Kapitel 20

3K 86 4
                                    

Bellas Sicht:

Voller Zuversicht betrat ich das Trainingsgelände nach ein paar weiteren Tagen extra Urlaub. Endlich war ich wieder im reinen mit mir und meinem Leben, dachte ich jedenfalls. Ich konnte schließlich nichts mehr ändern. Gut, ein wenig aufgeregt war ich schon. Eigentlich liebte ich doch diese Hallen, warum dann nicht scheitern mit erhobenem Haupt? Es schien die beste Idee zu sein.
Als mich plötzlich ein riesen Plakat in der Eingangshalle frech angrinste verschwand mein Optimismus. Mussten die Bilder von Marco und mir wirklich so groß aufgehängt werden?

"So war das aber nicht abgemacht!" beschwerte ich mich gegen Mittag bei Nobby im Büro. Dieser grinste mich aber nur blöd an: "Ich freue mich auch dich zu sehen Bella, wie war dein Urlaub? Man hab ich es vermisst, dass du hier alles aufmischst." und legte seinen Arm um meine Schultern: "Jetzt hab dich nicht so, ja?","In Ordnung." schmunzelte ich und zwinkerte ihm zu, bevor ich in mein eigenes Büro verschwand.
Den eigentlichen Stapel an Arbeit den ich auf meinem Schreibtisch erwartete war immer noch unauffindbar. "Toll und was soll ich jetzt noch hier?" fragte ich mich selbst gelangweilt, während ich aus dem Fenster schaute. Eigentlich konnte ich so immer die Mannschaft beobachten, die war aber schon lange mit dem Training fertig für heute. Ehrlich gesagt war mein ganzer Tag hier überflüssig, da alles bereits in meinem Urlaub von irgendwem abgearbeitet wurde. Ein unerwartetes Räuspern hinter mir ließ mich aufschrecken. Mein Blick wendete sich vom Fenster ab, hin zur Tür. Ausgerechnet Marco lehnte sich wie schon so oft in den letzten Monaten an den Türrahmen, kratzte sich diesmal aber eher schüchtern am Hinterkopf: "Wie wär's wenn wir beide reden?" schlug er daraufhin vor und kam langsam auf mich zu. Ich runzelte meine Stirn. "Wenn du nichts zutun hast, könnten wir doch was zusammen unternehmen.". Zu meinem bösen Blick fügten sich wie von selbst die obligatorischen, skeptisch hoch gezogene Augenbrauen hinzu. Nun stand Marco auch noch direkt vor mir und schaute zu mir herunter. Seine Hand strich sanft ein paar verlorene Haarsträhnen, die sich in meinem Gesicht befanden, hinter mein Ohr. Dabei schenkte er mir ein liebevolles Lächeln. Ich konnte nicht anders, als zögerlich zurück zu lächeln: "Ich weiß nicht, Marco." murmelte ich leise. Er umschloss meine rechte Hand mit beiden Händen: "Das hört sich jetzt wahrscheinlich total klischeemäßig an und ich weiß du stehst da nicht drauf, aber du hast das mit Scarlett wirklich falsch verstanden. Ich wollte normal nach Hause fahren, da hat sie mich abgefangen, um mir Vorwürfe zu machen, wie ich sie so leicht vergessen könnte. Natürlich war ich davon genervt, aber ich bin kein Arschloch und lass sie da einfach so stehen. Ich habe sie nach Hause gebracht und ihr im Auto gesagt, dass sie unbedingt aufhören muss sich Hoffnungen zu machen und unsere Beziehung vergessen muss, weil sie für mich wirklich Vergangenheit ist." er lächelte zuversichtlich. Ich nickte erleichtert und beschloss kein weiteres Drama aus der Sache zu machen, denn das war echt nicht mein Ding: "Danke, dass du mir alles erklärt hast." und strahlte ihn an. Mir fiel ein Stein vom Herzen. Plötzlich wurde mir klar, dass ich die ganze Woche vor ihm weggelaufen war und dachte, so würde sich alles legen, jedoch war das was er getan hatte, nämlich zu reden, die bessere Alternative.
Ehe ich mich versah, legte er seine Lippen zärtlich auf meine und legte seine Hand unterstützend unter mein Kinn. Damit nahm er mir schließlich die letzten Zweifel. Irgendwas musste da doch zwischen uns sein, wenn es ihm so wichtig war, reinen Tisch zu machen.
Daraufhin platzierte er behutsam seine Hand auf meinem Rücken und leitete mich zu seinem Auto. "Und wo willst du jetzt hin?" fragte ich neugierig. Ich war überglücklich in diesem Moment und mochte die Spontanität, die er an den Gag legte. Mit ihm könnte ich wohl immer was neues erleben. Genau das hatte ich ab jetzt auch vor. Ohne Dramatik, wenn es geht. "Ist ne Überraschung." grinste Marco auf meine Frage frech.

