Kapitel 22

3K 83 6
                                    

"Hast du dann alle Weihnachtsgeschenke zusammen?" fragte mich Ann-Kathrin, während sie genüsslich in ihren Crêpe vor meinen Augen biss. Ich zögerte: "Naja eins fehlt noch.","Wieso? Du hast die Laufschuhe für deinen Vater, die Uhr für deine Mutter, den Strampler für Ludwig, den Gutschein zum Babysitten und ein Essen für Cathy und Mats und du hast sogar das BVB-Leuchtschild für Nobby bekommen, was fehlt denn noch?" zählte sie verwirrt auf und überschlug in ihren Gedanken nochmal alles. "Du hast doch keine Geschwister, oder stehe ich gerade auf dm Schlauch?","Nein, ich habe keine Geschwister." grinste ich. Sie runzelte die Stirn und warf die Pappe ihres Snacks in den Müll neben uns: "Warum grinst du denn jetzt so?" fragte sie verwirrt. Ich zuckte, immer noch Grinsend, mit den Achseln: "Kipp jetzt aber nicht um, ja?" befahl ich mit Vorfreude in meiner Stimme. Sie nickte bloß. Ihre Augen wurden von Sekunde zu Sekunde größer. "Ich brauche noch ein Geschenk für Marco. Wir sind doch schließlich zusammen, da kann ich da doch schlecht ohne etwas dastehen oder?" grinste ich mit einem verschmitzten Zwinkern. Ann-Kathrins Kinnlade öffnete sich: "Hä? Ich- äh meine, wann?","Vor ein paar Tagen erst, aber behalte das bitte erstmal für dich.","Oh mein Gott Bella und du sagst kein Wort! Aber natürlich sind meine Lippen versiegelt." schwor sie und umarmte mich hysterisch. "Wie krank ist das denn? Ich wusste es seit Tag eins! Ich habe doch direkt am Anfang gesagt du sollst nicht zu lange warten. Ich könnte quasi Hellseherin sein!" stellte sie stolz nach ein paar weiteren Schritten fest. Ich verdrehte meine Augen: "Höchstens bei RTL2, wenn du ganz viel Glück hast." lachte ich und hackte mich bei ihr ein: "Komm wir haben noch was vor.".
Tatsächlich fanden wir kurz darauf ein wunderschönes Armband aus Edelstahl von Armani. Ann-Kathrin war der Meinung, ich sollte unbedingt etwas auf die Innenseite des schmalen Plättchens eingravieren lassen. Ich war mir nicht sicher was genau, das einzig plausible schien mir die 11 zu sein. Diese Zahl bedeutete ihm natürlich sehr viel, aber auch für mich stand sie mittlerweile einfach für ihn, seine Stärke und seinen Ehrgeiz, egal was auf ihn zu kam. Gottchen, so sentimental durfte ich aber jetzt nicht werden. Krücken-Marco war immer noch mein Lieblingsspitzname für ihn und für immer in meinem Herzen, obwohl er fies war. Trotzdem hatten wir uns einfach so kennengelernt, damit würde er schon klar kommen.

"Bella bei der internen Weihnachtsfeier wird auch dein Vater zu 25 Jahren im Verein geehrt, dass weißt du, oder? Du solltest dir schon mal eine Rede zurecht legen.", wies Nobby mich später in seinem Büro drauf hin. Die Fanclub-Weihnachtsfeier stand nämlich nach meinem Shopping-Trip mit Ann-Kathrin an. "Was? 25 Jahre arbeitet der schon hier? So alt bin ich ja noch nicht mal." murmelte ich erschrocken. Das erklärte endlich seine unendliche Liebe zu diesem Verein. Plötzlich wurde mir vor Schock übel: "Eine Rede? Das kannst du mir nicht antun, die Weihnachtsfeier ist doch schon übermorgen.". Der Zeitplan wurde immer enger, je näher das Fest rückte. Heute Weihnachtsfeier Nummer eins, morgen ein normaler Tag und übermorgen nachmittags das Spiel gegen Bremen und am Abend dann die Weihnachtsfeier Nummer 2. Wann zum Teufel sollte ich mir da noch eine schnulzige Rede aus dem Arsch leiern? "Bella mach es bitte einfach, dein Vater wird sich freuen." schmunzelte Nobby, ein wenig genervt vom Stress und schob mich aus seinem Büro. Wir mussten nämlich langsam aber sicher los.

