58 || Es tut weh. Hier drin.

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Mit einem breiten Grinsen hielt ich meinen Arm in die Höhe und ließ das Amulett vor Derecks Augen hinabbaumeln. Wir standen in seinem Zimmer und er ist von meinem spontanen Besuch etwas überrascht gewesen, aber nun weitete er seine Augen.

Seine Hand griff nach dem Amulett und er starrte es fassungslos an. "Es war bei Glenn?"

Ich nickte und beobachtete ihn dabei, wie sich langsam seine Mundwinkel anhoben und er mir dann überglücklich um den Hals fiel. Lachend erwiderte ich seine stürmische Umarmung. Ich musste zugeben, dass ich wirklich froh war, ihn endlich mal wieder so happy sehen zu können.

Schließlich sind wir beide in den letzten Tagen ziemlich bedrückt gewesen, da uns Sinan und Paola scheinbar immer einen Schritt voraus waren und wir nichts gegen sie unternehmen konnten. Dank Azaels wütender Ansage standen wir heute hier und freuten uns wie zwei kleine Kinder an Weihnachten über ihre Geschenke.

Mein Kinn legte sich auf Derecks Schulter ab, während er mich weiterhin an sich drückte. Am liebsten würde ich mich für immer von ihm festhalten lassen. Das war gerade ein überaus erwärmendes und angenehmes Gefühl.

Ich hörte dicht an meinem Ohr, wie er durchatmete und ich meine Atemzüge seinen völlig automatisch anpasste. Meine Augenlider schlossen sich und ich genoss diesen Augenblick, in dem wir beide glücklich schwiegen und uns gegenseitig festhielten.

"Brenda?", raunte er mir dann ins Ohr, was mir eine leichte Gänsehaut an den Armen bescherte. "Weißt du was das heißt?"

Ganz plötzlich verflog die Wärme und meine Freude verging wie im Flug. Ich löste mich aus Derecks Armen und trat einen Schritt zurück. Natürlich wusste ich, was das bedeuten würde. Wir konnten Paola oder Sinan umbringen.

Sofort stieg ein ungutes Gefühl in mir auf und das Herz in meiner Brust hämmerte unangenehm laut gegen meine Rippen. Ich ließ die Schultern hängen und konnte Derecks Vorfreude nicht nachvollziehen.

Er ließ das Amulett zwischen seinen Fingern hin und her wandern und betrachtete es von allen Seiten. "Wir werden es erst zerstören, wenn der richtige Moment gekommen ist. Heißt... das wird passieren, kurz bevor wir einen von ihnen umbringen werden."

Diese Worte zerrissen mich innerlich beinahe. Ich schluckte den schweren Kloß herunter und kaute nervös auf meiner Unterlippe herum. Das würde ich nicht hinkriegen. Ich konnte keinen Menschen aus heiterem Himmel umbringen.

Dereck sah mir an, dass ich mich bei dem Gedanken äußerst unwohl fühlte. Daher stieß er einen Seufzer aus und legte seine Hand auf meine Schulter, sodass ich ihn wieder direkt anschaute. Die grünen Augen durchbohrten meinen Körper schon fast, so intensiv war sein Blick.

"Brenda, ich mache auch keine Luftsprünge, weil wir einen von ihnen aus dieser Welt schaffen werden. Natürlich freue ich mich auch nicht darauf, ihnen den Hahn abzudrehen, aber wir haben keine andere Wahl. Das alles entsteht aus purer Verzweiflung und nicht aus unserem eigenen Willen", erklärte er mir in einem beruhigenden Ton, woraufhin ich bloß nickte.

Wenigstens konnte er meine Gefühle nachvollziehen. Das beruhigte mich ein wenig, wenn auch nicht ganz. Ich war ihm unendlich dankbar, als er das Amulett vorsichtig auf seinem Schreibtisch ablegte und mich dann wieder ansah.

"Es wird sich noch zeigen, wem das Amulett gehört. Wir werden sie damit konfrontieren und es an ihren Gesichtern ablesen können", beschloss er und legte nachdenklich die Stirn in Falten. "Ich weiß nur nicht, wie wir es zerstören sollten. Mit einer Säge, einem Hammer oder -"

"Meins ist kaputt gegangen, als es auf den Boden gefallen ist", unterbrach ich ihn und musste an den Augenblick zurück denken, an dem all das hier begonnen hatte. Wäre das nie passiert, hätte ich Lucifer nicht kennen gelernt und nie die Wahrheit über Dereck und Marie erfahren. Allerdings würde ich dann auch nicht heute darüber nachdenken müssen, wie wir Paola und Sinan am besten umbringen konnten.

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