nicht, dass sie durch eine Dumme und rachsüchtige Frau den Bach runter gehen.
Und wenn es dich wirklich interessieren sollte, ich habe nie mit Kisae geschlafen.
Das heißt, dass du Chanyeol und sie nun weniger hassen kannst. Denn weder ist Kisae Baekhyuns Mutter, noch Chanyeol sein Bruder, da es rein zeitlich überhaupt nicht hingehauen hätte. Denn beide sind im gleichen alter.
Ich hätte damals auch genauso gut bei Baekhyuns Mutter bleiben können. Sie macht mir bis heute Vorwürfe, dass ich durch deinen geisteskranken Vertrag ihr Kind als deines ausgeben muss, nur damit du ihr mit ganzer Kraft in den Arsch treten kannst und mir weh tust.
Denn für mich war es ganz sicherlich nicht einfach einer Mutter ihr Kind wegzunehmen, selbst wenn sie mit einem Bein auf der Straße stand und keinen hatte.
Ich hätte für sie da sein können, aber wie es der Teufel wollte, hatten wir grade geheiratet, als Baekhyun grade auf die Welt gekommen war."

Es kostete mich alles nach den Worten meines Vaters nicht durchzudrehen.
Ich drückte mir die Hände auf den Mund, verkniff es mir auch nur den leisesten Laut von mir zu geben und konnte nicht glauben, was er da eben gesagt hatte.
Womit ich ganz sicherlich nicht die Geschichte mit der Fischerrei und der Insolvenz meinte.
In fast zwei Atemzügen hatte ich Dinge erfahren, die meine kompletten Ansichten auf meinen Vater und meine Nicht-Mutter änderten.
Die Frau, die ich ein Leben lang als meine Mutter angesehen hatte, war gar nicht meine Mutter.
Sie schien mich nur bei sich haben zu wollen, damit sie meiner eigentlichen Eomma vor Augen führen konnte, was Menschen mit Geld erreichen konnten, als die, denen es wesentlich schlechter ging.
Aber lieber hätte ich eine Mutter gehabt, die weniger Geld um sich hatte, als eine die mich vor lauter Geld und Macht nicht mehr um sich haben wollte und mir wegen meiner blanken Existenz sauer war.
Eine Träne verließ meine Augen, weitere folgten, während ich einfach nur fassungslos den Kopf schüttelte und ich das gefühlt hatte, dass innerlich in mir etwas zerbrechen würde.
Mein Vater hätte sich für meine Mutter entscheiden sollen.
Ich kannte sie zwar nicht, aber sie wäre besser als das Miststück was er geheiratet hatte.
Jede wäre besser als das Ding, was sich für meine Mutter ausgab.
Nie vorher in meinem Leben hatte ich mich so unglaublich wütend und traurigkeit gefühlt.
Ich wollte laut schreien, so dass die ganze Welt mich hören konnte, aber auch kläglich und unter einem Haufen Decken heulen und nie wieder jemandem vor die Augen treten.
Doch die Welt hielt nicht an.
Sie nahm keine Rücksicht darauf was ich wollte und was nicht und drehte sich weiter, obwohl ich einen kleinen Stopp gut gebraucht hätte, grade in dieser Nacht, denn mit einem ruhigen und tiefen schlaf hatte es sich nun erledigt.
Jetzt lag ich erst recht wach und zerbastelte mir darüber den Kopf was diese Frau die sich in diesem Haus befand und meine angebliche Mutter gespielt hatte, Chanyeols Vater in die Schuhe geschoben hatte und wie meine Mutter wohl sein musste.
Vielleicht hatte sie mich ja auch an die andere abgetreten, weil sie mich nicht bei sich haben konnte, weil sie kein Geld hatte.
Vielleicht wollte meine Mutter mich in einer wohlhabenderen Gesellschaft sehen und nicht bei sich, wenn es wirklich geldlich nicht gut um sie stand.
Aber am Ende waren das auch wieder nur alles Vermutungen, die ich wirr aufstellen konnte, denn im Endeffekt lag die ganze Geschichte doch in den Händen meines Vaters, meiner Mutter, die ich nicht kannte, und der Frau, die mich ein Leben lang angelogen und dann auch noch geschlagen hatte.
Immerhin war es ein Minimum Erleichterung zu wissen, dass die Person, die mich wohl mehr als alles andere hasste, nicht mit mir verwandt war.

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