55 || Eine Sleepover-Party

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Ich erwischte mich selbst dabei, wie ich Sinan und Paola im Laufe des Schultages immer wieder Blicke zu warf. Eigentlich wollte ich mich nicht auffällig verhalten, aber mein Kopf drehte sich automatisch zu ihnen um und ich versuchte ihnen ihr Vorhaben von den Gesichtern abzulesen - und natürlich jegliche Information zum Thema Amulett aufzuschnappen.

Leider unterhielten sich die beiden eher selten. Ich vermutete, dass sie über ihre Todesengel miteinander Gedanken austauschen konnten. Somit mussten sie nicht riskieren, dass ein jemand wie ich etwas Verbotenes mithörte.

Auch Dereck schien neugierig geworden zu sein. Manchmal schaute er zu mir oder zu den beiden und wollte wenigstens einen kleinen Hinweis mitnehmen können. Vielleicht warteten die Todesengel aber auch nur darauf, dass wir angreiften und nach ihren Amuletten suchen würden.

Stets an Derecks Seite war Aleyna. Seitdem sie sich mit Wendy zerstritten hat, machte sie um uns einen großen Bogen, solange die Blondine bei uns war. Als Wendy heute morgen noch nicht bei Glenn, Kris und mir stand, konnten wir wenigstens kurz mit Aleyna sprechen.

Ich wollte, dass die beiden sich wieder vertrugen und Wendy mir endlich wegen der Sache mit Dereck glaubte. Nur hatte ich gerade dafür keinen Kopf, sondern musste Prioritäten setzen. Diese lauteten nun mal Sinan und Paola.

Kris schien außerdem zu merken, dass ich mich etwas merkwürdig verhielt und nervös war. Zwar wollte er mich nicht deswegen ansprechen und ausfragen, aber er sah mich hin und wieder beunruhigt an. Ich mochte das Gefühl, wenn er sich Sorgen um mich machte, aber nicht, wenn es überhaupt nicht nötig war.

Im Augenblick schienen wir alle sicher zu sein, doch eigentlich wartete ich nur darauf, dass Sinan und Paola ihren nächsten Schritt planten. Irgendwann würden sie wieder angreifen und ich hatte Angst davor - Angst davor, besondere Menschen zu verlieren.

Auf dem Weg in die Sporthalle hielt Kris meine Hand. Wir teilten uns die Halle während des Sportunterrichts mit seiner Klasse, was wiederum bedeutete, dass wir uns auch mit Sinan und Paola die Halle teilen würden.

Wendy und Glenn marschierten einige Meter vor uns durch den Flur, während Kris und ich das Schlusslicht der Schüler bildeten, die in unsere Sporthalle stapften. Deshalb konnte ich es mir nicht verkneifen, ihm einen Kuss auf die Wange zu drücken.

Wie zu erwarten, färbten sich seine Wangen augenblicklich in ein zartes Rosa und er hob die Mundwinkel leicht an. Hoffentlich beruhigte ihn das ein wenig, denn er machte sich meiner Meinung nach zu viele Sorgen um mich.

"Wir sehen uns gleich", flüsterte ich in sein Ohr, bevor ich seine Hand los ließ und Wendy in die Mädchen-Umkleidekabine folgte. Wie immer belegten wir die Bank in der hintersten Ecke, nur Aleyna beschloss sich nicht zu uns zu gesellen. Sie warf mir ein knappes Lächeln zu, bevor sie in ihrer Tasche nach ihren Sportklamotten herumwühlte.

Ich schlüpfte aus meinem T-Shirt und in mein Top. Dann drehte ich mich langsam um und beobachtete Paola dabei, wie sie ihre Sportschuhe aus ihrer Tasche nahm und hineinschlüpfte. Dabei sah sie aus wie ein ganz normales Mädchen - na ja, vielleicht eher wie ein normales Punk-Mädchen.

Jedoch wirkte sie friedlich als sie ihre pinken Haare zu einem hohen Zopf band. Man konnte ihr gar nicht ansehen, dass sie in Wahrheit einen teuflischen Todesengel in sich trug.

Ich blickte an ihrem Körper hinab. Sie trug eine kurze Stoffhose, das ihr riesiges Tattoo offenbarte, welches sich an ihrem Oberschenkel entlang schnörkelte. Als ich wieder zu ihrem Kopf sah, stellte ich fest, dass sie mich durch den Spiegel anschaute.

Ihre giftgrünen Augen lechzten vor Hunger nach frischem Fleisch und wenn ich mich nicht täuschte, fuhr sie sich leicht mit der Zunge über ihre perfekten Zähne. Dieser Anblick war beängstigend und das friedliche Mädchen von eben ist wieder verflogen.

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