46 || Wenn das Leben so einfach wäre

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Fast eine ganze Woche lang hatte ich das Haus nicht verlassen. Um die Fäden an meinem Arm ziehen zu lassen, hatte mich Luis kurz zum Arzt gebracht. Dennoch hatte ich mit ihm kein Wort gewechselt und auch dem Arzt nicht auf seine Fragen geantwortet.

Mum hatte mich die ganze Zeit lang krank geschrieben und konnte meine Situation nachvollziehen, warum ich zuhause bleiben wollte. Schließlich sind Kris und ich von zwei maskierten Männern angegriffen und schwer verletzt worden.

Deswegen hatte mich wieder ein Polizist besucht, der eben mein Zimmer verlassen hatte und versucht hatte weitere Informationen bezüglich der Täter aus mir herauszubekommen. Ich hatte ihm zum tausendsten Mal gesagt, dass ich mich nicht mehr erinnern konnte.

Ich zog die Bettdecke bis zum Hals und starrte auf meine abgeschlossene Zimmertür. So konnte ich ungewünschten Besuch wenigstens verhindern. Nur für den Toilettenbesuch verließ ich mein Zimmer. Mum stellte Essen immer davor ab und klopfte kurz an, um mir Bescheid zu geben.

Natürlich hatten meine Eltern versucht mit mir zu reden, aber entweder hatte ich sie angeschrien oder nur mit Schweigen geantwortet. Selbst mein Bruder brachte kein Wort aus mir heraus. Er versuchte mich immer zum lachen zu bringen, wenn ich kurz auf die Toilette ging, aber ich konnte nicht lachen.

"Darling?"

Überrascht riss ich den Kopf hoch und entdeckte Lucifer neben meinem Bett stehen. Er schaute verunsichert auf mich herab. Eine Woche lang hatte ich ihn nicht mehr zu Augen bekommen.

Erleichterung machte sich in mir breit. "Du bist da."

"Ja, es tut mir leid, dass ich erst jetzt komme." Er senkte bedrückt den Kopf. "Ich habe darüber nachgedacht, dass ich noch so viel mehr hätte tun können, aber Sinan und Paola sind unfassbar stark. Außerdem war ich wütend wegen Azael."

"Wegen dem Mittel?" Ich musste an Dereck denken und wie ich ihn angeschrien hatte.

Seit diesem Tag hatte ich ihn nicht mehr gesehen und auch kaum etwas von ihm gehört. Zwar hatte er versucht mich über das Handy zu erreichen und hatte sich tausend Mal bei mir entschuldigt, aber ich hatte es bloß versucht zu ignorieren.

Lucifer nickte. "Sie haben uns angelogen, Brenda. Sie wussten es die ganze Zeit."

"Ja, ich bin deswegen auch von Dereck enttäuscht", gestand ich und senkte den Kopf. "Wir können aber nicht ewig auf sie sauer sein, weil wir ein Team sind. Wir müssen weiter machen und kämpfen."

"Wie denn?" Er warf ratlos die Arme in die Luft, sodass er den Rauch aufwirbelte. "Du hast selbst gemerkt, dass Sinan und Paola vielleicht nicht zu den stärksten Todesengeln gehören, aber sie sind stark genug."

"Sie hätten uns umbringen können, doch das haben sie nicht." Ich dachte nach. "Wir müssen für sie wohl einen Nutzen haben, ansonsten wären wir längst tot."

"Du musst erst einmal wieder zu Kräften kommen", sagte Lucifer und riss die Vorhänge auf, sodass das grelle Licht in mein Zimmer fiel. "Du musst wieder in die Schule gehen und deinen Alltag wieder in den Griff kriegen. Dann reden wir weiter. Denn solange du so aussiehst, wirst du gegen niemanden kämpfen!"

Ich wusste, was er meinte. Blaue Flecken bestückten meinen ganzen Körper, weshalb ich nur lange Pullover trug und aufgrund des Wetters darunter schwitzte. Die Narben an meinem Hals verheilten langsam, waren dennoch immer noch deutlich sichtbar.

Seufzend griff ich nach meinem Handy, das ich die ganze Zeit lang unangetastet auf meinem Nachttisch liegen gelassen hatte. Die Nachrichten wurden von Tag zu Tag immer mehr.

Glenn wollte mich ablenken und hatte vorgeschlagen, einen Filmmarathon mit mir durch zu ziehen. Wendy wollte einen ihrer beliebten Spa-Days mit mir machen. Aleyna wollte bloß mit mir über alles reden und Eis in allen Sorten mitbringen.

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