Im Stadion angekommen, wo die Weihnachtsfeier stattfand, waren alle Spieler sogar schon da. So überpünktlich kannte ich sie gar nicht.
"So und hier auf der Liste stehen die Zeiten, wann ihr eingeteilt seid zum Bier ausschenken, ja? Davor ist aber noch die Signierstunde." erklärte ich und hielt sie hoch. Alle nickten artig und ich begann zu Grinsen. „Na dann viel Spaß euch gleich!".
Es dauerte jedoch noch eine ganze Weile, bis die Gäste eintreffen würden. Nervös ließ ich mir auf der Toilette kaltes Wasser über meine Handgelenke laufen. Das beruhigte mich wenigstens ein bisschen und bezweckte, dass meine glühenden Wangen sich einigermaßen regulierten. Bei dem Gedanken an die ganzen Menschenmassen gleich wurde mir ganz übel. Es war für mich ungewohnt und unglaublich stressig. Trotzdem würde ich versuchen das beste daraus zu machen. Irgendwann musste ich mich daran ja gewöhnen. Ich setzte mich danach also auf einen Hochstuhl an die Bar und überflog den Zeitplan, um ihn mir einzuprägen. Da alle wussten, dass Nobby und ich alles ganz alleine geplant hatten, musste es einfach perfekt sein. Ich bemerkte, wie ich mich unter Druck setzte und versuchte gleichmäßig ein und aus zu atmen. "Mach dir keine Gedanken, das wird so gut wie immer für die Fans." ertönte Marcos besänftigende Stimme hinter mir. Seine Hand verweilte derweil auf meinem Rücken und übertrugen eine angenehme Wärme. Ich seufzte: "Hoffentlich." und drehte mich dabei zu ihm, durch die Höhe meines Stuhls waren wir auf einer Augenhöhe. "Ganz sicher." zwinkerte er optimistisch. Ich lächelte ein wenig und musterte ihn. Er sah richtig erholt aus. Sein Dreitagebart schien heute eher ein Viertagebart zu sein, dafür waren seine Haare deutlich kürzer. "Hast du gut geschlafen?" fragte ich. Er fuhr sich durch die akribisch gestylten Haare: "Ja richtig lange sogar, dann bin ich zum Friseur gegangen und jetzt bin ich hier.","Hört sich schön an, deine Haare sehen sehr gut aus.","Hast du viel gearbeitet heute?" fragte er mit einem besorgten Blick. "Nein ich hatte den Vormittag frei und habe mich mit Ann-Kathrin getroffen.", erklärte ich, das schien ihn zu beruhigen. Er verschränkte seine Finger mit meinen: "Dann hätten wir ja auch was zusammen machen können." schmollte er. Ich wippte unsere Hände von links nach Rechts: "Tja, wenn der Herr Fußballprofi bis in die Puppen schläft, weil er einen Abend zuvor mit Mats ziemlich ordentlich den HKT weggezogen hat, dann kann ich auch nichts machen." provozierte ich ihn. "Ich hätte trotzdem gerne Zeit mit dir verbracht." lachte er. Es war ein schönes Gefühl in München am nächsten Morgen neben Marco aufzuwachen. Nicht nur neben ihm, sondern fest umschlungen in seinen Armen. Die ganze Nacht hatte er mich so fest umschlungen, dass so manch einer Platz Angst hätte bekommen können. Ich aber nicht, ich habe es genossen das erste mal so lange seine Nähe zu spüren. "Es war so schön morgens neben dir aufzuwachen." lächelte ich, nachdem ich mich entschied meinen Gedanken einfach freien Lauf zu lassen. "Willst du heute Abend nicht einfach mit zu mir kommen und bei mir bleiben?" fragte er daraufhin glücklich. Ich nickte eifrig. "Super ich freu mich schon." grinste er zwinkernd. "Ich mich auch.". Daraufhin küsste er ganz schnell und unauffällig meine Hand und begab sich zu den Tischen die für die Signierstunde aufgebaut wurden. Mein Bauch kribbelte und ich schaute ihm noch nach. Was hatte ich bloß für ein Glück so einen heißen Kerl an Land gezogen zu haben?

Die Weihnachtsfeier verlief zum Glück glatt und weil der Andrang dieses Jahr so groß war, half ich ein wenig hinter der Theke mit. "Und wie war dein Urlaub?" fragte mich Roman in einer ruhigen Minute. "Gut, ich bin jetzt übrigens Patentante!", grinste ich. Zum Glück war seine schlechte Laune anscheinend verflogen. Der sympathische, liebe Roman war eindeutig der Bessere in meinen Augen. "Von Ludwig? Herzlichen Glückwunsch!" grinste er und umarmte mich kurz. Ich lächelte stolz: "Und wie war deine Woche so?","Ach ganz in Ordnung. Immer Training", lächelte er: "aber jetzt wo du wieder da bist, wird es ja wieder Amüsanter.","Na hoffentlich." lachte ich. Er schaute Lächelnd auf den Boden und murmelte etwas vor sich hin. Jedoch konnte ich nicht nachfragen, was er meinte. Der Andrang wurde einfach zu groß. Roman war im Grunde so ein toller Mensch und ich war mir sicher, wir würden super gute Freunde werden. Schließlich kannte ich ihn von Tag eins an und er war immer super nett zu mir. Er schien mir nur ein wenig schüchtern zu sein.

"Marco, das war so toll! Alles ist total gut gelaufen und die Fans waren so happy-" brabbelte ich voller Euphorie vor mich hin, während wir Marcos Haus betraten. Er zog sich kurzerhand seinen Pullover über den Kopf und stand im weißen Shirt vor mir: "Jetzt Beruhig dich mal und komm her." schmunzelte er und zog mich noch im Hausflur in seine Arme. Meine Arme umschlungen ihn sofort. Dann spürte ich seinen warmen Atem an meiner Schläfe und Sekunden später einen sanften Kuss. Er konnte mich sofort herunterbringen.
Wir entschieden uns dazu, uns aufs Sofa zu kuscheln. Ich lag neben ihm und hatte meinen Kopf auf seinen Brustkorb gelegt. Sein Arm war um meine Schulter gelegt und drückte mich eng an ihn: "Du bist so schön, Bella." murmelte er nach einiger Zeit, während er meine Haare streichelte. Ich wendete meinen Blick vom Fernseher ab und schaute zu ihm hoch. Meine Lippen formten sich zu einem schüchternen Grinsen. Plötzlich zog er mich auf sich und drückte mir einen Kuss auf die Lippen. Nachdem wir uns voneinander lösten, zwirbelte er verträumt meine langen Haare um seinen Zeigefinger: "Du glaubst gar nicht wie Glücklich du mich machst.","Und du mich erst Marco, aber jetzt werde nicht so sentimental." kicherte ich. Marco errötete leicht. Grinsend legte ich meine Lippen wieder auf seine: "War nur ein kleiner Spaß." zwinkerte ich und strubbelte durch sein blondes Haar, bevor ich mich wieder zufrieden an ihn kuschelte.

OptimistWo Geschichten leben. Entdecke jetzt