50 || Kurzschlussreaktion

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Nachdem das Training so abrupt von Coach Lester beendet wurde, machten wir uns auch auf den Weg zu den Umkleidekabinen. Der Coach hatte gemeint, dass er erst wieder das Team sehen will, wenn sie sich wieder eingekriegt hatten.

Demnach hatten eigentlich alle Jungs ziemlich schlechte Laune und wenn einer von ihnen die Kabine verließ, knallten sie so laut die Tür hinter sich zu, dass ich bei jedem Mal erschrocken zusammen zuckte. Wir begegneten Aleyna, die dort bereits auf uns wartete.

"Du weißt, was Dereck getan hat", murmelte Wendy an sie gewandt und schien sich um einen ruhigen Ton zu bemühen.

"Ich weiß, aber ich mag ihn!", antwortete Aleyna wütend. Ihr hübsches Gesicht war stocksauer verzerrt und ich meinte erkennen zu können, wie glasig ihre Augen bereits waren.

"Was hat er denn getan?", erkundigte sich Paola gespielt unwissend, als sie neben uns auftauchte. Ich musterte das Mädchen, das sich gerade meiner Meinung nach viel zu sehr in die Probleme meiner Freunde einmischte.

Wendy schaute sie an. "Ach, er hat ja nur ein unschuldiges Mädchen vergewaltigt."

"Was?" Paola hob die Augenbrauen vor Schock an. "Oh, Aleyna, halt dich besser von dem Jungen fern."

"Wisst ihr was?" Aleyna warf sich ihre Tasche über die Schulter und starrte Wendy wütend an. "Ihr könnt mich mal kreuzweise. Ihr alle!"

Damit machte sie auf dem Absatz kehrt und verschwand mit raschen Schritten aus der Arena. Während Kris, Glenn und ich ihr sprachlos hinterher starrten, schüttelte Wendy bloß den Kopf.

Ich schluckte aufgebracht, als ich den neuen Plan von Sinan und Paola verstand. Sie wollten unsere Freundschaften zerspalten.

Die beiden wollten uns auseinander bringen und Wut zwischen uns allen entfachen. Dadurch könnten sie problemlos einen von uns auf ihre Seite ziehen oder attackieren.

Ich durfte das keinesfalls zulassen. Wenn ich doch nur wüsste, wie ich Wendy und Aleyna wieder zum Anfreunden überreden könnte.

Leider schien sich Dereck wohl noch in der Umkleidekabine aufzuhalten. Dann fiel mein Blick auf Kris, der missmutig auf den Boden blickte. Er hasste Streit unter uns.

"So ein ignorantes Mädchen", behauptete Wendy und schüttelte nur wieder den Kopf. Sie stieß ein Seufzen aus.

Paola wich keine Sekunde lang von ihrer Seite und sah mir fest in die Augen. "Brenda, warum ermutigst du denn deine Freundin dazu einen Vergewaltiger zu daten? Willst du Aleyna etwa in Gefahr bringen?"

Ich erwiderte ihren dunklen und gleichzeitig hämischen Gesichtsausdruck mit einem ebenso düsteren Blick. Anscheinend wollte sie sich zuerst Wendy vorknöpfen und aus unserer Gruppe lösen. Ich war mir inzwischen auch ziemlich sicher, dass sie die einzige von uns war, die nicht an Derecks Unschuld glaubte.

"Sie ist meine Freundin und ich weiß, was gut für sie ist", antwortete ich selbstsicher und griff nach Kris' Arm. "Und ich würde sie nie in Gefahr bringen!"

Mit dieser Aussage gab sich Paola scheinbar zufrieden und für einen winzigen Augenblick schlich sich ein Schmunzeln auf ihre knallroten Lippen. Dann sah sie wieder Wendy an. Die Blondine wirkte immer aufgebrachter.

"Brenda, versteh es doch endlich. Wie soll Dereck unschuldig sein, wenn Marie doch das Opfer und Augenzeugin gewesen ist?"

"Vertrau mir doch einfach", bat ich sie und ich merkte, dass mich Kris anschaute. Er vertraute mir.

"Ich glaube, dass ein bisschen selbst nachdenken und an Offensichtliches zu glauben um einiges besser als Vertrauen ist!", fuhr mich Wendy an und stieß ein ungläubiges Stöhnen aus. "Das ist mir zu blöd. Ich habe keine Lust mehr mit dir darüber zu diskutieren!"

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