Still Nothing

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Im selben Moment, als ich wach wurde, riss ich meine Augen auf und sah schwarz.
Da war nichts!
Aber ich konnte hören und spüren das etwas um mich war, außerdem fühlte sich mein Kopf an, als hätte man mir mein komplettes Gehirn umgedreht.
Nach einer OP, wie ich sie hinter mir hatte war das bestimmt normal, aber ich sah nichts, bis auf das schwarz vor meinen Augen.
Hatte es nicht geklappt?
War der Tumor am Ende doch schon so groß gewesen, dass man nichts mehr machen konnte und man ihn drinnen gelassen hatte und ich jetzt sterben würde?

Im Selben Moment, als sich mein Puls vor Angst beschleunigte, piepte es schneller um mich herum und eine warme Hand drückte meine.
Chanyeol.
Zu gerne würde ich ihn sehen, aber ich glaube die Hoffnung ihn je wieder zu sehen hatte sich in dem Moment verflüchtigt, als ich die Augen aufgeschlagen hatte und schwarz sah.
Zwar war das schwarz besser als das undefinierbare nichts, was ich gestern noch gesehen hatte, aber ich wollte wieder sehen, ich hatte es mir so sehr gewünscht und Chanyeol versprochen.
Und jetzt?
Jetzt sah ich nicht außer dichtes und undurchdringliches Schwarz vor meinen Augen und das bis zum Ende meines Lebens.
Die OP hatte meiner Gesundheit etwas gebracht, aber nicht meinen Augen.
Sie hatte ihre guten und schlechten Seiten, aber es wäre mir lieber gewesen, wären die guten Seiten mehr ausgeschöpft wurden, so dass ich jetzt Farben sehen könnte, auch wenn die mich im ersten Moment bestimmt erschlagen würden.

"Baekhyun, ich bin hier." hörte ich Chanyeols tiefe und angenehme, wohlbekannte Stimme und wieder drückte seine Hand meine.
"Ich sehe nichts." murmelte ich noch halb in meinem Schlaf versunken und schloss die Augen wieder.
Chanyeol lachte.
Wieso lachte er?
Was war daran so lustig, dass ich nichts sehen konnte?
Er wolle doch so sehr für mich, dass ich ihn und die Welt, die Menschen in meinem Umfeld endlich wirklich sehen konnte und nun lachte er?
Ich verstand ihn nicht und ein wenig machte mich das Wütend und enttäuscht, aber ich hatte nicht genug Kraft um ihn das irgendwie spüren zu lassen.
"Du kannst sehen, aber man hat dir deine Augen nach der Operation verbunden, damit du nicht sofort den ganzen Reizen ausgesetzt bist. Das wäre für dich nach einer anstrengenden Operation nicht gut." erklärte er.

Ich zog meine Hand aus seiner und führte sie zu meinen Augen.
Tatsächlich war da Stoff, der sich genau über meine Augen spannte und sich anfühlte wie ein grober und dicker Verband.
Vorsichtig versuchte ich die Wunde von der OP mit meiner Hand hinter meinem Ohr zu ertasten und zuckte zusammen, als ein kleiner stechender Schmerz unter dem großen Pflaster zu spüren war.

Chanyeol zog meine Hand wieder weg und nahm sie in seine.
"Nicht anfassen. Sie ziehen dir in zwei Tagen die Fäden und vorraussichtlich kannst du in vier Tagen wieder nach Hause." sprach er auf mich ein, aber an mir rasselten die ganzen Informationen nur vorbei.
Ein Satz blieb hängen: "Du kannst sehen."
Ich konnte endlich sehen.

"Ich kann sehen." brabbelte ich mit schwacher Stimme und blinzelte unter dem Verband meiner Augen.
"Ja das kannst du." bestätigte Chanyeol und strich sanft über meine Hand. "Du kannst endlich Farben sehen." wiederholte er.
Ich lächelte schwach und fuhr mit meiner anderen Hand über meine Augen.
An dem Schwarz änderte sich nicht und ich wusste, dass es bestimmt dumm aussah, aber ich war grade aus einer starken Narkose erwacht und noch ziemlich neben der Spur, da sollte man wohl nichts anderes erwarten.
"Dein Vater und meine Eltern sind auch da, sie warten seit Stunden auf dem Gang darauf, dass du endlich wach wirst. Wir waren alle bei dir, als du im OP warst, sogar Jongin." erzählte er mir leise munter lachend und fuhr noch immer ununterbrochen über meine Fingerknochen.
"Appa." flüsterte ich.
Unmöglich konnte ich mir vorstellen, was für sorgen er und Chanyeol hatten, als ich auf dem OP- Tisch lag und völlig fremden mein Leben in die Hand gegeben habe.
"Soll ich ihn rein holen?" fragte Chanyeol mich.
Ich nickte langsam und gähnte.

Noch immer plagte mich Müdigkeit und mein Kopf fühlte sich an wie Wackelpudding.
"Ich bin kurz weg, aber keine Sorge, dein Vater kommt gleich rein." versicherte er mir, küsste meinen Handrücken zärtlich und ließ meine Hand langsam los.
Verpeilt nickte ich und gähnte ein weiteres mal.
Ich hätte auf anhieb wieder einschlafen können und wäre bestimmt erst morgen irgendwann am Nachmittag wieder aufgewacht, so fertig fühlte ich mich noch.

Colourfull DesireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt