Blurred Sight

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Als ich meinen Körper wieder anfing zu spüren hatte ich das Gefühl noch nie so schwach gewesen zu sein.
Alles an meinem Körper fühlte sich unglaublich schwer und drückend an, als würde die Schwerkraft nicht wollen, dass ich mich von ihr löste und leicht durch die Gegend schwebte und mich nicht mehr an sie hielt.
Ich hörte meinen eigenen Atem, spürte dass um mich Raum war, aber hatte dennoch das Gefühl zumindest in meinem Gehirn auf einer Wolke weit über dem Boden zu schweben, obwohl ich gleichzeitig das Empfinden hatte in Schallgeschwindigkeit auf die Erde zu zu rasen.
Besonders schwer, nahezu schon taub fühlte sich mein rechter Arm an, der sich anfühlte, als würde mir da irgendwas quälend langsam in die Adern laufen.
Mein Kopf tat nicht mehr weh, aber fühlte sich wie ein Haufen Zuckerwatte an, bei der nichts gescheites rauskommen würde.

Etwas warmes hatte sich um meine Hand gelegt, etwas was das einzige Zeichen war, dass ich um mich herum noch Einflüsse wahrnehmen konnte, während ich im Moment sogar zu schwach war meine Augen zu öffnen.

Das letzte an das ich mich klar erinnern konnte, war dass ich auf dem Gang in der Schule mit Chanyeol zusammengebrettert bin und meine, durch Kopfschmerzen gelenkte, schlechte Laune Besitz über mich ergriffen hatte und ich ihn eigentlich zur Sau machen wollte.
Danach war alles weg.
Irgendwas hatte mich von den Füßen geholt und nun war ich hier.
Wo ich war wusste ich noch nicht, aber ich lag in einem Bett und im nichts konnte ich unmöglich schweben.

Das warme um meine Hand drückte sanft zu und ich erkannte, dass es eine andere Hand war, die meine hielt.
Die sie vorsichtig, sachte, ängstlich hielt, fast schon so, als hätte sie angst, dass ich die Hand je loslassen würde.
Aber im Moment war sie das einzige Zeichen, dass jemand bei mir war, dass ich in der Auffassung war andere Einflüsse wahrzunehmen.
Mit aller Kraft, die sich, seit ich mein Ich wieder gefunden hatte, in mir gesammelt hatte, drückte ich die Hand, die meine hielt und erhielt ein tiefes, leises und mir bekanntes Lachen als Antwort.
Chanyeol?
Wieso war er hier?
Er hatte mich doch auch vollgemault, okay ich war ihn auch angegangen, aber er hatte mich die letzten Monate ohne Grund ignoriert und dennoch war er jetzt hier und hielt meine Hand.
Wieso hielt er meine Hand, wenn er mich nicht mehr leiden konnte?
Wieso war er bei mir, wenn er unserer Freundschaft ein Ende gesetzt hatte?
Hatte er doch mitbekommen, dass ich nichts böses gemacht habe?
Dass ich ihn nicht verletzt habe, es nie wollte, nie vorhatte.

Die plötzliche Wärme, als ich sein Lachen hörte, war wie ein Energiestoß, der sich einmal durch meinen kompletten Körper zog und mir einen weiteren Hauch Kraft gab.
Die Kraft, die ich brauchte, um meine Augen zu öffnen, um herauszufinden wo ich war, auch wenn man mir bestimmt wieder irgendwie die Kontaktlinsen aus den Augen genommen hatte.
Es war nicht gut sie länger als acht oder neun Stunden zu tragen, und wenn ich länger nicht aufnahmefähig gewesen wäre, müsste man sie mir rausnehmen.
So würde ich zwar nichts sehen, aber es bestand keine Gefahr, dass meine Augen noch schlechter sehen würden, als so schon.

Wie von selber öffneten sich meine Augenlider und wie erwartet sah ich nichts außer verschwommene Umrisse, die mir vor Augen keinen Sinn ergaben.
Was ich aber wahrnahm war, dass es dunkel im Raum war, so dass das Sonnenlicht nicht verursachte, dass ich nichts sah.
Am auffälligsten war Chanyeols dunkle Silhouette.
Seit ich ihn das erste mal gesehen hatte, trug er nur schwarze Sachen.
Oder zumindest nur dunkle Farbtöne, die mein Auge als schwarz wahrnahm, dass er dazu noch überragend groß war machte es mir leicht ihn zu erkennen, selbst wenn ich es in der Schule nicht wollte.
Ohne mich groß umzusehen fiel er mir ins Auge.
Mit seiner Ausstrahlung musste er einem auch ins Auge fallen.
Grade in den letzten Monaten wirkte er distanziert, düster, nicht ganz bei klarem Verstand und eher mit den Gedanken in einer ganz anderen Welt, wo sein Vater nicht im Gefängnis saß und Seoyoung auch nicht an dem Untergang seiner Familie Schuld war.

Colourfull DesireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt