Kapitel 34

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Es war Samstagabend.
Cathys Mutter wollte sich unbedingt um Ludwig kümmern, somit gingen wir restlichen drei in ein schickes Restaurant essen. Wir wollten meinen letzten Abend gebürtig abschließen, denn morgen Nachmittag musste ich schon zum Flughafen fahren.
Unglaublich wie schnell meine zwei Wochen hier in München vergingen, ich war mehr als positiv überrascht, dass mein Plan aufging. Ich war mir wirklich sicher, dass alle meine Entscheidungen die ich in Dortmund getroffen hatte, außer Marco zu belügen, die richtigen waren. Es war genau der passende Zeitpunkt zu gehen, denn ich war nun tatsächlich im reinen mit mir selbst.

"Tor für Dortmund" grinste Mats, als sich Torarlarm bei ihm meldete. Leider konnten wir uns das Abendspiel vom BVB nicht ansehen, deswegen war Toralarm der Deal für mich. Ich grinste: "Lass mich raten, Sancho?","Ja woher wusstest du das?","Hatte ich so im Gefühl.","Also ich hätte an deiner Stelle ja Marco gesagt." schaltete Cathy sich grinsend ein. Ich stocherte mit meiner Gabel derweil nachdenklich in meinem Essen rum. Marco stand tatsächlich in der Startelf, eine Entscheidung vom Physio-Team, die ich nicht nachvollziehen konnte. An jedem Anderen Tag hätte ich vielleicht seinen Namen genannt, aber nicht heute. Heute war mein Gefühl eher schlecht. Es wurde wirklich Zeit, dass ich nach Hause ging.
Der Abend war wunderbar amüsant, besonders das Essen war super lecker. Ich freute mich zwar auf zuhause, aber würde München und die drei hier ziemlich vermissen. Wir zogen, obwohl es schon nach elf Uhr war, noch ein wenig um die Häuser. Irgendwann saßen wir dann in einer Cocktailbar. Ich hatte gerade drei Schlücke getrunken, da bemerkte ich durch einen kurzen Blick auf mein stumm geschaltetes Smartphone, dass Mario seit einiger Zeit einen heftigen Telefonterror veranstaltete. Sofort sagte ich den beiden Bescheid, um ihn zurück zu rufen: "Ich gehe mal eben kurz raus telefonieren.".

"Bella, ein Glück!" sagte Mario verzweifelt. "Was ist passiert?" fragte ich ängstlich. "Hast du es denn nicht mitbekommen? Das Spiel nicht gesehen?","Wie? Was denn mitbekommen? Ich weiß, dass ihr gewonnen habt du Spinner.","Nein das meine ich doch nicht!" antwortete er hysterisch und Unwohlsein machte sich in mir breit, besonders in meinem Bauch: "Was denn dann? Rede doch mit mir? Ist Marco was passiert?" nun war ich die hysterische, aber als Mario am anderen Ende der Leitung mit einem aufgebrachten "Ja" antwortete, schaltete mein Kopf ab. Unglaublich, das konnte doch nicht war sein. Ich wusste, dass mein schlechtes Gefühl nichts Gutes bedeutete. "Das Foul war aber nichts weltbewegendes, eine normale Grätsche von der Seite. Als Marco dann aber auf den Boden sackte und auch da blieb, war mir klar, dass das Foul gegen sein Bein ging. Die Saison ist für ihn gelaufen.".
Immer wieder rotierte dieser Satz in meinem Kopf. Wie, für Marco war die Saison gelaufen? Für mich war klar, dass ich unbedingt nach Dortmund musste. Am besten jetzt. Ich konnte mir regelrecht sein schmerzverzerrtes Gesicht vorstellen und musste daran denken, wie sauer und enttäuscht er jetzt sein musste. Den Tränen nahe räusperte ich mich: "Wo ist er denn jetzt?","Im Krankenhaus, ich bin bei ihm. Du sollst aber nicht extra kommen.","Bist du bescheuert? Aber sowas von werde ich mir jetzt ein Taxi zum Flughafen nehmen, meine Koffer von Mats+ abholen und alles tun was ich kann, um den nächsten Flieger zu bekommen." motzte ich aufgebracht: "Und das kannst du ihm auch ruhig sagen. Ich kann hier doch jetzt nicht seelenruhig sitzen, als wäre nichts?". Mario versuchte mich noch davon abzuhalten, aber er schaffte es nicht. Ich war wütend auf alles und jeden, schließlich hatte Marco sowas einfach nicht verdient. Für ihn waren diese Verletzungen mittlerweile mehr als belastend. Ich ging hastig wieder in die Bar und berichtete Cathy und Mats von allem. Die Verabschiedung fiel dann sehr kurz aus. Ich musste mich beeilen, Dortmund so schnell wie möglich zu erreichen.

