Kapitel 25

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"Als Nobby mich bat, heute eine Rede für meinen Vater zu halten zögerte ich für ein paar Sekunden. Große Reden zu schwenken war noch nie mein Ding. Jedoch dachte ich mir in der nächsten Sekunde, wenn nicht dieses Jahr, wann dann? Mein Vater Michael Dietrich gilt hier als eines der Herzen des Vereins. Und seit ein paar Monaten weiß ich endlich auch, warum das eigentlich so ist. 25 Jahre arbeitet er schon hier. Das ist eine lange Zeit. Schließlich habe selbst ich mit meinen 20 Jahren diese Zeit noch nicht überschreiten können. Schon als Baby habe ich meinen Vater zur Arbeit begleitet, Nobby wurde zu meinem Taufpaten und teilweise bin ich, ein riesen Vaterkind, sogar hier aufgewachsen. Ich habe sogar kurz die Jugend beehrt aber je älter ich wurde, desto weniger interessierte ich mich für dieses wundervolle Werk, das mein Vater hier eigentlich täglich fabriziert. Zugegeben, bis zum Beginn meines Praktikums am Sommerende wusste ich nicht mal mehr was genau er hier eigentlich zu tun hatte. Aber es dauerte nicht mal einen Tag für mich, als Außenstehende, zu bemerken dass mein Vater nicht nur der leitende Physiologe ist, sondern auch eine Person, zu der die Spieler gehen würden, wenn sie etwas auf dem Herzen haben. Er ist jemand, der gerne zuhört und Rat zu jeder Lebenslage hat, jemand der sich wirklich um seine Liebsten sorgt und sich um sie kümmert. Er ist die ganzen Jahre über nicht nur mein Vater gewesen, sondern auch seit 25 Jahren teilweise der Vater der ganzen Mannschaft. Egal wie viele Neuzugänge und Abgänge er miterlebt hat, er blieb es. Das ist auch genau das, was mich hier so angefixt hat. Das Verhältnis Aller in diesem Verein ist für Außenstehende etwas, das fasziniert und ansteckt. Meiner Meinung nach ist mein Vater ein ganz großer Teil davon und ich bin stolz darauf, nun bewusst alles miterleben zu dürfen. Alles Gute, Papa!".
Lächelnd stieg ich mit zitternden Händen und wackelnden Knien von dem Podest auf dem ich stehen musste. Zorc und Watzke überreichten meinem Vater einen Blumenstrauß und Geschenkkorb, den ihm meine Mutter netterweise sofort abnahm. Daraufhin umarmte er mich fest: "Danke meine Kleine, das war wunderschön anzuhören." murmelte er und klopfte stolz meinen Rücken. Nach und nach wurde ich von den verschiedensten Personen in Umarmungen gezogen. Als dieser stressige, offizielle Teil für mich abgeschlossen war, spürte die abfallende Last in meinem ganzen Körper. Meine Muskeln enspannten sich langsam, mein Magen schmerzte nicht mehr und meine Hitzewallungen regulierten sich. Schnell sprintete ich, so schnell es ging auf meinen hohen Schuhen, zu meinem Tisch und gesellte mich zu Mario, Ann-Kathrin, Julian, Sarah, André, Anna und natürlich Marco. Schon als ich für ihn wieder in Sichtweite war, klebten unsere Blicke aufeinander. Ein riesiges Strahlen zierte seine Lippen: "Alle Aufregung umsonst." flüsterte er leise und zwinkerte mir zu, nachdem ich mich neben ihn an den runden Tisch setzte. Ich nickte hektisch und ehe ich mich versah, legte er seine warmen Lippen auf meine. Der Kuss schmeckte nach einer Mischung aus Kaugummi und Bier. Ich löste mich von ihm: "Bier könnte ich jetzt auch gebrauchen." teilte ich aufgedreht mit. Ann-Kathrin, die gegenüber von mir saß nickte zu meinem Glas herüber: "Dafür haben wir schon gesorgt.", zwinkerte sie. Ich trank einen großen Schluck und kurze Zeit später wurde das Essen serviert. Leider war es aber kein normales Essen, das jeder mochte und vor allem kannte, sondern natürlich irgendein Gourmet-Menü, was glücklicherweise gelesen schrecklicher klang, als es letztendlich schmeckte.
Während wir aßen, herrschte eine großartige Atmosphäre. Der große Saal wurde mit Weihnachtsmusik beschallt und auch die Deko konnte gar nicht anders, als einen in Weihnachtsstimmung zu bringen.
Nach dem Essen war jedoch Partystimmung angesagt. Sarah und Ann-Kathrin zogen mich umgehend auf die Tanzfläche. Wir waren zwar die Ersten, aber auf uns folgten viele, ebenso tanzwütige, Personen und somit war die Nacht eröffnet.
