Den Jahresbeginn direkt auf Ibiza zu verbringen war schon ein traumhaftes Abenteuer. Auch wenn es nur knapp vier Tage waren, die wir hier verbringen würden. Schon auf dem Weg vom Flughafen ins Hotel konnte ich meine Augen, die förmlich an der Fensterscheibe klebten, nicht von der schönen Landschaft und dem zauberhaften Meer abwenden. Es herrschten angenehme 23 Grad und der Sonnenschein glich den Bildern in einem Reiseprospekt.
Obwohl die Umgebung so traumhaft war, glich mein Inneres eher einer verlassenen einsamen Insel, auf der gerade zu allem Übel ein heftiger Sturm herrschte. Romans Worte auf der Party hatten mich bis jetzt noch nicht los gelassen. Sie herrschten wie ein Schatten über die schöne Zeit die Marco mir bescherte. Die ganze Zeit fragte ich mich, wie ich Romans Gefühle so übersehen konnte und machte mir Vorwürfe, weil ich ihn nicht verletzen wollte. Aber ich hatte mich für Marco entschieden und auch keine Zweifel daran, dass diese Entscheidung richtig war. Bloß hatte ich jetzt den Salat und war in einen totalen Zwiespalt geraten. Wenn ich Marco von Roman erzählen würde, wäre er mit Sicherheit sauer auf Roman und sie würden sich nicht mehr so gut verstehen. Aber wenn ich es ihm nicht erzählen würde, müsste ich Marco ganz schön anlügen und das war nicht das was ich mir, besonders nicht direkt am Anfang unserer Beziehung, wollte.
Schon den ganzen Tag fiel es mir schwer überhaupt normal mit Marco zu reden, weil ich immer nach Roman ausschau hielt oder sogar nach Ann-Kathrin, denn sie war in dem Moment ebenso anwesend und hat mit Sicherheit zugehört. Kaum auszudenken sie würde es unüberlegt raushauen und damit selbst die Stimmung ihrer eigenen Hochzeitsgesellschaft zerstören. Ich musste unbedingt mit den Mädels darüber reden. Ich schaute mich unauffällig nach ihnen um. Nach dem Frühstück sind die meisten entweder schlafen oder an den Pool gegangen. Schließlich waren wir erst ganz früh morgens auf Ibiza angekommen und die ganze Nacht wach. Marco und ich verbrachten unsere Freizeit auf einer großen Sonnenliege am Pool. Er war, mit dem Kopf auf meinem Schoß liegend, eingeschlafen. Eine runde, schwarze Sonnenbrille schützte seine Augen und sein ganzer Körper war voll eingecremt mit schmieriger Sonnencreme. Ich fragte mich ob er überhaupt braun werden würde, so hell wie seine Haut war. Ich hingegen hatte damit keine Probleme. Meine Mutter hatte italienische Wurzeln und glücklicherweise habe ich einen Großteil davon geerbt, meine Haut war also immer ziemlich gebräunt und in der Sonne erst recht. Früher habe ich es gehasst, aber heutzutage zog ich meine Vorteile daraus und war ziemlich stolz auf meine Wurzeln. Ich schob mir meine Sonnenbrille in die Haare und scannte die Umgebung so gut ich konnte mit fast zugekniffenen Augen ab. Direkt nachdem sich meine Augen an das grelle Sonnenlicht gewöhnten, bemerkte ich Sarah drei Liegen weiter wie sie Julian beim herumalbern im Wasser filmte. Ann-Kathrin war unauffindbar, kein Wunder sie hatte bestimmt genug Stress und Programmpunkte bis morgen Vormittag. Schwungvoll ließ ich mich wieder in die Lehne fallen und seufzte laut. Super, so konnte es auch nichts werden. "Was hast du?" fragte Marco plötzlich krächzend und setzte sich langsam wieder auf. Jetzt hatte ich ihn auch noch aufgeweckt, was war ich nur für eine super Freundin? "Äh ich? Was sollte ich denn haben?" fragte ich scheinheilig und fuhr mir mit der Hand über den Nacken. Marco zuckte mit den Achseln: "Keine Ahnung, genau deshalb frage ich dich doch. Ich weiß nicht was in den letzten Tagen mit dir los ist du bist total unruhig und aufgewühlt." murrte er und nahm die Sonnenbrille ab. Ich begann damit mir irgendetwas zusammen zu stottern, währenddessen zog Marco vorwurfsvoll seine Augenbrauen hoch: "Ich verstehe kein Wort, Bella.","Musst du ja auch nicht, ich gehe jetzt auch rein." zischte ich genervt und schnappte mir die Schlüsselkarte unseres Hotelzimmers und mein Handy von der Liege, bevor ich mich aufmachte. Hinter mir hörte ich ihn noch einige Male meinen Namen rufen, aber ich entschied mich dazu ihn zu ignorieren. Was dachte dieser Idiot sich eigentlich dabei? Er gab mir ja nicht mal die Chance, ihm alles zu erzählen. Die kälte im Hotel ließ mich erschauern. "Bella?" hörte ich plötzlich hinter mir. Aber es war nicht Marco. "Hm?" murmelte ich in der Hotellobby als ich mich umdrehte und direkt in Romans Augen blickte. Erst jetzt fiel mir auf, was für große Knopfaugen er eigentlich hatte. "Ist alles in Ordnung?","Ja, klar." log ich und zwang mir zu einem Lächeln. Er kam immer näher auf mich zu und legte mitfühlend seine Hand auf meine Schulter: "Ich habe das gerade mit Marco am Pool mitbekommen, habt ihr Streit wegen mir?","Nein, ich habe ihm noch nichts gesagt, weil