In Gedanken versunken saß ich neben Suho auf dem Beifahrersitz und starrte aus dem Fenster, als er mich nach Hause fuhr.
Laut seinen Worten hatte Chanyeol ihn angerufen, kurz nachdem wir vom Dach wieder herunter gegangen waren, er aber im Unterricht nicht erschienen ist.
Wo Chanyeol nun war wusste ich nicht, aber ich hoffte, dass es ihm gut ging und er sich nichts antun würde.
Was er mir anvertraut hatte würde unter uns bleiben, kein anderer würde erfahren Chanyeol schwul war.
Niemand würde davon nur einen Ton erfahren und das hatte ich ihm felsenfest versichert.
Auch nachdem seine schmalen Lippen auf meinen Wangen gelandet waren.
Ein seufzen entwich mir und ich schlang die Arme um mich."Hast du dich mit Chanyeol gezankt?" fragte Suho mich.
Ich schüttelte den Kopf-
Hatten wir nicht.
Nicht im geringsten.
Wir hatten nur geredet, oder er hatte geredet und ich zugehört.
"Wieso hat er dann gesagt, dass ich dich holen soll? Er klang ziemlich niedergeschlagen." harkte mein Pfleger weiter nach.
"Und du wirkst in letzter Zeit auch nicht ganz auf dem Dampfer."
Ich zuckte nur mit den Schultern und hätte Suho am liebsten mein Herz ausgeschüttet.
Er war wie ein großer Bruder für mich, aber dennoch traute ich mich nicht ihm die Sache mit meiner wirklich Mutter zu erzählen, oder dass Chanyeol, so unwirklich es auch klang, mich auf die Wange geküsst hatte.
Augenblicklich setzten meine Organe einen Moment aus und mir wurde warm an der Stelle, an der er meine Haut berührt hatte.
"Stress in der Schule." eine Standardlüge für so ziemlich alles, was andere Launen von mir mit sich zog.
Suho bremste, aber zu Hause waren wir noch nicht.
"Das sagst du immer, wenn du mit deinen Gedanken nicht bei dir bist." durchschaute er mich.
"Du weißt, du bist wie ein kleiner Bruder für mich und dass du immer mit mir über alles reden kannst Baek." versicherte Suho mir.
Ich nickte.
"Will darüber noch nicht reden."
Ich fühlte mich nicht in der Lage jemandem meine kompletten Gedanken auszuschütten ohne vielleicht einen Tobsuchtanfall zu bekommen und irgendwas kaputt zu machen.
Mein Kopf war wie überlastet von all dem was sich in den letzten Tagen ereignet hatte, dass ich es selber kaum noch für real empfand.Suho fuhr weiter.
"Wenn du so weit bist, du weißt ich werde die Klappe halten." versicherte er mir.
Aber er hatte schon oft vertraute Sachen an meinen Vater weitergetragen.
Eigentlich sollte ich ihm dafür böse sein, aber ich war es nicht.
Mein Vater und Suho waren sowas wie meine einzige Familie in diesem Umfeld und einen Streit wollte ich da nicht herauf provozieren, dafür waren mir beide zu wichtig im Leben.
"Danke." brubbelte ich nur und legte meine Stirn gegen das kühle Glas des Fensters im Auto.Mein Vater war bereits Zuhause, als Suho und ich die Einfahrt herauffuhren und ausstiegen.
Er nahm meine Schultasche aus dem Kofferraum und öffnete anschließend die Tür.
Doch zu meiner Überraschung wurde ich nicht von dem warmen hallo meines Vaters begrüßt, sondern durch die herrische Stimme, der Frau, die sich als meine Mutter ausgegeben hatte.
"In den Zimmern oben sind auch noch ein paar Sachen von mir.
Beeilen Sie sich doch mit dem einpacken, sonst kommt dieses kleine Biest von Stiefkind hier her."
fauchte sie Leute an, die ich dadurch, dass überall Licht durch den Eingangsbereich schien, nicht sehen konnte.
Suho packte meine Schulter und führte mich nach gradeaus.
Ohne das er etwas sagen musste, wusste ich, dass mich nach ungefähr zwanzig Schritten eine Treppe mit fünfzehn Stufen erwarten würde, die ich wage wahrnahm.
"Ich klär das, bleib du in deinem Zimmer, ich bring dir was zu essen hoch." murmelte er mir zu und führte mich in mein Zimmer, welches zum Glück noch seine übliche Dunkelheit in sich hatte.
Die mir in diesem Moment mehr als nur wohl war.
Ich ließ mich auf meinem Bett fallen und starrte an die Decke."Was bitte soll das denn hier werden?" Suho war die Empörung in der Stimme anzumerken, aber dennoch versuchte er höflich zu klingen.
"Nach was sieht es denn aus? Ich werde ausziehen. Hat man Ihnen das denn noch nicht mitgeteilt? Baekhyun und sein Vater haben mich rausgeschmissen, dennoch hab ich das Recht meine Sachen hier raus zu holen." säuselte sie überlegen an Suho gerichtet.
