39 || Träum weiter, mein Freund

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Paola und Sinan standen am anderen Ende des Spielplatzes. Sie hatte die Hände in die Hüften gestemmt, während Sinan seine Arme vor der Brust verschränkt hatte. Beide standen dort breitbeinig und waren bereit für einen Angriff.

Dereck griff mit seiner Hand nach meinem Handgelenk. Der Anblick der beiden Teenager macht mir Angst. Sie waren gefährlich. Sie waren stark. Sie könnten uns umbringen. Will vor mir sank auf die Knie und seine Schultern bebten vor Panik.

"Lächerlich, wie ihr zwei Hübschen euch auf diese Anleitung verlassen habt", gab Paola von sich und hielt auf einmal das Notizbuch in die Höhe. Irritiert schüttelte ich den Kopf. Hatte ich es nicht zuhause aufbewahrt?

"Bist du bei mir eingebrochen?", rief ich entsetzt aus, woraufhin sich Derecks Griff um mein Handgelenk verstärkte. Der Gedanke daran, dass sie bei mir zuhause gewesen ist, während ich geschlafen habe, jagte mir panische Angst ein.

Paolas Schmunzeln wurde daraufhin umso breiter. Dann ließ sie das Notizbuch abwertend in die Mülltonne fallen und blickte dann zu Sinan, der heute wieder verdammt heiß aussah. Dieser griff in den Ausschnitt seines Shirts und in seiner Hand blitzte auf, was ich sehnlichst vermisste.

"Mein Amulett", flüsterte ich und starrte auf die Kette an seinem Hals. Er trug mein Amulett an seinem Körper. "Das gehört mir!"

"Was man findet, darf man behalten", antwortete er kühl und ließ seinen Zeigefinger über die Kette wandern. Ich war nur wenige Meter davon entfernt, Lucifer endlich wiederzusehen, aber dennoch schien das Amulett unerreichbar zu sein.

"Du hast sie mir weggenommen!", rief ich ihm fassungslos zu. Ich habe sie an meinem Geburtstag den ganzen Abend lang an meinem Hals getragen und kein einziges Mal abgenommen.

"Ihr beide seid auf deinem Geburtstag ziemlich beschäftigt gewesen", erwiderte Sinan mit einem hinterhältigen Schmunzeln auf den Lippen. Er zuckte mit einer Augenbraue und spitzte die Lippen.

Ich schaute zu Dereck, der mich mindestens genauso erschrocken ansah. Während dem Kuss mit Kris hat er also die Kette von meinem Hals entfernen können.

"Du hast es korrekt erfasst, Süße." Der silber-blonde Junge grinste noch breiter. "Der... romantische Kuss ist der richtige Moment gewesen. Dafür hat dir Will noch eine kleine Abkühlung verpasst."

Will hob den Kopf nicht an, sondern saß immer noch auf den Knien vor uns und versuchte seine Angst zu unterdrücken. Ich wusste, dass er das nicht gewollt hatte. Sinan und Paola mussten ihn dazu verdonnert haben, mir das Wasser über den Kopf zu leeren.

Ich merkte, wie Dereck meine Hand immer noch fest in seiner hielt, obwohl unsere Hände schon feucht geschwitzt waren. Trotzdem war ich ihm dankbar, dass er mich versuchte zu beruhigen durch einen einfachen Händedruck.

Dabei war ich nicht allzu beruhigt. Schließlich standen uns Todesengel gegenüber, die uns mit einer gewollten Handbewegung umbringen könnten. Ich wollte heute nicht sterben und Dereck sollte das auch nicht.

"Gib sie mir wieder!", schrie ich Sinan dann zu und bemühte mich um einen finsteren Gesichtsausdruck. Wahrscheinlich sah er mir die Angst an, denn er lachte bloß auf und ließ das Amulett wieder unter sein T-Shirt wandern.

Plötzlich setzte sich Paola in Bewegung und setzte ganz langsam einen Fuß vor den anderen. Ihre Schritte waren groß und wirkten bereits so eindrucksvoll, dass Dereck seinen Arm vor mich schob und wieder eine Schutzmauer aus seinem Körper bauen wollte.

"Ihr wisst ja gar nicht, wie viele Todesengel sich bereits auf der Erde befinden und nur darauf warten euch Menschen zu zerfleischen." Paola blieb dann neben dem Sandkasten stehen und fuhr sich hungrig lechzend mit der Zunge über ihre pechschwarzen Lippen. "Lasst mich euch einen kleinen Zwischenstand geben."

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