ich nicht will, dass ihr beide streitet." erklärte ich. Er nickte verständnisvoll. "Ich kann aber nicht lügen, er merkt dass ich irgendwas habe.","Du brauchst es nicht vor ihm verheimlichen nur wegen mir." lächelte er zaghaft. "Doch. Ich gebe mein Bestes, aber ich muss jetzt hoch. Ich bin total müde und wollte mich vor dem Abendessen noch ein wenig hinlegen.","Alles klar, komm mal her." sagte er daraufhin und nahm mich in den Arm. Zugegeben, es war nicht die angenehmste Situation in der ich jemals gewesen bin. Schließlich kamen wir ja gerade vom Pool und kamen uns deswegen ziemlich nah. Ich konnte jeden einzelnen Bauchmuskel von ihm auf meinem Oberkörper spüren und ging danach total verwirrt nach oben.Ich spürte plötzlich warme Hände auf meinem nackten Rücken, die mich vorsichtig streichelten und wurde dadurch langsam wach. Ein Blick aus dem Fenster verriet mir, dass ich länger als geplant schlief, denn draußen dämmerte es schon. Der Himmel erstrahlte in einem wunderschönen orange-pink und heiterte mich tatsächlich ein wenig auf. Zögerlich drehte ich mich zu Marco der mich verliebt anlächelte. Dem Geruch nach zu urteilen hatte er gerade frisch geduscht, er war auch vernünftig angezogen. Ich hingegen lag immer noch in meinem neonpinken Bikini auf dem großen Boxspringbett im Hotelzimmer und schaute Marco hadernd in die Augen. "Tut mir leid, dass ich eben so fies zu dir war, das hast du nicht verdient.","Ist schon in Ordnung." lächelte ich leicht und beobachtete Marco dabei, wie er sich auf die Bettkante setzte: "Willst du mir jetzt nicht endlich erzählen, was mit dir los ist?" murmelte er zaghaft. Ich schüttelte energisch den Kopf und fing an nervös zu lächeln: "Ich habe nichts Marco!" stellte ich klar und setzte mich neben ihn. Meine Arme schlang ich um seine Körpermitte: "Ich bin nur etwas nachdenklich wegen der Hochzeit und allem.". Es fühlte sich schrecklich an ihn anzulügen. Mein Herz verkrampfte sich dabei und ich fühlte mich hundeelend. Aber es musste sein. "Klingt verständlich. Ich bin auch schon aufgeregt darauf Marios Trauzeuge zu sein morgen Vormittag." gab er erleichtert zu. Ich hatte sofort losflennen können, aber das käme glaube ich gar nicht gut. Manchmal fragte ich mich, warum ich mir das überhaupt antat? Zum Glück streiteten wir nicht.
Am Abendbuffet eine halbe Stunde später setzten wir uns mit Sarah, Julian, Ann und Mario an einen Tisch. Die beiden sahen mal wieder wunderschön aus. Ann-Kathrin trug ein verspieltes Blumenkleid mit Rückenausschnitt, während Sarah einen gelben Jumpsuit trug der ihrer Hautfarbe schmeichelte. Ich hingegen hatte lediglich ein kurzes, enges Kleid an, in einer Lachs ähnlichen Farbe. Meine langen Haare waren zu einem Zopf zusammengebunden. Während wir uns das Essen holten, konnte ich Ann endlich auf die Silvesternacht ansprechen.
"Du Ann, hast du das von Roman eigentlich noch mitbekommen auf der Silvesterparty?","Oh nein, erinnere mich jetzt nicht an diesen Abend." murmelte sie beschämt und schaufelte sich derweil Bratkartoffeln auf ihren Teller. Stirnrunzelnd beobachtete ich dies, eigentlich vermied sie immer fettiges Essen aber momentan gehörten diese Lebensmittel wohl zu ihren essenziellen Bedürfnissen. Obwohl sie so abgeneigt reagierte schien sie doch ins Grübeln zu kommen und fiel aus allen Wolken: "Jetzt wo du es sagst! Natürlich, Roman hat dir gesagt dass er auf dich steht!" brüllte sie triumphierend. "Man, bist du bescheuert? Nicht so laut!" hastete ich. Sie warf mir einen entschuldigenden Blick zu: "Warum sagst du es Marco nicht einfach oder bereust du seine Entscheidung?.","Niemals, ich will nur nicht dass Roman und Marco sich wegen mir nicht mehr verstehen und-","Und da lügst du ihn lieber an?" fragte sie mit vorwurfsvoll hochgezogenen Augenbrauen. Wenn sie es so sagte, klang die ganze Sache noch absurder und schrecklicher als ohnehin schon. Ich packte mir ein Steak auf den Teller, während ich sie verzweifelt anblickte: "Man, was soll ich denn jetzt bloß machen?","Mit ihm reden! Aber bitte erst nach der Hochzeit klar? Ich habe keine Lust auf schlechte Laune!" zwinkerte sie mir zu: "Es wird schon nicht so schlimm werden." sagte sie aufheiternd als wir zum Tisch zurück liefen. Ich hatte ein ungutes Gefühl. Es Marco morgen noch den ganzen Tag verschweigen zu müssen, würde doch alles nur noch schlimmer machen, oder? Ich musste es aber so machen, Ann-Kathrin und Mario zu liebe. Egal wie schlecht mein Gefühl war.
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Optimist
FanficNachdem die heute 20 jährige Dortmunderin Isabella ihre Schule beendete, fiel sie für einige Zeit in ein tiefes Loch. Sie war umgeben von schlechten Gedanken, Stress und Kummer. Ihre Eltern konnten diesen Zustand nicht mehr unterstützen und so gerie...