Ungefähr eine halbe Stunde später fand ich mich auf der Eisbahn des Dortmunder Weihnachtsmarkts wieder. Das Problem an der Sache: Ich war noch nie Schlittschuh laufen. Marco lachte mich schamlos aus, als ich es ihm beichtete. Gerade zogen wir die ausgeliehenen Schlittschuhe an: "Äh Marco?" schmunzelte ich, während wir uns aufs Eis begaben. "Ja?","Überdehn aber nicht wieder deinen Knöchel, ja?" lachte ich schadenfroh. Er schüttelte grinsend den Kopf: "Ja, ja sei bloß leise Fräulein, sonst bin ich nicht derjenige der dich jetzt fest hält, damit du dich nicht auf die Schnauze legst. Du bist gerade nicht in der Position Scherze zu machen." konterte er lachend. Stimmt, er hatte mich wortwörtlich in der Hand. "Ich geb mich geschlagen." schmunzelte ich als ich darüber nachdachte. Netterweise hielt Marco mir trotzdem seine Hände entgegen und fuhr rückwärts, um mir das Fahren zu erleichtern. Zum Glück war es nicht so voll auf der Eisbahn mittags, so konnte ich mich in Ruhe blamieren. Marco warf mir eine stolzen Blick zu: "Du kannst es doch ganz gut!" und ließ eine meiner Hände los, um auch vorwärts fahren zu können. Ich kam etwas ins Straucheln: "Man ist das anstrengend!","Willst du aufhören?" fragte er gelassen. "Nein.","Dann probier es mal ohne mich." ohne Vorwarnung ließ er meine Hand lachend los und blieb stehen. Hysterisch schaute ich mich nach ihm um, während meine Schlittschuhe förmlich Löcher in den Boden hackten und fiel innerhalb von fünf Sekunden auf meinen Hintern: "Man Marco das war total unfair!" brüllte ich und hielt mir den Bauch vor Lachen. Nachdem er mich schadenfroh auslachte, kam er angeschlittert und half mir auf: „Du bist ja ganz nass!" stellte er mit besorgten Unterton in der Stimme fest. Musste wohl der Gesundheitswahn in ihm sein. "Alles gut." versicherte ich und richtete meine Klamotten. Mein Hintern war klitschnass, zum Glück trug ich eine schwarze Hose. Doch Marco bestand darauf, vom Eis herunter zu gehen. War im Endeffekt auch besser so, mein Hinterteil begann dich noch ziemlich weh zu tun. Aber das ließ ich mir nicht anmerken.
Außerdem gab er mir daraufhin Pommes aus, was in meiner Situation mehr als Vorteilhaft war. Ich hatte Hunger wie ein Bär. Ich liebte seine Unbeschwertheit und kam aus dem Grinsen gar nicht mehr raus. Mir fiel es tierisch schwer, mein Blick von ihm abzuwenden. Meine Mundwinkel würden bestimmt die nächsten Tage an einer Art Muskelkater leiden. Zumindest sowas in der Art, aber mir sollte es recht sein.
"Du Marco?" begann ich leise und nahm all meinen Mut zusammen. Er wendete den Blick von seinem Essen ab und schaute mich neugierig an: "Ja? Hab ich was im Gesicht hängen oder was?" murmelte er plötzlich und fuchtelte sich mit der Hand im Gesicht herum. "Nein" lachte ich, fing seine Hand mit meiner ein und hielt sie fest: "Hast du Lust mich nächste Woche nach München zu begleiten? Ich meine auf die Taufe von Ludwig, ich bin- nein ich werde seine Taufpatin sein und ich fände es schön, wenn du- also nur wenn du Zeit hast-" stammelte ich mir etwas zusammen. Man das hatte ich mir tatsächlich anders vorgestellt. Wo war denn bloß mein loses Mundwerk in diesem Moment? Gelähmt oder was? „Gerne." grinste er und schloss kopfschüttelnd seine Augen. Ich seufzte erleichtert: "Cool.","Ich wusste davon gar nichts.","Hab's auch noch keinem erzählt." erklärte ich lächelnd und schaute auf den Boden. Ich wollte daraus kein großes Ding machen, schließlich war es für viele nichts Besonderes, aber geehrt fühlte ich mich trotzdem. Schließlich hatte er mich gefragt und nicht seinen Bruder, obwohl wir schon von klein auf ein sehr gutes Verhältnis zueinander hatten, nur in den letzten 2,5 Jahren halt nicht so. Das sollte sich aber ab jetzt ändern. Dazu kam noch, dass ich noch nie in München war und mit Marco würde es mit Sicherheit noch besser werden.

OptimistWo Geschichten leben. Entdecke jetzt