57 || Das Atmen in der Dunkelheit

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Am Freitag kam ich mit purer Absicht etwas später in die Schule. Zu dieser Zeit hielten sich die meisten Schüler bereits in ihren Klassenzimmern auf. Ich wollte vermeiden, dass ich von allen Seiten für mein gestriges Verhalten ausgelacht werden würde. Das war mir nämlich verdammt peinlich.

Meine Freunde - bis auf Aleyna - standen wie üblich eng beieinander und unterhielten sich, bis sie mich dann erblickten. Wendy fing an zu schmunzeln, Glenn schob seine Cap aus seiner Stirn, um mich neugierig zu mustern und Kris wagte es gar nicht erst mich anzusehen. War er ernsthaft wegen gestern beleidigt?

"Hey, sorry wegen gestern. Ich hätte daheim bleiben sollen", entschuldigte ich mich bei ihnen und lachte beschämt auf. "Mir geht es wieder gut. Unter der Woche keinen Alkohol mehr. Versprochen."

Eigentlich sprach ich mit meinen Worten instinktiv Kris an, der mir auch endlich in die Augen schaute. Wollte er eindringlich herausfinden, ob ich das wirklich ernst meinte? Hatte ich irgendetwas Böses gestern zu ihm gesagt?

Ich konnte mich leider nicht an alles erinnern, sondern nur an Bruchteile. In diesen einzelnen Bildern hatte mich Kris entweder mit einem starren Blick angesehen oder gar nicht. Er konnte doch sicher nachvollziehen, dass ich nichts ernst gemeint habe, wenn ich ihn beleidigt haben sollte.

"Ist auch meine Schuld", sagte Wendy plötzlich und lächelte schuldbewusst. "Du bist nur nie so drauf gewesen und da dachte ich, warum sollte ich nicht darauf eingehen? Aber du musst zugeben, dass du es gewesen bist, die immer mehr wollte."

Tief Luft holend nickte ich und bemerkte, dass Kris seinen Kopf leicht schüttelte und wieder von mir weg sah. Anscheinend herrschte zwischen uns gerade eine unangenehme Anspannung, die wir dringend lösen mussten.

Zunächst schaute ich jedoch Glenn an. "Hey, du hast mir ja zum Geburtstag die Harry Potter Reihe geschenkt. Wollen wir heute einen Filmmarathon machen und alle Filme nochmal von vorne bis zum Ende anschauen?"

"Oh, wirklich?" Glenns graublaue Augen leuchteten vor Begeisterung auf und er hob den Kopf an. "Ja, klar. Du kannst bei mir übernachten!"

Zufrieden teilte ich seine Freude und lächelte, während er bereits Vorschläge für das Abendessen machte. Bei ihm gab es wenigstens keinen Alkohol - nur ganz viele Chips, Cola und Energy Drinks. Ich musste mir bloß überlegen, wie ich sein Zimmer heimlich durchsuchen könnte.

"Lasst uns demnächst alle zusammen etwas unternehmen", schlug Wendy daraufhin vor und sah uns nacheinander an. "Wir könnten einen Ausflug machen."

"Gute Idee", stimmte Glenn aufgeregt zu.

Kris antwortete nicht und wollte seine Meinung dazu nicht teilen.

"Vielleicht wenn wir alle das Schulprojekt hinter uns haben", fügte ich hinzu und strahlte meine Freunde ebenfalls an. Das war wirklich eine gute Idee und ich hoffte, dass sich bis dahin alles geklärt haben sollte - was die Dämonen anging.

"Ja, sehr gut", sagte Wendy und nickte entschlossen. "Gut, dann... oh, Geschichte wartet bereits auf uns. Kris, wir sehen uns."

Ich wurde am Arm festgehalten, bevor ich mich in Bewegung setzte. Kris verfestigte seinen Griff. "Brenda und ich müssen noch ein paar Dinge klären."

"Ach ja?" Ich hob die Augenbrauen verwirrt an.

Unsere Freunde musterten uns für eine Sekunde lang und wirkten irritiert, bevor sie dann aber beschlossen, trotzdem schon mal ins Klassenzimmer zu gehen.

Langsam drehte ich mich um und sah Kris direkt in die Augen. Eigentlich war ich ziemlich gespannt, was er genau mit mir klären wollte, aber irgendwie hatte ich auch Angst, dass ich ihn gestern verletzt hatte.

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