Im Taxi, auf dem Weg zum Flughafen, machte ich mir enorme Vorwürfe. Ausgerechnet heute konnte ich nicht umgehend bei ihm sein, aber bei den letzten Verletzungen? Sie waren Lappalien verglichen mit der jetzigen Situation. Jetzt konnte ich nicht direkt bei ihm sein, was sollte denn dieser Quatsch? Ich wurde auch von beidem verfolgt, erst vom Glück und dann direkt hinterher vom Pech.
Ich war ehrlich gesagt froh, endlich am Flughafen angekommen sein. Ein wenig verloren wirrte ich dort umher, von manchen wurde ich ein wenig komisch angesehen, kein Wunder ich sah bestimmt aus wie eine hysterische Helikoptermutter, bis ich irgendwann mal den passenden Schalter fand. Natürlich fand ich am Ticketschalter der ersten Airline nicht das passende Ticket und pilgerte von einer zur nächsten und wieder zurück. Bis mich dann doch eine nette Dame am Schalter beglückte, obwohl ich schon längst aufgegeben hatte: "Oh, da haben sie Glück. Ist nicht der beste Platz, aber die Flugdauer beträgt ja nur eine Stunde.","Super, danke sie sind meine Rettung!" strahlte ich und wedelte mit dem Ticket hin und her. Ich musste mich zwar direkt auf den Weg machen, aber das war mir egal. Mir war in diesem Moment alles egal, mir war egal dass meine Füße von den hohen Schuhen schmerzten, dass ich total overdressed in einem schwarzen Wickelkleid und taillierten Blazer herum rannte, dass mir schweine kalt war und auch dass ich im Flieger zwischen einer sich heftig streitenden Familie, denn mein Fokus lag einzig und alleine darauf, so schnell wie Möglich zu Marco zu kommen.

Mario schrieb mir, dass er mich vom Flughafen abholen würde und mich dann zur Uniklinik bringe. Ich verstaute also ungefähr 1,5 Stunden später meinen Koffer in seinem Kofferraum und setzte mich danach auf die Beifahrerseite. Völlig außer Atem schaute ich auf die Uhr. Es war schon nach zwei Uhr nachts. "Warst du in München noch am feiern?","Nein, ich war essen mit Cathy und Mats und bin direkt von da los.". Mario nickte nachdenklich: "Marco hat dich richtig vermisst, ich glaube es verging kein Tag an dem er nicht von dir gequasselt hat." lachte er dann leise. Ich begann zu lächeln: "Ich habe ihn auch vermisst. Aber ich mache mir gerade riesige Sorgen. Weiß man schon genauer was es sein könnte?". Mario verzog sein Gesicht: "Schwierig. Das Physio-Team weiß es nicht, oder will es nicht sagen. Die Ärzte sind noch dabei, alle Untersuchungen zu machen, aber ich denke es ist wieder das Kreuzband.". Ich seufzte verzweifelt, konnte mir nicht ausmalen, wie schlimm das wieder für ihn wäre und wie verzweifelt er bestimmt gleich sein wird, deswegen versuchte ich meine Verzweiflung zu unterdrücken. Schließlich würde ihm die auch nichts bringen.

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