Nach einer halben Stunde lief ich in Richtung Toiletten, als ich plötzlich von einem starken Arm festgehalten wurde: "Hi Bella, wir haben uns heute ja noch gar nicht gesehen!" grinste Roman plötzlich und lockerte seinen harschen Griff um mein Handgelenk. Ich zwang mich zu einem Lächeln, schließlich hatte es ja einen Grund warum ich zur Toilette musste. "Hi" antwortete ich und umarmte ihn kurz. "Hast du Lust, was trinken zu gehen?" fragte er lieb. Ich verklickerte ihm mein Vorhaben, vollzog es und führte sein Angebot daraufhin in die Tat um. Irgendwie hatte ich ein kleines Déjà-Vu. Schon an Nobbys Geburtstag standen wir genauso an der Bar. Zu der Zeit fand ich ihn insgeheim ziemlich interessant und super süß, aber nun hatte sich bekanntlich einiges geändert und ich sah ihn an als einen super sympathischen Kumpel. Wir unterhielten uns schon einige Minuten lang, bis ich Marco auf der anderen Seite zusammen mit Schmelle entdeckte. Er grinste mich zufrieden von weitem an, bis er Roman bemerkte. Daraufhin verabschiedete er sich von Marcel und machte sich kurzer Hand auf den Weg zu mir. "Wen hast du denn so angelächelt?" fragte Roman mich sichtlich irritiert. "Marco." lächelte ich verliebt. Aus Romans gerade noch so zufriedenem und glücklichem Gesicht fielen in diesem Moment nahezu jegliche Emotionen: „Marco?" hackte er zögerlich nach. "Ja, wusstest du noch nicht, dass wir ein Paar sind?" fragte ich nun irritiert. Bei dem Wort spielte mein Magen ganz verrückt. Roman schüttelte stumm den Kopf. Mittlerweile legte Marco seinen Arm um meine Taille und begrüßte Roman freudig. Der jedoch, schien plötzlich eher abwesend und desinteressiert zu sein und verschwand nach ein paar Sekunden auch schon in der Menge. Verdutzt schauten Marco und ich uns an, bis wir gleichzeitig mit den Schultern zuckten: "Tanzen?" fragte Marco dann gut gelaunt und streckte mir seine Hand entgegen. Strahlend nahm ich sie entgegen: "Das lass ich mir nicht zwei mal sagen, Reus." und nahm sie in meine. Marco schüttelte lachend mit dem Kopf, während er mich zur Tanzfläche führte. Wir tanzten erst wenige Sekunden, da wurde aus "One Kiss" ausgerechnet "Perfect". Ich setzte schon an, um wieder zu umzukehren, da ich nicht damit rechnete, dass Marco direkt seine Arme um meine Hüften legte und mich eng an sich drückte. Zufrieden legte ich meine Arme locker um seinen Hals, während wir langsam hin und her wankten. Marco schaute mir liebevoll in die Augen: "Geht das so? Ich bin nicht der beste Tänzer." gab er ehrlich zu. "Ist perfekt." flüstere ich leise. In diesem Moment vergaß ich alles um mich herum und fokussierte mich nur auf ihn. Marco machte mich so verrückt und glücklich zu gleich. Ich konnte es immer noch kaum fassen, dass er und ich eine ernsthafte, gesunde Beziehung führten. Seine kräftigen Arme umschlangen meine Mitte fester. Ich verspürte ein aufgeregtes Ziehen in meinem Bauch, als Marco sich langsam meinen Lippen näherte. Ich schloss meine Augen und ließ diesen wundervollen, perfekten Moment auf mich wirken. Meine Fingerspitzen begangen ganz vorsichtig damit, seinen Nacken zu kraulen. Nach kurzer Zeit schienen unsere Lippen wie verschmolzen zu sein und der anfänglich zarte Kuss wurde inniger und inniger. Langsam und rauschend machte die Musik sich wieder in meinen Ohren bemerkbar, nachdem wir uns langsam lösten. Es lief längst ein schnelleres Lied und die Leute um uns herum tanzten wieder ausgelassen, als wäre nichts passiert, doch es war was passiert. Ich hingegen konnte mich nämlich immer noch nur auf Marco fokussieren, der mich verliebt anlächelte. Ich erwiderte seinen Blick, meine Arme verweilten immer noch an der selben Stelle, seine Arme waren immer noch eng um meine Taille geschlungen. Nur unsere Lippen berührten sich nicht mehr und alles um uns herum blendeten wir erneut aus. Doch unsere Blicke, die verrieten genau das, was wir beide in diesem Moment verspürten. Das ziehen in meinem Bauch verschwand, es blieben nur noch ein paar verlorene Schmetterlinge zurück, die wirr in meinem Bauch herumschwirrten. Mit diesem Kuss hatte er mich endgültig verzaubert. Nun hatte mein ganzer Körper sich komplett und bedingungslos auf ihn eingelassen, es gab kein zurück mehr aber das wollte ich auch nicht. Ich war nun nicht mehr bloß verliebt in ihn. Ich liebte Marco heiß und innig, ich war verrückt nach ihm. Verrückt nach seiner Liebe und nach dem, was er mit mir machte, denn er machte mich glücklich. Glücklicher als je zuvor.

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