Dass sie es auch noch wagte meinen Namen auszuprechen, oder hier auch noch auf ihre Reche zu plädieren.
Wenn es nach mir ginge, hätte sie von mir in diesem Haus alle Rechte aberkannt bekommen.
"Außerdem sind sie fristlos gefeuert. Ich habe damals schließlich Ihren Vertrag unterschrieben, sich um den Jungen zu kümmern." feuerte sie weiter gegen Suho und klang darauf auch noch stolz.
"Baekhyun ist siebzehn und selbständig, ich bin mir sicher Ihre Dienste sind nicht mehr von Nöten, Suho."
Oh wie gerne ich jetzt aus meinem Zimmer gesaust wäre. und ihr an die Kehle gesprungen wäre, um sie ihr rauszureißen, aber ich wusste nicht wo genau sie sich aufhielten und wollte in dem viel zu hellen Haus auch nirgends gegen laufen.
"Mr. Byun hat mich bereits darüber informiert, dass Sie mir so kommen werden und wir haben meinen Vertrag seinerseits erneuert, so dass er gültig ist und Sie nicht das Recht haben mich zu feuern.
Baekhyun mag zwar siebzehn sein, selbstständig ist er auch, aber in so einem Haus und einer solchen Gesellschaft, ist es immer besser jemanden zu haben, dem man wie einem Freund gegenüber steht und der einem unter die Arme greift." hielt Suho dem Miststück vor die Nase.
Stolz auf das vorgedachte handeln meines Vaters und Suhos Worte lächelte ich und war froh, dass sie zum Glück nicht mehr das Recht besaß über meinen Pfleger zu bestimmen, der eh nie viel von ihr hielt.Früh hatte er die Fassade dieser angeblich glücklichen Familie hinterschaut und hatte mir angeboten, dass ich jederzeit zu ihm kommen könnte, hätte mein Vater keine Zeit zum reden und ich bräuchte jemandem, an dem ich meine Gedanken weiter geben konnte.
Suho hatte sich früh bei meinem Vater und mir Pluspunkte gesichert, während sie ihn nie abkonnte und sich lieber irgendeine alte und strenge grantige Schachtel als meine Begleitung durch den Tag gewünscht hatte, aber mein Vater verwehrte es ihr und meinte ich solle jemanden um mich haben, mit dem ich mich wohl fühle und das war Suho durch und durch."Was zum Teufel ist denn hier los?" Die Stimme meines Vaters bretterte durch das Haus und wenige Sekunden später tauchte Suho mit einem Tablett in meinem Zimmer auf.
"Deine Mutter ist die schrecklichste Person auf dem ganzen Planeten." blubberte er und stellte das Tablett auf meinem Tisch ab.
"Sie ist nicht meine Mutter."
Rutschte es mir raus und augenblicklich bekam ich einen Blick von Suho der Bände sprach.
"Dass sie so mit dir umgeht ist nicht okay, überhaupt nicht, aber das du sowas sagst auch nicht." verstand er das ganze völlig falsch und nur als eine pubertäre Floskel meinerseits.
Ich schüttelte den Kopf.
"Sie ist wirklich nicht meine Mutter, hat Appa mir erzählt." Oder ich hatte es wohl eher bei dem letzten großen Streit der beiden erfahren.
Als ich nebenbei auch noch herausbekommen hatte, dass sie daran schuld war, dass Chanyeols Vater im Gefängnis saß.
Suho sah mich an, als hätte ihn ein Nashorn von oben bis unten einmal abgeschlabbert und breit angegrinst.
Wäre das hier eine ganz andere Lage hätte ich über einen solchen Blick vielleicht auch noch gelacht, aber danach war mir eben überhaupt nicht.
"Ein Glück, dass du mit dieser Hexe nicht verwandt bist. An deine Stelle hätte ich Luftsprünge gemacht, als ich das herausgefunden hätte." brach er aus seinem Schock und grinste breit.
Jetzt sah ich ihn einen Moment wie bedeppert an, aber konnte nicht anders als zu lachen.
Was so witzig war wusste ich nicht, aber mir war danach.
Vielleicht um all den bösen Geistern in meinem Kopf zu zeigen, dass ich noch bei sinnen war und mich nicht so einfach umhauen ließ, oder um mich spüren zu lassen, dass ich noch in der lage war zu lachen, versuchen glücklich zu sein, obwohl ich eher total verwirrt und traurig war und ein Gewissen hatte, was mich bis auf die Knochen belastete.
Doch in diesem einem Moment war da nichts, bis auf das Suho ein wenig verzögert in mein Lachen einsetzte und ich einfach mal alles vergaß.
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Colourfull Desire
FanfictionMan sagt immer die Welt sei doch kunterbunt und zwischen schwarz und weiß verbirgt sich auch ein bunter Regenbogen, doch was wenn es in meinen Augen nie einen Regenbogen gab oder geben würde? Seit ich denken kann sah ich keine, wie man es beschrieb...